Mit Herz und Skalpell
niemals Ruhe finden.«
»Welche Chance?«, gab Janne scharf zurück.
Doch Linda ließ sich nicht beirren. »Ich bin Alexandra nicht egal. Sie empfindet etwas für mich, auch wenn sie es im Augenblick nicht zugeben möchte.« Das Klopfen in ihrer Brust wurde heftiger. »Sie hat mir zu verstehen gegeben, dass der Kuss auch ihr etwas bedeutet hat, aber sie ihre Gründe hat, warum sie gerade keine Beziehung möchte. Aber diese Umstände kann man ändern.«
Eine Weile musterte Janne sie schweigend. Dann sagte sie: »Süße, du bist meine beste Freundin. Ich werde dich bei allem unterstützen, was du machst. Wenn du meinst, das ist das Richtige . . .«
In diesem Moment trat Frederike mit drei Gläsern bewaffnet wieder an den Tisch. »Oh, störe ich?«
»Nein, setz dich bitte.« Endlich gelang es Linda, Frederike ein Lächeln zu schenken. Mit einem Mal fühlte sie sich leicht und hoffnungsfroh: Sie würde um ihre Liebe kämpfen – sie hatte eine Chance, Alexandras Herz zu gewinnen. Entschlossen griff sie nach einem Schnapsglas. »Auf die Zukunft.«
Frederike stimmte ein, auch wenn ihrem Gesichtsausdruck anzusehen war, dass sie sich Lindas plötzlichen Sinneswandel nicht erklären konnte.
Es wurde nun doch noch ein unbeschwerter Abend, an dessen Ende Frederike wusste, dass es keine Fortsetzung geben würde. Sie nahm Linda zum Abschied in den Arm. »Wir sehen uns nicht wieder, oder?« Es klang mehr wie eine Feststellung als wie eine Frage.
Linda schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich nicht. Ich bin einfach nicht frei für dich im Moment. Es wäre dir gegenüber unfair.«
Frederike hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Wange. »Sag Bescheid, falls du deine Meinung irgendwann änderst. Ich würde dich gern näher kennenlernen.«
»Das werde ich. Versprochen.« Linda lächelte ihr noch einmal zu. Dann hakte sie sich bei Janne unter und machte sich gemeinsam mit ihrer besten Freundin auf den Nachhauseweg.
Letztlich war der Abend doch noch gelungen, wenn auch auf eine ganz andere Art und Weise als erwartet.
~*~*~*~
» B ist du so weit?«
Alexandra hatte das Klopfen an ihrer Bürotür gar nicht wahrgenommen, so vertieft war sie in ihre Arbeit gewesen. Umso überraschter war sie, als nun Lennard mitten in ihrem Zimmer stand, seine Sporttasche geschultert.
»Einen Moment noch«, sagte sie, ohne ihm mehr als einen kurzen Blick zu gönnen. »Nimm doch so lange Platz.« Ihre Finger flogen über die Tastatur.
Lennard hielt ihr seinen linken Arm entgegen und tippte mit dem rechten Zeigefinger auf das Glas seiner Armbanduhr. »Du hast längst Feierabend! Schalte den verdammten PC aus.« Er machte keine Anstalten, sich hinzusetzen. »Außerdem bin ich schon eine Viertelstunde zu spät, du solltest eigentlich längst fertig sein.«
Es stimmte. Sie war mit Lennard um sieben zum Sport verabredet gewesen, und nun war es bereits Viertel nach. Sie fuhr den Computer herunter. Die Arbeit lief nicht davon. Aber es fiel ihr einfach schwer, nicht alles sofort zu erledigen.
»Morgen ist auch noch ein Tag«, sagte Lennard, als habe er ihre Gedanken gelesen. Er grinste: »Du solltest dich lieber mal ein wenig mehr auf dein Privatleben konzentrieren, als immer nur zu arbeiten.«
»Welches Privatleben?« Alexandra hob eine Augenbraue.
»Eben. Das meine ich ja.« Lennards Grinsen wurde noch breiter. »Ein wenig Sport ist jedenfalls schon mal ein Anfang.«
»Willst du sagen, ich bin untrainiert?«, schoss Alexandra zurück. Sie griff nach ihrer Sporttasche, die unter dem Schreibtisch stand.
Lennard verdrehte die Augen. »Das habe ich natürlich nicht gemeint, das weißt du genau. Ich kenne keine Frau, die so definierte Muskeln hat und so stark ist wie du. Jedenfalls keine, die nicht beruflich Bodybuilderin ist.«
Damit gelang es ihm tatsächlich, Alexandra ein Lachen zu entlocken. »Na gut«, sagte sie. »Wir können los, du alter Charmeur.«
In Shorts, weißem Shirt und ihren Turnschuhen stand sie wenig später auf dem Laufband. Sie startete mit einem gemächlichen Tempo, aber schon bald steigerte sie unablässig die Geschwindigkeit. Lennard, der neben ihr trainierte, versuchte vergeblich mitzuhalten. Doch sie beachtete ihn kaum.
Privatleben.
Das Wort hallte in ihrem Kopf wider. Hatte sie überhaupt so etwas wie ein Privatleben? Gab es noch etwas anderes in ihrem Leben als die Arbeit?
So lange Alexandra zurückdenken konnte, war sie immer fleißig und ehrgeizig gewesen. Klassenbeste, das beste Abitur, Studium in Rekordzeit
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