Mit heißer Nadel Jagd auf Kids
zurückgekehrt und saßen beim Frühstück. Müsli, duftende Semmeln und Tee.
Hinten im Stall wieherten die Ponys. Tim reagierte darauf mit einem Schnauben
wie ein feuriger Hengst. Das belästigte niemanden, denn im Frühstücksraum waren
sie die letzten Gäste.
„Außerdem müssen wir endlich
Karl und Klößchen anrufen“, drängte Gaby. „In Katlwaldstetten langweilen sie
sich vermutlich zu Tode.“
„Machen wir von deinem Zimmer
aus.“
„Warum nicht mit deinem
Telefon?“
„Dein Zimmer liegt östlicher
als meins und damit sieben Meter näher an Österreich. Bei einem Ferngespräch
fällt das ins Gewicht, denn da zählt die Entfernung, wie der Name schon sagt. Telekom
berechnet die Preise nach Metern.“
„Doofmann! Außerdem sind wir
nicht zu Hause, sondern im befreundeten Ausland. Hier gelten andere Tarife.“ In
Gabys Zimmer sah es beängstigend ordentlich aus, wie Tim fand, obwohl das
Zimmermädchen noch nicht geputzt hatte.
Tim hatte sich die
Grand-Hotel-Rufnummer von Katlwaldstetten notiert, geriet an eine fröhliche
Telefonvermittlungs-Dame und ließ sich mit Karls Zimmer verbinden. Sein Freund
meldete sich. Glück gehabt.
„Hallo, Karl! Wir sind’s. Gaby steht
neben mir. Hier war der Teufel los und ich berichte gleich. Hat sich bei euch
was getan?“
„Nichts Besonderes“, erwiderte
Karl. „Wir sollten ermordet werden, haben den Mordversuch auf den greisen
Professor Villenau verhindert und einer grauen Maus zu ihrem Vater und
Wohlstand verholfen. Außerdem wurde ein tätowierter Ganove eingelocht. Theo
Heisung ist der letzte Dreck. Und Inspektor Eckert weigert sich leider, uns
irgendwas über die verunstalteten Kids zu sagen. Obwohl wie hier die Helden der
Woche sind.“
Tim schnappte nach Luft. Gaby —
mithörend zwei Zentimeter entfernt — blies die Wangen auf und machte
Kulleraugen.
„Wer sagt ‘s zuerst?“, forschte
Tim. „Gut, ich fange an.“ Er berichtete knapp, aber detailgenau und beschrieb
die Schlangen-Tattoos an den linken Händen von Jürgensen und Fischer.
„Das haut mich aus den
Wollsocken“, erwiderte Karl. „Exakt so ist auch Heisung genadelt.“
„Wahnsinn!“, rief Gaby in den
Hörer. „Das handelt sich wohl um eine Euro-Bande. Um die Schlangen-Konnäktschen
oder Kobra-Gang.“
„Hallo, Gaby!“, grüßte Karl.
„Du könntest Recht haben oder die drei Schweinebacken waren bei ein- und
demselben Tätowieren Oder verschiedene Tätowierer haben beim selben Meister gelernt.
Oder es gibt ein Fachbuch mit Motiven, mit Tattoo-Vorlagen — so dass der Kunde
seine Verhässlichung sorgfältig auswählen kann.“
„Mir“, sagte Tim, „schmeckt
Gabys Idee am besten. Schmeckt wie Schweizer Müsli, nur nicht so sahnig.“
„Klößchen kommt gerade rein“,
sagte Karl. „Heh, Willi, Tim und Gaby sind am Rohr.“ Und wieder in Richtung
Dirnbadhausen: „Er hat heute zweimal gefrühstückt. Es gibt keine Schoko-Torte
mehr im Hotel, kein Schoko-Eis und keinen Kakao. Trotzdem sieht er aus, als
hätte er Hunger. Aber ihr hättet sehen müssen, wie unser Fabrikantensohn im
Kerker von Schloss Schulzing um sich gedroschen hat mit dem Spitzhackenstiel.
War spitze!“
„Einzelheiten!“, forderte Tim.
Dann waren auch er und Gaby
informiert.
„Es riecht, schmeckt und sieht aus
nach einer Euro-Bande“, fasste Tim seine Überlegung zusammen. „Keine
Spezialisten mit engem Kriminalitäts-Fachgebiet und begrenztem Radius, sondern
bewegliche Vielfach-Täter, die jeder Gemeinheit nachhecheln und jeden Dreck
anfassen.“
„Und wir können nicht
ausschließen“, rief Gaby, „dass sie auch die Tattoo-Täter sind. Oder Mittäter.
Vielleicht laufen noch mehr Schlangentypen rum. Wir kennen erst drei.“
„Gaby boxt mich schon zum
fünften Mal in die Rippen“, sagte Tim in den Hörer. „Das heißt, wir sollen endlich
zu Inspektor Ruritzli düsen und ihn mit unseren Fragen über die verunstalteten
Kids behelligen. Hoffentlich ist er zugänglicher als euer Eckert.“
„Gebt uns Bescheid.“
„Logo. Ende, Karl! Und halt
Klößchen von den Mozartkugeln weg — die sind nämlich österreichische
Leckerli-Besonderheiten und ganz aus Schokolade.“
„Zu spät. So ‘n Ding vertilgt
er gerade. Ende!“
*
Ruritzli schmauchte seinen
Nasenwärmer, litt aber noch nicht an Tabakismus, an Nikotinvergiftung.
Tim und Gaby hatten die gleiche
Platte aufgelegt wie Karl und Klößchen bei Eckert: Interview mit den Erpressten
— für die Schülerzeitung
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