Mit Haut und Haar (German Edition)
kannst mir nicht erzählen, dir hätte es an Liebe gemangelt.«
»Nein, das kann ich nicht.«
Er stand auf und lief nervös durch den Raum, bevor er sich wieder setzte.
»Anja, was es genau war weiß ich auch nicht. Ich weiß nur eines, ich kann verdammt gut damit leben, wenn ich Anita nie wieder sehe, aber der Gedanke, Clarissa könnte mich jetzt verlassen, der tut unglaublich weh.«
»Klar. Sie würde auch ohne Frage das Haus behalten dürfen und du müsstest zahlen bis du schwarz wirst.«
»Ach«, sagte Daniel. »Darum geht es doch gar nicht. Das ist mir doch völlig egal.«
»Worum geht es dann?«
»Ich liebe Clarissa, Anja, auch wenn das in der jetzigen Situation etwas schwer zu begreifen ist. Wir sind seit sechzehn Jahren verheiratet, seit insgesamt siebzehn Jahren zusammen.«
»Warum konntest du dann nicht nein sagen, als eine andere ihr Glück bei dir probiert hat? Clarissa hat auch schon Verehrer gehabt, mein Lieber, das solltest du wissen. Du weißt, dass wir öfter mal zusammen essen gehen, mal ein Eis essen oder einfach Kaffee trinken. Sie wurde oft angesprochen, sehr oft sogar. Aber die sind immer alle abgeprallt. Clarissa ist eisern, wenn es um so etwas geht. Sie bleibt freundlich, aber völlig distanziert. Sie nimmt keine Telefonnummern an und vergibt ihre nicht und das einzige was sie von sich zeigt ist ihr Ehering. Du kannst dir nicht vorstellen, wie eisig Clarissa werden kann, wenn sie angemacht wird! Vielleicht findest du euer Leben zu geregelt, zu wenig spannend, was weiß ich. Clarissa wusste es zu schätzen. Es war für sie ein ruhiges, friedliches Leben. Sie hat sich sicher gefühlt an deiner Seite und sie hat dir voll vertraut. Sie war glücklich mit dir. Wirklich glücklich. Das hast du kaputt gemacht.«
Daniel wischte sich plötzlich Tränen aus den Augen. Anja war überrascht. Sie hatte ihn nie weinen sehen.
»Weißt du Daniel, ein einmaliger Ausrutscher, aus falscher Eitelkeit heraus, das ist schon schlimm genug. Aber wenn ich diese Sache jetzt richtig verstanden habe, dann war das bereits ein monatelanges Verhältnis! Wenn du doch so sehr an Clarissa denken musstest, wenn sie dir doch so wichtig ist, warum hast du dann dein Verhältnis nicht einfach beendet? Im Gegenteil, ihr habt ja sogar richtig geplant, wann ihr euch seht, oder? Ihr habt telefoniert und euch heiße Mails hin und hergeschickt! Du hast Clarissa über mehrere Monate hinweg belogen und betrogen, aber richtig mit Plan!«
»Ich kam da nicht mehr raus, Anja. Ich kam da einfach nicht mehr raus.«
»Aber warum, Daniel! Warum?«
»Weil ... ich weiß es auch nicht. Anita ist attraktiv. Ich fühlte mich nicht nur anfangs geschmeichelt, sondern eigentlich dauerhaft. Bei uns zu Hause war alles so eingespielt und es gab überhaupt keine Leidenschaft mehr. Anita hat mich ganz anders empfangen und es tat mir so gut!«
»Leidenschaft kommt immer von beiden Partnern«, sagte Anja. »Clarissa sagt, wenn sie nicht manchmal im Bett zu dir gekommen wäre, sich nicht an dich gekuschelt hätte, dann hättet ihr wahrscheinlich überhaupt keinen Sex mehr gehabt.«
»Ich dachte immer, dass SIE es ist, die keine Lust hat.«
»Warum dachtest du das?«
»Weil – ich weiß auch nicht.«
»Weil du ein Idiot bist, Daniel. Ein jämmerlicher Idiot. Ehrlich. Vielleicht hatte sie zwei oder dreimal keine Lust und vielleicht hielt das auch eine längere Zeit an, aber das ist wohl normal dass es solche Phasen gibt, nicht? Oder hast du ständig Lust?«
»Ja.«
»Bullshit. Das ist etwas, was ihr Männer sagen müsst, damit man euch für voll nimmt. Aber wenn du ehrlich bist Daniel, dann gibt es auch bei dir Tage, an denen du einfach nur noch ins Bett willst, einfach nur noch einen Film sehen und dein Hirn nicht mehr anstrengen willst.« Anja schüttelte den Kopf. »Dass ihr Männer immer denkt, ihr müsstet euch bei uns Frauen so darstellen, als könntet ihr immer, als wolltet ihr immer – das ist wirklich dämlich. Und wenn es dann im Bett nicht so läuft, wird es immer gerne auf die Frau geschoben ...«
Sie seufzte. »Wir Frauen sollen uns immer verrenken, nie müde sein, nie gestresst sein, immer schicke Unterwäsche tragen und vor allem immer feucht zwischen den Beinen sein. Und was ist mit euch Männern? Wie kann eine Frau dauergeil sein, wenn der Mann selten da ist und sich selbst dann auch keine Mühe gibt?«
Daniel wischte sich erneut Tränen aus dem Gesicht. »Glaubst du, es gibt eine kleine Chance, dass sie mir
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