Mit Herz, Charme und Mut (German Edition)
Supermarktes, für den sie arbeitete, ihre Vorhaben nicht. Er ließ sie nicht so gerne freinehmen, damit sie ihre Zeit etwas anderem als seinem Umsatz widmete.
Ihre Gedankengänge wurden von einem großen Feuerwehrwagen unterbrochen, der auf dem Parkplatz des Supermarkts vorfuhr – sie musste unwillkürlich lächeln. Es war nichts Ungewöhnliches, aber es gehörte inzwischen zu den Ereignissen, auf die sie sich am meisten freute. Die Feuerwehrmänner kauften meistens in einer großen Gruppe ein. Nicht immer in Dorys Supermarkt und auch nicht immer an Dorys Arbeitstagen, aber wenn sie anrückten, dann immer alle zusammen für den Fall, dass sie zu einem Einsatz gerufen wurden, während sie nicht in der Wache waren. An Tagen, an denen sowohl Dory als auch Clay arbeiteten, konnte sie sicher sein, dass er wenigstens kurz wegen eines Schokoriegels oder so bei ihr vorbeischaute. Er flirtete ein wenig mit ihr, stellte sie seinen Kollegen als Dory, seine nächste Nachbarin, vor und alle waren sehr nett zu ihr. Dory flirtete zwar nie , aber sie dachte, dass sie heute, falls er für ein paar Kaugummis bei ihr vorbeikam, seinen Flirt vielleicht doch einmal erwidern würde. In letzter Zeit fühlte sie sich mit Clays zurückhaltenden Annäherungsversuchen schon sehr viel wohler.
Aber so weit kam es nicht.
Dory war gerade damit beschäftigt, fröhlich die Strichcodes verschiedener Waren über den Scanner zu jagen und mit einem Kunden zu scherzen, als sie einen Kommentar aus der Kassenschlange aufschnappte. „Liebe Güte, schaut euch das an!“
Sie schaute durch das große Schaufenster nach draußen und entdeckte ein Paar, das sich auf dem Parkplatz stritt. Die beiden standen sich dicht gegenüber, ihre Nasenspitzen berührten sich fast und sie schrien sich gegenseitig an. Sie schienen um die Mitte zwanzig zu sein, vielleicht auch jünger. Dorys Magen zog sich zusammen. Sie hatte solche Szenen nicht nur schon mal gesehen, sondern so hatte sie es früher selbst erlebt.
Der Mann stieß die Frau grob herum und sie fiel gegen die Kühlerhaube eines alten Autos. Der Mann schwankte, als sei er betrunken. Die Frau richtete sich auf, reckte das Kinn und ging einfach zur hinteren Tür ihres Wagens, als ob sie sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerte, und holte ein Baby aus dem Wagen! Das Kind war vielleicht neun Monate, höchstens ein Jahr alt. Sie setzte es sich auf die Hüften und sagte etwas zu dem Mann. Selbst aus dieser Entfernung konnte Dory sehen, dass diese Frau mutig war, denn sie duckte sich nicht, sondern stellte sich der Konfrontation. Doch dann packte der Mann ihren freien Arm und schüttelte sie gewaltsam, bis das Baby ihr beinahe aus den Armen glitt.
„Oh Gott“, flüsterte Dory.
Einige Supermarktkunden gingen zum Fenster und jemand anderes sagte ebenfalls: „Oh Gott!“
Dory beging nun den Kardinalfehler einer Kassiererin – sie verließ die Kasse und ging zum Fenster. Dabei sagte leise zu sich selbst. „Oh lieber Gott, hilf!“ Sie beobachtete, wie die junge Frau ihr Baby festhielt. Der Mann, der alles andere als sicher auf seinen Beinen stand, drehte der Frau den Arm um, ballte seine Hand zur Faust und schlug ihr ins Gesicht. Die Frau stürzte zu Boden. Dory schrie: „Hi-i-i-l-f-e! Bitte, helfen Sie!“ Sie ließ die volle Kasse mit geschlossener Schublade zurück und rannte aus dem Laden auf den Parkplatz hinaus.
Die Frau hatte es zwar geschafft, ihr Kind während des schrecklichen Sturzes zu schützen, aber jetzt saß sie auf dem Parkplatzboden. Das Baby schrie, die Frau blutete aus einer großen Platzwunde unter dem Auge. Das Blut tropfte auf das Baby hinunter. Ohne zu zögern, stürzte sich Dory auf den betrunkenen, schwankenden, gefährlichen Mann. Er war ohnehin am Taumeln, deshalb war es ein Leichtes für Dory, ihn zu überwältigen. Er schlug hart am Boden auf. Sie hörte, wie sein Schädel auf den Asphalt krachte, und setzte sich auf ihn. Er war total überrascht und roch wie eine Brauerei. Im Hintergrund hörte sie ein kleines Kind weinen.
Dory verlor eigentlich nie den Bezug zur Realität, aber die Erinnerung überfiel sie blitzartig. Es war plötzlich Austin, der da schrie, und die kleine Sophie rief: „Mami, Mami, Mami!“ Der Mann begann sich unter ihr zu winden – er wirkte fassungslos. Dann schloss er die Augen und öffnete den Mund, als ob er betrunken ohnmächtig geworden war. Sie wollte auf ihn einprügeln.
Doch da öffnete er plötzlich die Augen und knurrte sie mit
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