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Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Limo- und Bierdosen. Noch mehr Dosen auf dem Teppich. Chipstüten. Eine Pringles-Dose.
    Ich erweiterte mein Blickfeld.
    Ein Esszimmer hinter der Doppeltür direkt vor uns. Runder Ahorntisch mit vier Armsesseln. Rotblaue gerüschte Sitzkissen. Ein umgekippter Korb mit Plastikblumen. Hamburgertüten. Leere Dosen und Flaschen. Auf der rechten Seite eine steile Treppe.
    Hinter dem Esstisch war eine Schwingtür, die exakt so aussah wie die, die das Esszimmer meiner Großmutter von ihrer Küche getrennt hatte. Holzlamellen im Türblatt. Transparente Plastikverkleidung in Handhöhe.
    In der Höhe einer Erwachsenenhand. Oma hatte Stunden damit zugebracht, Weintraubengelee, Pudding und kleine Handabdrücke von dem Lack unter der Verkleidung zu wischen.
    Wieder überkam mich eine unbestimmte, düstere Vorahnung.
    Durch die Schwingtür hörte ich, wie Schränke geöffnet und geschlossen wurden.
    Boyd legte die Vorderpfoten auf die Couch und schnupperte an einer Kit-Kat-Tüte. Ich zog ihn zurück.
    Ryan brach das Schweigen.
    »Ich würde sagen, die Möbel wurden ungefähr zu der Zeit bestellt, als man draußen die Latrine grub.«
    »Aber immerhin hat sich jemand Mühe gegeben.« Ich deutete im Zimmer umher. »Die Bilder. Die Glastiere. Das rotblaue Motiv.«
    »Nett.« Ryan nickte in ironischer Anerkennung. »Patriotisch.«
    »Wichtig ist doch, dass dieses Haus jemandem am Herzen lag. Und dann ist es verkommen. Warum?«
    Boyd schlich sich mit offenem Maul und hängender Zunge wieder zur Couch.
    »Ich bringe den Hund raus, wo’s kühler ist«, sagte ich.
    Boyd leistete nur symbolischen Widerstand.
    Als ich zurückkehrte, war Ryan verschwunden.
    Mit behutsamen Schritten durchquerte ich das Esszimmer und stieß die Schwingtür mit dem Ellbogen auf.
    Die Küche war typisch für alte Farmhäuser.
    An der rechten Wand eine lange Arbeitsfläche, voll gestellt mit Küchenutensilien, in der Mitte unter dem einzigen Fenster ein weißes Spülbecken aus Porzellan. Ein Kühlschrank Marke Kelvinator an einem Ende. Eine Eismaschine Marke Coldspot am anderen. Resopalplatte in Hüfthöhe. Abgenutzte Holzschränke drunter und drüber.
    Um vom Herd zum Waschbecken zu kommen, musste man tatsächlich gehen. Der Raum war riesig im Vergleich zu meiner Küche im Anbau.
    Zwei Türen gingen von der linken Wand ab. Die eine führte in eine Speisekammer. Die andere zur Kellertreppe.
    Ein Tisch mit Chrombeinen und Resopalplatte stand in der Mitte der Küche. Um ihn herum standen sechs Chromstühle mit roten Plastiksitzen.
    Der Tisch, die Stühle und jede Oberfläche in der Küche waren mit schwarzem Fingerabdruck-Pulver bedeckt. Die Technikerin mit der Großmutterbrille fotografierte gerade Abdrücke auf der Kühlschranktür.
    »Die Denkfabrik ist oben«, sagte sie, ohne von der Kamera hochzusehen.
    Ich kehrte ins Esszimmer zurück und stieg in den ersten Stock.
    Ein kurzer Rundgang ergab drei Schlafzimmer. Der Rest des Stockwerkes wurde vom phänomenal modernen WC eingenommen. Wie die Einrichtung im Erdgeschoss sahen auch die Badarmaturen nach Mitte der Fünfziger aus.
    Ryan, Slidell, Rinaldi und der andere Techniker von der Spurensicherung standen im nordöstlichen Schlafzimmer. Alle vier waren über eine Kommode gebeugt. Sie sahen auf, als ich in der Tür erschien.
    Slidell zog seine Hose hoch und steckte sich den Zahnstocher in den anderen Mundwinkel.
    »Hübsch, was? Wunderbare Jahre auf Sozialhilfe.«
    »Was ist los?«, fragte ich.
    Slidell fuhr mit der Hand über die Kommode wie ein Moderator, der den Preis einer Spielshow präsentiert.
    Als ich ins Zimmer hineinging, war mir, als würde ich ein modriges Gewächshaus betreten. Vom Alter braun verfärbte Veilchen zierten die Tapete, den Bezug eines üppigen Sessels und die Gardinen, die schlaff an jedem Fenster hingen.
    Ein Rahmen lehnte an einer Sockelleiste, darin das aus einer Zeitschrift herausgerissene Foto eines Veilchenstraußes. Das Glas des Rahmens war gesprungen, das Bild verrutscht.
    Als ich zum Schreibtisch ging, sah ich, was alle so fasziniert angestarrt hatten.
    Ich spürte einen Stich in der Brust. Verwirrt schaute ich zu Slidell. Was war hier los?
    »Ihr Babymörder ist los«, sagte Slidell. »Schauen Sie mal genau hin.«
    Das brauchte ich nicht. Ich erkannte den Gegenstand. Nur begriff ich nicht, was das zu bedeuten hatte. Wie war er in dieses grauenhafte Zimmer mit seinen schrecklichen Blumen gekommen?
    Ich senkte den Blick auf das weiße Plastikrechteck.
    Tamela Banks starrte mich

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