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Mit Herz und Skalpell

Mit Herz und Skalpell

Titel: Mit Herz und Skalpell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Schoening
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niemals wieder passieren«, sagte Linda entschlossen. Gleich darauf schluckte sie kräftig, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Es war die richtige Entscheidung, die einzig mögliche – das wusste sie. Doch es war so unglaublich schwer . . .
    Alexandra drückte aufs Gaspedal. »Genau. Es war ein Ausrutscher«, erklärte sie, aber es schien mehr an sie selbst gewandt als an Linda. Sie zog auf die Überholspur. »Ich würde dir nur wehtun. Für Beziehungen bin ich nicht geschaffen. Du hast etwas Besseres verdient«, murmelte sie, den Blick wieder starr nach vorn gerichtet.
    »Alexandra, das ist doch . . .«
    »Ohnehin bin ich viel zu alt für dich«, sprach Alexandra einfach weiter, als arbeite sie eine Liste ab.
    »Das ist doch Blödsinn. Was sind denn schon zehn Jahre?« Ärger brandete in Linda auf. Bitter fragte sie: »Fallen dir noch ein paar mehr Gründe gegen eine Beziehung ein?«
    »Es hat einfach keinen Sinn«, sagte Alexandra tonlos. »Es hat nichts mit dir zu tun.«
~*~*~*~
    » G uten Morgen.« Alexandra betrat die Station und nickte Linda unverbindlich zu. Ihre Miene zeigte nicht einmal den Anflug eines Lächelns, als sie fragte: »Wollen wir mit der Visite beginnen?«
    Das war es also, das erste Mal, dass sie sich nach dem Kongress in München und der schweigsamen Rückfahrt wiedersahen. Nichts deutete darauf hin, dass Alexandra nach der Ankunft in Köln noch einen Gedanken an den Kuss verschwendet hatte. Ihre Bemerkung, dass ihr der Kuss auch etwas bedeutet hatte – war das nur zu Lindas Besänftigung gedacht gewesen? Vielleicht konnte Alexandra sich tatsächlich so schnell mit den Tatsachen abfinden, ihre Gefühle einfach abschalten wie abends den Fernseher – ein Knopfdruck, und aus . . .
    Linda jedenfalls war von so viel Gelassenheit meilenweit entfernt. Ihr Herz hatte augenblicklich zu rasen begonnen, als Alexandra hereingekommen war. Sie konnte nichts dagegen tun.
    Das gesamte Wochenende hatte Linda damit verbracht, sich diesen Moment des Wiedersehens auszumalen. Was würde passieren? Wie würde Alexandra reagieren, was würde sie sagen? Und nun standen sie sich sprachlos gegenüber. Als seien alle Worte gesagt worden, als gebe es nichts mehr, das sie verband.
    Lindas Magen fühlte sich an wie mit Blei gefüllt.
    Andreas trat zu ihnen. »Morgen«, grüßte er Alexandra. »Von mir aus können wir.« Er schob bereits den Wagen mit den Akten vor sich her. Da er Nachtdienst gehabt hatte, wollte er die Visite offenbar möglichst schnell hinter sich bringen, um nach Hause zu fahren.
    Alexandra gab ihm das Startsignal, und sie versammelten sich vor dem ersten Zimmer.
    Andreas berichtete: »Hier liegt Herr Opaterny. Ein dreißigjähriger Mann mit einer Schädelprellung nach einem Fahrradunfall. Ich habe ihn in der Nacht aufgenommen.«
    »Was ist genau passiert?« Alexandra nahm Andreas die Akte aus der Hand und studierte sie gründlich.
    »Er ist über den Lenker geflogen, als er plötzlich bremsen musste, weil ein Auto ihm die Vorfahrt genommen hat«, erklärte Andreas. »Dabei hat er sich multiple Prellungen zugezogen. Röntgenologisch keine Frakturen. Anschließend hat er außerdem starke Kopfschmerzen und Schwindel angegeben.«
    »War er bewusstlos?«
    Andreas schüttelte den Kopf. »Nein. Er ist neurologisch gesehen worden. Die Neurologin hat nichts gefunden. Ich habe ihn aber zur Überwachung trotzdem aufgenommen.«
    »In Ordnung.« Alexandra öffnete die Zimmertür und stellte sich dem Patienten vor. »Wie geht es Ihnen?«
    »Ganz gut«, erwiderte der junge Mann. »Meine Handgelenke schmerzen noch etwas.«
    Alexandra nickte. »Darf ich einmal Ihren Bauch sehen?«
    Herr Opaterny schob sein T-Shirt hoch. Sofort fiel an seiner linken Flanke ein großer Bluterguss auf. Alexandra drückte sanft darauf. »Tut das weh?«
    Der junge Mann verzog das Gesicht. »Ein wenig.«
    Alexandra wandte sich wieder an Andreas: »Hast du einen Ultraschall vom Bauch gemacht?«
    Andreas runzelte die Stirn. »Nein, da hat er keine Schmerzen angegeben.«
    Alexandra holte tief Luft. Linda wusste genau, was nun kommen würde.
    »Das ist nicht dein Ernst, oder?«, zischte Alexandra leise in Andreas’ Richtung. Ihr Blick verdunkelte sich. An den Patienten gewandt, sagte sie so beherrscht wie möglich: »Sie müssen noch etwas hier bleiben. Wir müssen noch einige Untersuchungen machen.« Doch an Alexandras verkrampften Händen und ihren zurückgezogenen Schultern konnte Linda erkennen, dass sie kurz

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