Mit Haut und Haar (German Edition)
tröstend ihren Arm um das Mädchen.
»Und jetzt wohnt ihr im Hotel?« fragte sie.
Clarissa nickte.
»Möchtet ihr vielleicht lieber bei mir wohnen, solange ihr hier seid?« fragte sie. Damian grinste. Auch wenn er inzwischen sehr erwachsen wirkte, es steckte doch noch ein kleiner, frecher Junge in ihm. »Meine Wohnung ist groß genug«, sagte sie. »Ich könnte meinen Fitnessraum räumen, dann könntet ihr da schlafen.« »Du hast einen Fitnessraum?« fragte Damian. »Cool.«
»Und Mama soll bei dir schlafen?« fragte Charlotte, und sie kniff misstrauisch die Augen zusammen.
»Sie wissen Bescheid«, sagte Clarissa.
Patrizia nickte. »Aha.« Sie steckte eine Zigarette in ihre Zigarettenspitze und zündete sie an. »Mama könnte bei mir schlafen, wenn sie es wollte«, sagte Patrizia. »Aber sie könnte auch mein Schlafzimmer haben und ich könnte auf dem Sofa schlafen.«
»Wenn dann umgekehrt«, sagte Clarissa.
»Nimmst du mein Angebot an?«
»Daniel wird mich verfluchen, aber – ja. Ich nehme dein Angebot an. Ich habe kein gutes Gefühl dabei, im Hotel zu wohnen. Ich fühle mich ausgeliefert. Alles ist dort so anonym. Und ich kann im Moment schlecht alleine sein.«
Patrizia nickte. »Es ist nichts dabei«, sagte sie. Und zu den Kindern gewandt: »Zwischen eurer Mama und mir ist es aus. Ihr braucht euch keine Sorgen machen. Wir sind jetzt nur noch Freundinnen.«
Nur noch Freundinnen... irgendwie tat Clarissa dieser Ausspruch in diesem Moment weh. Wie Patrizia da saß, elegant durch ihre Zigarettenspitze rauchend, mit übereinandergeschlagenen Beinen, sehr damenhaft, und gleichzeitig ein wenig verrucht durch ihre Feuermähne und dem kirschroten Lippenstift, tat es ihr fast leid, dass sie nur noch Freundinnen waren. Sie erinnerte sich an Zeiten, als sie diese festen, runden Brüste liebkost hatte, als sie minutenlang zärtlich diese Lippen geküsst hatte, und nicht nur diese, sondern auch die anderen, die noch zarter waren, die zwischen Patrizias Beinen. Sie musste sich ein wenig schütteln um wieder zu sich zu kommen, als der Kellner das Essen brachte.
»Wir kommen morgen zu dir«, sagte sie schließlich. »Heute Nacht bleiben wir noch im Hotel, ich habe einen langen Tag hinter mir und möchte dann nur noch ins Bett.«
Patrizia nickte. »Ganz wie du möchtest.«
Sie sah ihr direkt in die Augen. Ja, auch bei ihr war das Verlangen noch immer da, war vielleicht größer und stärker als jemals zuvor. Clarissa schalt sich eine dumme Gans, weil sie auch nur ansatzweise vermutet hatte, dass Patrizia zu solchen Grausamkeiten wie die, die ihr widerfahren waren, fähig sein könnte.
Sie fiel in dieser Nacht in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Die Kinder hatten gemeinsam ein eigenes Zimmer genau nebenan, aber Charlotte hatte es vorgezogen, sich in der Nacht in das Bett ihrer Mutter zu schleichen, wie Clarissa erst am nächsten Morgen feststellte. Zärtlich streichelte sie ihrer schlafenden Tochter über die Wange und zupfte ihr ein paar Haare aus dem Gesicht. Charlotte drehte sich stöhnend um und schlief dann ungerührt weiter. Sie würde immer ihr kleines Mädchen bleiben, egal wie alt sie sein würde.
Clarissa schlüpfte unter die Dusche und zog sich an, nachdem sie ihr Make-up aufgelegt hatte. Sie weckte die Kinder und ließ die beiden ebenso duschen und sich anziehen, dann gingen sie zum gemeinsamen Frühstück nach unten in das Hotelrestaurant. Gegen elf Uhr am Vormittag rief Clarissa in Daniels Firma an. Die Durchwahlnummer funktionierte, er hatte sein Telefon nicht umgestellt.
»Hallo Liebes«, sagte er. »Wo bist du? Ich habe mir Sorgen gemacht. Es wäre nett gewesen, wenn du gestern Abend mal angerufen hättest.«
»Ach Daniel«, sagte Clarissa. »Ich hatte gestern Abend keinen Nerv mehr. Und ich hatte ein ausführliches Gespräch mit Patrizia. Wir waren essen, die Kinder waren auch mit. Ich wollte nicht gestört werden, denn ich hatte ihr eine Menge zu erklären wie du weißt. Also habe ich das Handy ausgeschaltet.«
»Nett von dir«, sagte Daniel zynisch.
Clarissa atmete tief ein.
»Wenn wir uns in dieser Situation zerstreiten, hilft uns das sicher nicht weiter. Es könnte eher hinderlich sein.«
»Du hast recht. Wo wohnst du?« »Im Hotel. Bis heute jedenfalls, aber ich checke jetzt wieder aus.«
»Und dann? Fährst du zu Anja?«
Clarissa starrte auf den Boden. Vielleicht war ihre Zusage, bei Patrizia zu übernachten, doch ein wenig voreilig gewesen. Mit Sicherheit würde Daniel das nicht
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