Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Herz und Skalpell

Mit Herz und Skalpell

Titel: Mit Herz und Skalpell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Schoening
Vom Netzwerk:
die Lippen aufeinander. Natürlich tat sie nichts lieber, als mit Alexandra im OP zu stehen – und dann auch noch bei so einer spannenden Notfalloperation. Einerseits. Andererseits war sie sich deutlich bewusst, dass Brigitte wenig begeistert davon sein würde, plötzlich Lindas Aufgaben aufgedrückt zu bekommen. Das konnte für viel böses Blut in der Abteilung sorgen. Linda hatte ohnehin schon das Gefühl, dass manch einer der Kollegen der Meinung war, sie werde von Alexandra bevorzugt. Und wenn Linda ehrlich zu sich war, dann kamen diese Gedanken auch nicht von ungefähr.
    »Linda?« Die Krankenschwester riss sie aus ihren Überlegungen: »Was machen wir jetzt mit Herrn Opaterny?«
    »Er wird operiert. Jetzt«, gab Linda Alexandras Anordnung weiter. »Wir sollen ihn direkt in den OP bringen.«
    Die Schwester nickte. »Ich bereite alles vor.«
    Linda ging noch einmal zu dem Patienten, um ihm die Entscheidung mitzuteilen. Aber Herr Opaterny schien sie kaum mehr wahrzunehmen.
    Vor der Zimmertür wartete bereits Brigitte, um das Diensttelefon von Linda entgegenzunehmen. An ihrer missbilligenden Miene konnte Linda unschwer ablesen, was sie von Alexandras Entscheidung hielt. »Ich weiß zwar nicht, was du mit Alexandra gemacht hast, aber du scheinst ihr neuer Liebling zu sein«, zischte sie Linda an. Ihre Augen verengten sich. »Pass nur auf, dass du ihr nicht zum Opfer fällst. Du wärst nicht die Erste.« Damit riss sie Linda das Telefon aus der Hand und rauschte davon.
    Linda pustete die Luft aus. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Doch jetzt durfte sie sich darüber keine Gedanken machen – ihrem Patienten ging es sehr schlecht, und sie wusste, dass die Situation lebensbedrohlich war. Jetzt musste sie sich mit allen Sinnen darauf konzentrieren, ihm schnell und effektiv zu helfen.
    Gemeinsam mit der Krankenschwester schob Linda Herrn Opaterny in den OP. Dort wurden sie bereits vom OP-Pflegepersonal und dem Anästhesisten empfangen.
    Kurz darauf lag der Patient in Narkose auf dem Operationstisch, und Linda stand neben Alexandra im Waschraum.
    »Hast du schon einmal bei einer Milzruptur assistiert?«, fragte Alexandra, während sie sich die Hände und Arme ausgiebig desinfizierte.
    Linda schüttelte den Kopf. »Nein, noch nie.« Sie trocknete sich die Hände ab und gab ebenfalls Desinfektionsmittel darauf.
    »Habe ich mir schon gedacht. Es wird sicherlich sehr blutig werden, und wir müssen schnell arbeiten.« Mit knappen Worten erklärte Alexandra noch einige Details, bevor sie den Operationssaal betraten und sich einkleideten.
    »Skalpell«, forderte Alexandra und nahm das Instrument von Karin, der OP-Schwester, entgegen. Sie nickte Linda noch einmal zu. Ihre Blicke trafen sich.
    Für einen kurzen Augenblick stockte Linda. Sobald sie in diese braunen Augen sah, verlor alles andere um sie herum an Bedeutung, wurde unwirklich. Linda konnte sich nicht dagegen wehren, so sehr sie es auch wollte.
    Sie gab sich einen Ruck. Es kostete sie fast übermenschliche Kraft, sich von diesen Augen loszureißen.
    Alexandra setzte das Messer an.
    Linda tupfte das Blut ab, während Alexandra den Hautschnitt vertiefte. Hochkonzentriert öffnete sie den Bauchraum Stück für Stück, sorgfältig, aber mit unglaublicher Geschwindigkeit.
    Dann sah sie zu Linda herüber. »Jetzt kommt gleich der entscheidende Teil. Wir müssen den Bluterguss ausräumen und die Milz entfernen. Du weißt, wie gut durchblutet die Milz ist. Der Patient verliert sehr viel Blut.«
    »Das kann ich bestätigen«, meldete sich der Anästhesist hinter dem Tuch am Kopf des Patienten zu Wort. »Der Blutdruck ist ziemlich im Keller. Es laufen die ersten Blutkonserven.«
    »In Ordnung, wir beeilen uns.«
    Linda war völlig fasziniert von Alexandras geschickten Händen, die mühelos, wie eine schnelle, effiziente Maschine arbeiteten. Sie selbst saugte immer wieder das Blut ab und hielt das Operationsfeld mit den Klemmen frei. Der Blutfluss schien gar nicht enden zu wollen.
    Linda war froh, dass Karin eine erfahrene OP-Schwester war und immer schon im Voraus zu wissen schien, welches Instrument sie als Nächstes benötigten. Alles lief Hand in Hand, reibungslos. Nur so konnten sie das nötige Arbeitstempo durchhalten.
    »Verdammt«, rief der Anästhesist. »Ich schaff es einfach nicht, ihn zu stabilisieren. Der Blutverlust ist zu groß.«
    Wie auf Kommando begann es hinter dem Tuch hektisch zu piepen.
    Linda merkte, wie ihre Finger feucht wurden. Herr Opaterny war

Weitere Kostenlose Bücher