Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan
nach Hause zu seinem Computer genommen.«
»Vielleicht.«
»Aber er hat Ihnen den Bericht nie geschickt.«
Gut, Skinny. So weit waren wir schon.
»Und die Fotos auch nicht.«
»Gar nichts.«
Slidell zog seinen Gürtel hoch. Er rutschte zurück in die Falte unter seinem Schwimmreifen.
»Also wo zum Teufel sind sie?«
»Eine scharfsinnige Frage.«
»Und wo zum Teufel ist der liebe Herr Professor?«
»Wieder eine.«
Allmählich machte ich mir Sorgen um Cagle.
Mein Blick fiel auf den Computer und den Flachbett-Scanner. Die Geräte sahen aus, als hätten sie die glorreichen Zeiten der Monkees miterlebt.
Slidell schaute zu, wie ich zum Schreibtisch ging und den Computer einschaltete. Während der Rechner hochfuhr, erschien die texanische Debütantin in der Tür.
»Was glauben Sie, was Sie da tun?«
»Ich habe Dr. Cagles Fallakten gefunden, aber die fragliche fehlt.«
»Und deshalb meinen Sie, Sie könnten seinen Computer benutzen?«
»Er könnte uns verraten, ob die Fotos eingescannt wurden.«
Wie aufs Stichwort piepste der Rechner, und die Aufforderung zur Passworteingabe blinkte.
»Haben Sie das?«, fragte ich die Debütantin.
»Ich würde nie ein Passwort herausgeben.« Sie klang, als hätte ich sie nach der Geheimnummer ihrer Bankkarte gefragt. »Außerdem kenne ich es nicht.«
»Benutzt diesen Computer sonst noch jemand?«
»Gene Rudin.«
»Dr. Cagles Diplomand.«
Die Debütantin nickte. Kein Haar rührte sich.
»Gene ist bis Anfang des Herbstsemesters in Florida. Seit Freitag.«
Ein langer, lackierter Finger deutete auf den Computer.
»Aber dieser Scanner funktioniert nicht. Ich habe schon vor mindestens vierzehn Tagen einen Techniker beim Computerservice bestellt.«
Slidell und ich tauschten Blicke aus. Was jetzt?
»Hat Dr. Cagle Sie letzte Woche gebeten, irgendwelche Faxe zu verschicken?«, fragte ich.
Die lackierten Hände verschwanden hinter vor der Brust verschränkten Armen, eine Hüfte bewegte sich, und ein Fuß in Sandale kam vor. Die Zehennägel leuchteten so rot wie die Fingernägel.
»Wie ich Ihnen bereits sagte, habe ich Dr. Cagle letzte Woche nicht gesehen. Und außerdem, wissen Sie eigentlich, für wie viele Dozenten ich zuständig bin? Und wie viele Studenten und Diplomanden und Doktoranden und Buchverkäufer und Besucher und wer sonst alles durch mein Büro gehen?« Ich nahm an, dass Slidell und ich unter »wer sonst alles« fielen. »Herrgott, ich mache die Hälfte der Studentenberatung hier bei uns.«
»Das ist bestimmt nicht einfach«, sagte ich.
»Faxen für die Fakultät gehört nicht zu meinen offiziellen Aufgaben.«
»Sie bekommen wohl viel Besuch.«
»Es läppert sich.«
»Hatte Dr. Cagle letzte Woche irgendwelche ungewöhnlichen Besucher?«
»Das kann ich nicht beurteilen.«
Was um alles in der Welt sollte das heißen?
»Hatte Dr. Cagle letzte Woche überhaupt irgendwelche Besucher?«
Eine lange Pause entstand, in der sie ihre Worte sorgfältig wählte.
»Vielleicht bin ich mit Dr. Cagles alternativem Lebensstil nicht hundertprozentig einverstanden. Aber er ist ein anständiger Mann, und ich kritisiere seinen Umgang nicht.«
»Dann war also jemand hier, der zu Cagle wollte?«, schnauzte Slidell.
Eine Debütantinnenbraue schoss in die Höhe. »Werden Sie nicht patzig, Detective.«
Slidell öffnete den Mund. Ich schnitt ihm das Wort ab.
»Sie haben Dr. Cagles Besucher nicht erkannt?«
Die Debütantin schüttelte den Kopf.
»Was wollte er?«
»Der Mann fragte nach Dr. Cagle. Ich sagte ihm, dass der Professor nicht in der Stadt sei.« Die Debütantin zog eine sommersprossige Schulter hoch. »Er ging wieder.«
»Können Sie den Kerl beschreiben?« Slidell.
»Klein. Hatte schwarze Haare. Unmengen. Richtig glänzend und dicht.«
»Alter?«
»Der Jüngste war er nicht mehr, so viel kann ich Ihnen sagen.«
»Brille? Gesichtsbehaarung?« Slidells Ton war scharf.
»Kommen Sie mir nicht so, Detective.«
Die Debütantin löste die Arme und schnippte nach einem unsichtbaren Stäubchen auf ihrem Rock – ihre Art, dem Bluthund Zeit zum Abkühlen zu geben.
»Kein Schnurrbart oder Vollbart, nichts dergleichen.«
»Können Sie sonst noch irgendetwas über diesen Mann sagen?«, fragte ich.
»Er trug eine komische Sonnenbrille, deshalb konnte ich seine Augen nicht sehen.«
»Was konnten Sie denn sehen, wenn Sie in sein Gesicht schauten?« Slidell starrte sie böse an.
»Mich.« Die Debütantin warf einen Schlüssel auf den Schreibtisch. »Der ist für
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