Mit Haut und Haar (German Edition)
wirklich perfekt, das musste er ihr lassen. So perfekt, dass sie sogar nach Feierabend noch zu ihm nach Hause fuhr um ihn wichtige Briefe unterschreiben zu lassen, Briefe die er vergessen hatte. Eigentlich war das sehr nett.
»Ich weiß einfach nicht mehr was ich machen soll«, sagte er.
Er starrte minutenlang aus dem Fenster und als er sich umdrehte, hatte Andrea einen zweiten Cognac für sie beide eingeschenkt. Er setzte sich wieder und trank ihn in einem Zug leer.
»Eine schwierige Situation«, sagte Andrea.
»Ja«, antwortete Daniel. »Sehr schwierig.«
»Irgendwann werden Sie schon dahinter kommen, wer es ist«, sagte Andrea. »Wenn sogar die Polizei in diesem Fall ermittelt ... und ich denke, es war eine gute Entscheidung Ihrer Frau, erst mal wegzufahren mit den Kindern. Offensichtlich richtet sich das alles ja gegen Ihre Frau und nicht gegen Sie.«
»Ja«, sagte Daniel. »Das ist ja das Problem. Meine Frau hat keinem Menschen was zuleide getan, sie kennt hier in Köln eigentlich niemanden. Und sie denkt, es ist jemand, also eine Frau, die was von mir will und sie einfach nur aus dem Weg räumen will.«
»Nun ja, der Gedanke ist gar nicht so abwegig«, sagte Andrea. »Und Sie kommen nicht drauf wer das sein könnte?«
»Nein«, sagte Daniel. »Ich liebe meine Frau, ich habe nirgendwo was laufen, falls Sie das meinen. Ich habe keine Verehrerinnen, jedenfalls keine von der ich weiß. Wenn es das ist, was meine Frau vermutet, warum ist diese Frau dann niemals zu mir gekommen um mit mir Klartext zu sprechen?«
Ihm wurde schwindelig und er rieb sich die Augen. Andrea lächelte.
»Nun ja, vielleicht hat sie es ja sogar versucht und Sie sind nicht drauf eingegangen.«
»Blödsinn«, sagte Daniel. »Das müsste ich doch wissen.«
»Männer merken so manches nicht«, sagte Andrea lächelnd. »Und manche Männer sind so verblendet dass sie nicht merken was um sie herum vor sich geht. Und welche Chancen sie noch haben.«
Daniel sah sie verwirrt an. Was redete sie da? Ihm wurde schlecht.
»Mit meinem Kreislauf stimmt was nicht«, murmelte er.
Vor seinen Augen drehte sich das Wohnzimmer. Schließlich sank er auf dem Sofa in sich zusammen.
Als er irgendwann wieder erwachte, fiel ihm zunächst auf dass sein Schädel brummte. Zu viel Alkohol? Ja, er hatte etwas getrunken. Aber es waren doch nur zwei oder drei Cognac gewesen? Er starrte an die Decke, die sich zu bewegen schien. Das Schwindelgefühl setzte erneut ein. Daniel stöhnte gequält auf und sah sich im Raum um, aber der gesamte Raum schien sich zu drehen. An den Wänden, so erschien es ihm, krabbelten irgendwelche Tierchen, ganz klein, so klein wie Ameisen, und auch nicht dunkel, sondern weiß, wie Ameisen. Der ganze Raum schien sich um ihn herum zu bewegen. Er konnte nur das sehen, was genau vor ihm lag, alles was weiter auf der Seite lag, nahm er nur verschwommen wahr. Jemand befand sich noch in diesem Raum, das spürte er. Nicht nur die vielen, kleinen, weißen Ameisen, sondern eine Person, irgendjemand. Er zwang sich dazu, sich weiter umzusehen und konnte die Umrisse erkennen. Umrisse eines Menschen, der auf einem Stuhl saß und ihn ansah. Dahinter viele kleine Ameisen, die über die ganze Wand zu krabbeln schienen und diese Person schien sich nicht im Geringsten daran zu stören.
»Du wirst wach«, hörte er plötzlich eine Stimme, die sehr weit entfernt von ihm schien. Diese Stimme schien ein Echo zu haben, es hallte in seinem Kopf wieder und er versuchte, seine Hände an die Schläfen zu pressen, wollte sich die Augen reiben, aber es ging nicht. Etwas hielt seine Hände fest.
»Die Wirkung wird bald nachlassen«, vernahm er die Stimme, die von irgendwo in der Nähe der Tür zu kommen schien. »Leider hat das Mittel ein paar unangenehme Nebenwirkungen. Am besten du schläfst noch ein bisschen, dann ist es bald vorbei.«
Daniel wollte protestieren, irgendetwas sagen, aber er fühlte sich wie gelähmt. Er konnte nicht nur seine Hände nicht bewegen, sondern auch seine Beine schienen seinem Befehl nicht gehorchen zu wollen. Er wollte etwas sagen, aber seine Zunge konnte die Worte nicht formen, die sein Gehirn formuliert hatte. Er fühlte sich schwer, als hätte man seinen Körper mit Blei beschwert, und er war so unglaublich müde. Nach einigen Minuten schlief er erneut ein.
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»Ich erreiche ihn nicht«, sagte Clarissa am gleichen Abend zu Patrizia. Entmutigt legte sie das Handy beiseite und starrte nachdenklich in die Flammen des brennenden
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