Mit heißer Nadel Jagd auf Kids
und
Gaby mitzunehmen, wenn das Gold geborgen würde. Aber noch war’s nicht soweit,
Willinger nämlich groggy und Agathe ahnungslos. Ihr hatten weder Willinger noch
Kastl das Versteck verraten. So wurde es denn eine lange Nacht der Vernehmung.
Tim und Gaby schlummerten in
ihren Hotelbetten, und erst gegen Morgen gab der Verbrecher seinen Widerstand
auf.
Auf Tims Nachttisch schrillte
das Telefon. Ein übermüdeter Ruritzli hielt sein Versprechen.
Zehn Minuten später standen sie
angezogen vor dem Hotel. Gaby fröstelte. Tim gähnte verstohlen. Aber der Morgen
war hell. Der Regen hatte aufgehört. Vom nahen Kirchturm schlug es fünf Uhr.
Zwei Polizei-Fahrzeuge rollten
heran — mit Ruritzli, Willinger und mehreren Polizisten. Für das Pärchen war
noch Platz. Willinger starrte auf die Handschellen an seinen Gelenken. Sein
Gesicht hatte Kniffe wie ein alter Hut.
„Ihr habt Anspruch auf eine
Belohnung“, erklärter Ruritzli. „Da wird zwar der Papierkrieg ausbrechen, weil
ihr Ausländer seid. Aber ich verspreche euch, ihr erhaltet, was euch zusteht.
Außerdem geht ja Europa der totalen Einigung, Gleichschaltung und
Gleichmacherei entgegen. Da wird eine Belohnungsauszahlung zwischen der Schweiz
und Deutschland doch möglich sein.“
Sie sagten ihm, auf die
Belohnung käme es nicht an. Wichtig sei ihnen das Erlebnis, nicht Gold oder
Geld.
Dann erreichten sie den Wald.
Willinger musste den Weg
weisen. Einsilbig tat er das und mit so viel Gift im Blick, dass ihm Gaby am liebsten
verboten hätte, die Bäume anzustarren, die ohnehin unter saurem Regen litten.
Zusätzliche Schadstoffe waren ihnen nicht zuzumuten.
Sie folgten der Forststraße.
Hinter einer Kurve bremste der Fahrer mit voller Sohle. Denn vor ihnen — in der
Morgendämmerung unter den Bäumen — parkte ein Wagen.
„Jürgensens Karre“, sagte Tim.
„Aber leer. Sie suchen wieder, die beiden Jäger des verlorenen Schatzes.“
„Aber diesmal ist es heiß“,
nickte Ruritzli. „Sie sind nah dran. Nicht wahr, Willinger?“
Zu einer Antwort kam es nicht
mehr.
Rechts der Straße, hinter einem
Wall grüner Büsche, erwies sich, wie heiß die Sache wirklich war.
Eine Stichflamme schoss in die
Wipfel. Die Explosion hallte. Äste prasselten. Blätter wirbelten. Dann brüllten
zwei Männerstimmen, dass es sicherlich bis zum Gefängnis zu hören war.
„Ach“, feixte Willinger. „das
hätte ich nicht für möglich gehalten. Das Dynamit funktioniert noch. Unter dem
Deckel der Goldkiste habe ich damals nämlich eine kleine Bombe angebracht.
Damit sich kein Unbefugter an dem Edelmetall vergreift. Das hat Kastl seinen
beiden Wohltätern offenbar verschwiegen. Und aus meinem Gedächtnis war das
Dynamit völlig verschwunden.“
„O Gott!“, flüsterte Ruritzli
mit käsigem Teint. „Genauso hätte uns der Sprengstoff zerfetzt. Dieser
Hinterhalt, Willinger, bringt dir noch etliche Jahre extra ein.“
Zerfetzt waren Oberaufseher
Jürgensen und Edu Fischer freilich nicht, jedenfalls sprangen sie dem Tod von
der Schippe, was Fischer dem Umstand verdankte, dass er sich zufällig den
Spaten vors Gesicht hielt, als das Dynamit explodierte. Er verlor die Hälfte
der linken Hand, ausgerechnet jenen Teil, den das Schlangen-Tattoo geziert
hatte.
Jürgensen hatte im Moment der
Explosion etwas abseits gestanden, mit dem Rücken zur Schatzkiste, um einem
natürlichen Bedürfnis nachzukommen, weil ihm die Aufregung auf die Blase
schlug.
Die Wucht traf ihn hinterrücks.
Sein Rücken wurde kreuz und quer aufgeschlitzt, und aus der Sitzfläche mussten
22 — zum Teil größere — Splitter entfernt werden.
14. Ein Versprecher bringt
weiter
„Manchmal wundere ich mich“,
sagte Tim, „wie uns der graue Alltag Ereignisse zuschanzt. Andere leben vor
sich hin wie Radieschen und unsereins gerät immer voll in die action. Wir haben
unsere Urlaubsorte, die wir abfeiern müssen, wegen der Tatoo-Verbrechen an den
Kindern ausgewählt. Auf Tattoos sind wir hier zwar gestoßen. Aber es ging um
Gold — und nichts deutet darauf hin, dass Jürgensen und Fischer noch anderes
auf dem Kerbholz haben. Außerdem sind sie jetzt weg vom Fenster bis weit hinein
ins nächste Jahrtausend.“
„Wir müssen mal feststellen“,
meinte Gaby, „ob das Schlangen-Tattoo an der linken Hand bei eidgenössischen
Justizbeamten zur Uniform gehört.“
Sie lächelte. Die Vermutung war
nicht ernst gemeint — aber Grund zur Nachforschung bestand.
Die beiden TKKGler waren ins
Hotel
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