Mit Haut und Haar (German Edition)
können, obwohl es wunderschön ist. Es ist zu viel Negatives passiert.«
»Und du hast auch keine Freundschaften knüpfen können?«
»Nein«, sagte Clarissa. »Und das ist auch etwas, was mir das Gefühl gibt, dass ich dort niemals zuhause sein werde, verstehst du? Mit Nachbarn will ich nichts Näheres zu tun haben, so was geht nie gut. Aber man lernt einfach niemanden kennen! Daniel ist in der Firma der Chef und mit dem Chef verabredet sich niemand, weil das nach Schleimerei aussieht. Er hat kaum Zeit, mal mit mir auszugehen so wie früher. Wir sind zwar immer nur essen gegangen oder mal ins Kino, aber auch das läuft nicht mehr. Daniel ist ständig ausgepowert und müde, und ich verstehe das auch. Er steht ziemlich unter Stress in dieser Firma und dieser Terror, dem wir ausgesetzt sind, geht ihm auch an die Substanz. Ich komme nur raus, wenn ich einkaufen muss. Und dann nur bis in den nächsten Supermarkt. Als ich Sparky noch hatte, war ich regelmäßig spazieren, und da hat man sich mal mit anderen Hundebesitzern unterhalten. Aber das war auch schon alles. Ja, ich fühle mich da einsam und ich fühle mich nicht wohl.«
»Du würdest also gerne wieder in Frankfurt leben, was?«
Clarissa nickte. »Ja. Aber das geht wohl nicht. Daniels Firma, in der er früher gearbeitet hat, ist tatsächlich inzwischen pleite. Außerdem würden sie ihn ohnehin nicht mehr einstellen, nachdem er gegangen ist. In Köln hat er einen sicheren Job.«
»Dann muss er halt pendeln«, sagte Patrizia. »Es gibt genügend Ehen, in denen sich die Partner nur am Wochenende sehen.«
»Schwierig Patrizia, denn die Kinder zum Beispiel haben sich inzwischen in Köln ein Leben aufgebaut. Sie haben sich in der Schule eingelebt, sie haben Freunde. Damian hat eine ganz liebe Freundin, ich schätze, es ist jetzt schon schwer für ihn, dass er sie vorübergehend nicht sehen kann, während wir in Frankfurt sind. Momentan ist einfach alles total verfahren.«
Patrizia nickte wissend, dann erhob sie sich und holte eine Flasche Sekt aus dem Kühlschrank.
»Trotzdem trinken wir jetzt mal ein Glas Sekt auf unser Wiedersehen«, sagte sie. »Mir ist jetzt danach.«
Wenige Stunden später lag Clarissa auf dem Sofa im Wohnzimmer und wälzte sich unruhig hin und her. Sie hielt es nicht sehr lange aus. Gegen ein Uhr nachts tapste sie auf Zehenspitzen nach oben in Patrizias Schlafzimmer. Auch Patrizia war noch wach, denn sie setzte sich sofort im Bett auf und knipste die kleine Lampe an, die neben ihrem Bett stand.
»Kannst du nicht schlafen?« fragte sie.
»Nein«, sagte Clarissa. Patrizia hob einladend ihre Bettdecke und Clarissa kuschelte sich darunter, presste sich an Patrizia und seufzte, als sie den vertrauten Geruch einatmete.
»Weißt du, wie oft ich mich danach gesehnt habe, mal so mit dir einschlafen zu dürfen?« fragte Patrizia leise.
Clarissa nickte. »Ich weiß. Du hast es manchmal erwähnt.«
»Naja. Auf die eine oder andere Art ist mir mein Wunsch ja nun doch erfüllt worden.«
Clarissa schlang ihren rechten Arm um Patrizias Hüften und kuschelte sich noch enger an sie.
»Ich will nicht«, sagte sie. »Ich will einfach nur hier so mit dir liegen, verstehst du?«
»Natürlich, Liebes«, sagte Patrizia, und streichelte sanft Clarissas Schulter.
»Natürlich. Du hast auch so schon genug Probleme.«
Sie stellte den Wecker auf acht Uhr.
»Oder glaubst du, dass deine Kinder früher wach sind?«
»Nein«, sagte Clarissa.
»Gut. Ich finde nämlich, die sind schon belastet genug, wir müssen jetzt nicht noch gemeinsam aus dem Schlafzimmer kommen.«
Clarissa war dankbar für Patrizias Vernunft, denn daran hatte sie nicht gedacht. Viel mehr lag sie in diesem Moment da, eng umschlungen mit Patrizia und genoss zum ersten Mal seit Monaten wieder das Gefühl ihrer Nähe zu Patrizia und vor allem ein Gefühl der Sicherheit. Sie saugte den Duft ihrer Haare tief in sich ein und schlief wenige Sekunden später ruhig ein.
-34-
Missmutig stapfte Daniel die Treppe herunter um die Tür zu öffnen. Gerade eben hatte er noch einmal versucht, Clarissa auf dem Handy zu erreichen, aber sie ging nicht dran. Er hatte ihr eine Nachricht auf dem Band hinterlassen und sich gerade seinem Cognac widmen wollen, als es an der Tür geklingelt hatte. »Andrea«, sagte er erstaunt, als er seine Sekretärin vor der Haustür stehen sah.
»Entschuldigung, wenn ich Sie störe«, sagte Andrea. »Aber Sie haben vorhin Ihren Schlüssel im Büro liegen lassen. Die
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