Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
Lichter der Stadt langsam an Lucy Jos nassem Rückfenster herunterliefen, ließ sie sich in den Sitz sinken, und die Ereignisse des Abends standen ihr wieder lebhaft vor Augen wie eine albtraumhafte Diashow. Die ganze Welt war auf dem Laufsteg um sie herum zusammengebrochen. Sie hatte sich vor einem Saal ihrer großen Idole lächerlich gemacht und bis auf die Knochen blamiert. Sie war aus einem Job geflogen, den sie eigentlich nicht ausstehen konnte, um den sie aber jetzt betteln musste. Dann hatte diese reiche Schlampe Cornelia So-und-so ihr das Taxi vor der Nase weggeschnappt. Anschließend hatte ein wildfremder Kerl sie beleidigt und ihr ein unverschämtes Angebot gemacht, und danach hatte ihr so ein herzloser reicher Schnösel ein zweites Taxi abspenstig gemacht.
Matt lehnte sie den Kopf gegen den grauen Kunstledersitz.
Der war schmierig von den vielen anderen Fahrgästen, aber das war ihr egal. Ein dumpfer Kopfschmerz hatte sich in ihr eingenistet, und sie war völlig durchgefroren. Außerdem war ihr ein wenig schwindelig – wie damals, als sie gerade nach New York gezogen war und alles so neu und verwirrend war und sie Schwierigkeiten hatte, sich zurechtzufinden.
»Neun Dollar«, sagte der Taxifahrer, als sie vor dem weiß verputzten Altbau standen, in dem sie wohnte. Sie reichte ihm zehn Dollar und sah mit Entsetzen, wie wenig sie danach noch im Portemonnaie hatte.
Als sie in die Manteltasche griff, um den Schlüssel herauszuholen, streifte Lucys Hand die Visitenkarte, die Wyatt Hayes ihr gegeben hatte. Da müsste ich doch völlig irre sein , dachte sie und schloss die Tür auf.
8
»Turks & Caicos? Na, wenn das mal nicht ungeheuer romantisch klingt!«
»Soll wunderschön sein«, murmelte Eloise Carlton in den Telefonhörer, weil sie sich nicht ganz sicher war, wie sie die Begeisterung ihrer Mutter in geregelte Bahnen lenken sollte. Geschäftig spähte sie in ihren vollgestopften Kleiderschrank und musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um den Koffer aus dem obersten Regalfach zu angeln. »Trip meinte, das Hotel liegt direkt am Strand …«
»Ach ja? Meinst du, diesmal macht er endlich Nägel mit Köpfen?«, quietschte Ruth Carlton hoffnungsvoll.
Eloise hielt den Hörer von sich fort. Man sollte doch annehmen, ihre Mutter müsste endlich begreifen, dass ein fantastischer Inselurlaub manchmal nichts anderes war als ein fantastischer Inselurlaub, Ringe nicht inbegriffen.
»Mom«, sagte sie mit mahnendem Tonfall und warf einen Kaftan von Alegra Hicks in Violett und Indigoblau in den Koffer.
Eloise Carlton war inzwischen seit acht Jahren mit Trip Peters liiert – seit sie achtundzwanzig war, um genau zu sein, und damit schon zwei Jahre bevor er irgendwelche Anzeichen eines besonders guten Händchens für Hedgefonds aller Art gezeigt hatte. Damals hatte er noch in der Zweitwohnung seiner Mutter gehaust, die so praktisch zwischen Dorrian’s Bar und Mimma’s Pizza & Pasta lag. Inzwischen
war Trip stolzer Besitzer eines Stadthauses mit sechs Schlafzimmern, nur einen Katzensprung von der Madison Avenue entfernt, das nebenbei auch noch über einen Weinkeller und ein eigenes Privatkino verfügte. »Na ja, du hast doch gesagt, das Ganze sei als Überraschung für dich gedacht. Als Teil deines Weihnachtsgeschenks. Also dachten dein Vater und ich, er würde vielleicht…«
»Stellt Dad jetzt auch schon Spekulationen über mein Liebesleben an?« Ungehalten pustete Eloise ihre Ponyfransen, die momentan tizianrot leuchteten, aus der Stirn. Konzentrier dich . Trip hatte sie gerade erst heute Nachmittag mit seinen vorweihnachtlichen Urlaubsplänen überfallen, ausgerechnet mitten in einem chaotischen und ziemlich schlecht vorbereiteten Mode-Shooting – »Farm-Chic«, was im Grunde genommen nichts anderes hieß, als dass Models in Designer-Overalls und Schottenkaro-Überwürfen von Galliano Trecker fuhren und sich mit Schweinen im Schlamm suhlten. Und nun blieb ihr nicht mal mehr eine Stunde Zeit zum Packen, ehe sie zu Trip fahren musste und dort vor Erschöpfung einfach nur wie ein kleines Häufchen Elend aufs Bett sinken würde. Nach Dutzenden und Aberdutzenden spontaner Trip-geplanter Mini-Urlaube hatte Eloise eine regelrechte Hassliebe zu ihrer Goyard-Reisetasche entwickelt. Manchmal wünschte sie sich nichts sehnlicher, als einfach mal zu bleiben, wo sie war, auf der Couch die Beine hochzulegen und sich eine ganze Woche lang nicht vom Fleck zu rühren. Sie liebte ihre süße kleine Dreizimmerwohnung in der
Weitere Kostenlose Bücher