Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
neu bewertete.
»Alles in Ordnung?«, flüsterte Lucy, als Theo kurz durch einen Freund abgelenkt wurde. »Du siehst aus, als sei dir eine Laus über die Leber gelaufen. War Theo die Laus?«
»Alles bestens«, entgegnete Wyatt. Würde er versuchen, seinen Ärger zu erklären, dann würde es zwangsläufig klingen, als sei er eifersüchtig oder besitzergreifend, und das bei einer Frau, auf die er keinerlei Anspruch erheben konnte. Wyatt warf einen kurzen Blick auf das Programmheft neben seinem Teller. »Sieht aus, als würde die Versteigerung noch vor dem Essen stattfinden.«
»Da bin ich aber froh«, meinte sie. »Sonst könnte ich das Dinner sicher nicht genießen.«
Kaum hatte sie das gesagt, betrat Walker Gregory auch schon die Bühne. Während die Kellner lautlos den ersten Gang auftrugen, verrenkten sich die Leute den Hals, um einen Blick auf den kleinen, vornehmen Herrn zu werfen, der seit Jahrzehnten die wichtige Stellung des Museums in der Kulturlandschaft der Stadt sicherte. Walker begrüßte die Gäste zu dem Ball, dankte diversen Gönnern und Geldgebern und prahlte mit den hochkarätigen Neuerwerbungen, doch Wyatt hörte gar nicht zu. Er hörte, wie sein Name fiel, aber selbst das konnte seine Aufmerksamkeit nicht von der jungen Dame loseisen, die neben ihm am Tisch saß. Erst jetzt ging ihm der volle Umfang dessen auf, was Lucy gleich tun würde, nämlich nicht nur ihr Kleid, sondern sich selbst präsentieren, und das vor den bedeutendsten Modekritikern der Welt, und sich auf dieser öffentlichen Bühne unendlich angreifbar
machen, indem sie hier um Anerkennung für sich selbst und ihre Arbeit warb. Nervös griff sie unter dem Tisch nach seiner Hand. Und in diesem Moment dachte Wyatt nicht an sein Buch, das Experiment oder sein eigenes Interesse am Erfolg dieses Abends. Er betete bloß, Lucy möge nicht vor den Augen aller, die für ihre zukünftige Karriere entscheidend waren, demontiert werden. Dafür hatte sie es schon zu weit gebracht und wünschte sich den Erfolg zu sehr.
»Darf ich nun alle Teilnehmerinnen unserer Auktion zu mir auf die Bühne bitten?«, posaunte Walker, woraufhin Wyatt Lucys Hand noch mal fest drückte.
»Autsch!« Sie lachte ein bisschen, als sie aufstand. »Du bist ja noch nervöser als ich, was?«
»Diese Damen haben sich großzügigerweise bereit erklärt, die Roben versteigern zu lassen, die sie heute Abend tragen«, fuhr Walker fort, »und der gesamte Erlös der Auktion kommt dem Museum zugute, um dessen Tradition und die ausgezeichnete Arbeit fortzusetzen.«
Mit gespanntem Stolz beobachtete Wyatt, wie Lucy leichtfüßig an den Tischen vorbeischlüpfte und zu dem Museumsdirektor auf die Bühne stieg. Die anderen Damen, die in einer Reihe neben ihr standen, repräsentierten nicht nur die angesehensten Familien der amerikanischen Gesellschaft, sondern sie hatten sich auch sämtlich für Roben etablierter amerikanischer Modeschöpfer entschieden, wie beispielsweise Ralph Lauren, Michael Kors und Nola Sinclair. Wyatt fand, Lucy wirkte von allen am selbstsichersten und elegantesten, und ihr Kleid passte am allerbesten zu ihr – aber was nur, wenn es niemandem so gut gefiel, dass er oder sie darauf bot?
Vergleiche sie mal mit Cornelia , dachte er, und beobachtete seine Exfreundin, die finstere Blicke wie Pfeile abschoss und
in einem meergrünen Kleid von Ralph Rucci und mit aufgesetztem Lächeln gleich neben Lucy stand. Cornelia könnte sich mit Diamanten behängen wie ein Weihnachtsbaum und würde trotzdem nicht so strahlen wie Lucy. Er hatte Lucy Manieren beigebracht, das Savoir-faire – aber sie hatte immer schon einen durch und durch edlen Charakter gehabt. Der zeigte sich in allem, was sie tat, angefangen bei dem Eifer, mit dem sie sich bereitwillig für Mimi Rutherford-Shaws Stiftung engagierte, bis hin zu ihrem unermüdlichen Arbeitswillen, von ihrem wachen Interesse an Kunst und Kultur bis hin zu ihrer unerschütterlichen Bescheidenheit und ihrem gesunden Menschenverstand. Wie er sie dort so auf der Bühne stehen sah, schien er sie zum ersten Mal ganz zu erkennen.
»Kaum zu glauben, dass sie das Kleid selbst genäht hat, was?«, meinte Theo. Er lehnte sich über Lucys leeren Stuhl zu Wyatt herüber und hatte auch noch die Frechheit, ihn anzulächeln, als seien sie beide alte Kumpels. »Die Frau hat echt Talent.«
»Ihre Zukunft sieht rosig aus«, bemerkte Wyatt steif. Er wollte lieber nicht daran denken, dass sein Buch ihre Karriere beenden könnte, ehe sie
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