Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
zur Verfügung gestellt. Nicht scharf genug, um eine eindeutige Identifizierung vorzunehmen, aber hey, besser als nichts.
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23.56 Uhr.
Das Kirsch-Wick-MediNait brachte gar nichts.
Lucy Jo richtete ihre Taschenlampe auf den Fleck an der Decke, der aussah wie Idaho. Selbst der billige Wein aus dem Karton, den ihre Mutter literweise wegsoff und der roch, als könnte man damit auch ein Auto betanken, sprengte augenblicklich ihr Budget. Als sie ganz hinten in ihrem Badezimmerschränkchen eine alte, angebrochene Flasche Erkältungssaft gefunden hatte, war das das unumstrittene Highlight der vergangenen zwei Wochen seit Nolas Show gewesen. Aber obwohl sie schon über die Hälfte des Fläschchens geleert hatte, war ihres Erachtens weder ihre Fahrtüchtigkeit noch ihre Fähigkeit zur Bedienung schweren Geräts in irgendeiner Weise beeinträchtigt worden. Die Anzeige ihres Siebzigerjahre-Weckers wechselte in Zeitlupentempo von 23.56
auf 23.57 Uhr. Es nützte alles nichts. Die bösen Gedanken, die sie schon den ganzen Tag quälten und verfolgten, wollten sich einfach nicht vertreiben lassen. Normalerweise war Lucy Jo wirklich gerne allein – dann hatte sie Zeit zum Skizzenzeichnen -, aber heute Abend konnte sie sich selbst kaum ertragen. Weil sie die überfällige Stromrechnung nicht bezahlt hatte, konnte sie sich nicht mal mit Fernsehen ablenken und saß im Dunklen, mal abgesehen von der Mega-Taschenlampe, die sie sich von den alternden Studenten am anderen Ende des Gangs ausgeliehen hatte. Schon vor dem öffentlichen Debakel bei Nolas Show war Lucy Jos finanzielle Situation alles andere als rosig gewesen, und sie hatte tagtäglich auf den großen Durchbruch und eine dicke Gehaltserhöhung gehofft. Bis dahin hatte sie sich mehr schlecht als recht durchgeschlagen und die Bezahlung offener Rechnungen immer wieder aufgeschoben, um sich die Miete für das überteuerte, armselige Studio leisten zu können, das sie sich ausgesucht hatte, weil sie unbedingt mitten im Trubel wohnen wollte.
Ihr Handy klingelte – die einzige Rechnung, die sie seit dem Nola-Debakel bezahlt hatte -, und sie hechtete quer über den Futon in der idiotischen, naiven Hoffnung, es könne ein potenzieller Arbeitgeber sein. Der sie mitten in der Nacht anrief.
»Hier ist ein R-Gespräch von Rita Ellis. Möchten Sie es annehmen?«, fragte die Dame von der Vermittlung.
Lucy Jo stöhnte innerlich auf. Ihre Mutter. »Ja, klar«, murmelte sie. »Hi, Rita. Wie geht’s?«
Am anderen Ende der Leitung war zunächst nur Schweigen. Dann seufzte ihre Mutter mit rauer Stimme: »Ich will dir nichts vormachen. Es ging mir schon besser. Vor ein paar Tagen musste ich Faye Dunaway operieren lassen.« Jetzt kommt wieder die alte Leier , dachte Lucy Jo. Faye war eine von Ritas
sechs abgöttisch geliebten Katzen, die allesamt nach ihrer anderen großen Leidenschaft benannt waren: Filmstars. »Ich wusste gleich, dass da was nicht stimmt, als sie nicht mal das teure Futter anrühren wollte«, plapperte Rita weiter. »Das sieht Faye sonst gar nicht ähnlich.«
Ein Mal, nur ein einziges Mal, würde ich mir wünschen, dass sie einfach bloß anruft, um sich zu erkundigen, wie es mir geht, oder um mir zum Geburtstag zu gratulieren. Egal was, nur nicht, weil sie mich mal wieder anpumpen will.
»Du kannst froh sein, dass du in New York das süße Leben genießen kannst, Lucy Jo, und nicht in Dayville mit ehrlicher, harter Arbeit deinen Lebensunterhalt verdienen musst.«
»Glaub mir, Rita«, entgegnete Lucy Jo und stellte die Flasche MediNait auf den Kopf, um noch das letzte Tröpfchen rauszuholen. Sie hatte Rita nie davon überzeugen können, dass sie mit ihrem Gehalt in New York keine großen Sprünge machen konnte, »ich lebe nicht das süße Leben.«
»Tja, aber immer noch besser als tagein, tagaus Nagelkleberdämpfe einzuatmen.«
Soweit Lucy Jo zurückdenken konnte, war die Arbeit ihrer Mutter als Maniküre mehr Zeitvertreib als Broterwerb gewesen. Rita arbeitete nur, wenn ihr gerade danach war und sie gerade nichts Besseres zu tun hatte. Außerdem wusste Lucy Jo, dass ihre Mutter jeden Cent, den sie verdiente, für kitschige Gartendekorationen, »Körperkunst« und ihre halbjährliche Pilgerfahrt nach Los Angeles verpulverte, bei der sie ihre Lieblingsstars auszuspähen versuchte. Und ganz nebenbei bemerkt, hatte sie bereits zweimal eine OP für Faye als Vorwand benutzt. Entweder lag diese Katze öfter unter dem Messer als ihre berühmte
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