Mit Herz und Skalpell
auf den Weg ins Wohnzimmer. Wie gewohnt saß ihr Vater mit einer Zeitung in seinem Sessel, während ihre Mutter den Abendbrottisch deckte.
»Kann ich dir etwas helfen?«, fragte Linda.
»Wenn du möchtest, kannst du Käse und Aufschnitt aus dem Kühlschrank holen.« Ihre Mutter verteilte Teller und Besteck.
Linda nickte und verschwand in der Küche. Schon beim ersten Blick hinter die Kühlschranktür entdeckte sie ihre Lieblingswurst. Linda musste lächeln. Ihre Mutter war manchmal doch fürsorglicher, als sie zugeben würde.
Kurz darauf war das Abendbrot angerichtet.
»Richard, wir können essen!«, rief Lindas Mutter ihrem Mann eine Extraeinladung hinüber. Er legte die Zeitung beiseite und setzte sich zu seiner Familie an den Esstisch. Sofort griff er nach einem Brötchen. »Und, Linda, wie läuft es auf der Arbeit?«
Linda seufzte in sich hinein. Es war so klar, dass das das Erste war, was ihren Vater interessierte. »Sehr gut«, erwiderte sie knapp.
Großzügig verteilte Lindas Vater Butter auf eine Brötchenhälfte. »Lernst du denn wenigstens etwas?«
»Jede Menge. Alexandra bringt mir ganz viel bei, und ich darf ihr oft assistieren.«
»Die Kirchhoff?«, fragte Richard in abfälligem Tonfall.
Linda musste sich zusammenreißen, um ihren Vater nicht anzuherrschen. Dass er so abwertend von Alexandra redete, machte sie fast wahnsinnig. Wenn er wüsste, was sie ihr bedeutete, würde er vermutlich ausrasten . . . »Alexandra ist eine tolle Oberärztin«, erklärte sie gepresst.
Zorn spiegelte sich in den Augen ihres Vaters. »Pass auf, dass sie dir nichts antut.«
Linda seufzte nun hörbar. Es war müßig, mit ihrem Vater über Alexandra zu diskutieren. »Sei nicht albern«, sagte sie müde. »Was soll sie mir denn deiner Meinung nach antun?«
»Diese Frau ist zu allem fähig.« Richard starrte auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne, während sich eine tiefe Falte in seine Stirn grub.
Linda schüttelte den Kopf. »So ein Unsinn.« Ihr Vater musste von allen guten Geistern verlassen sein. Vielleicht fasste Alexandra andere Menschen nicht gerade mit Samthandschuhen an – aber ihr etwas antun? Das würde Alexandra niemals, da war Linda sich sicher. Auch wenn sie manchmal Alexandras Gefühle für sie nicht einschätzen konnte, spürte sie doch, dass sie Alexandra einiges bedeutete. Genug, dass sie sie nicht verletzen würde.
Doch ihr Vater blieb bei seiner Einschätzung. »Täusch dich nicht in ihr«, sagte er eisig.
Konnte es sein? War es tatsächlich Linda, die sich täuschte? War sie in dieser Hinsicht mal wieder zu naiv? Aber warum sollte Alexandra so etwas machen? Linda kämpfte die aufkommenden Zweifel nieder. »Ich kenne sie gut genug«, sagte sie mit fester Stimme.
Nun war es ihr Vater, der den Kopf schüttelte. »Kennen? Diese Frau ist skrupellos und eine perfekte Schauspielerin. Sie wiegelt dich doch absichtlich gegen mich auf.«
Langsam wurde es Linda zu bunt. Genervt ließ sie ihr Messer sinken. »Und warum, bitte, sollte sie das tun?«
»Sie hat ihre Gründe.«
»Sie hat nichts gegen dich.«
Richard lachte trocken. »Wenn du wüsstest. Sie würde alles dafür tun, mir zu schaden.« Sein Blick wurde eiskalt. »Mich zu zerstören.«
Das waren harte Worte – selbst für ihren Vater, der mit Kritik selten zimperlich war. »Warum sollte sie dich zerstören wollen? Wie kommst du nur auf so etwas?«, fragte Linda verständnislos. Sicher, Alexandra hatte nicht viele nette Worte für ihren Vater übrig gehabt, auch wenn Linda nicht verstand, warum das so war. Doch letztlich war ihr Vater kein großes Thema zwischen ihnen gewesen.
»Sie hasst mich. Und sie will mir schaden.« Lindas Vater redete sich zunehmend in Rage. »Dafür würde sie über Leichen gehen. Und sie wird wissen, wie viel du mir bedeutest. Du bist das perfekte Opfer.«
Linda betrachtete ihn prüfend. Es musste doch möglich sein, ihn zu etwas konkreteren Informationen zu bewegen. »Ich verstehe nicht, was du gegen sie hast«, versuchte sie es noch einmal. Was war vorgefallen zwischen den beiden, das seine Feindseligkeit erklärte?
Doch die Antwort ihres Vaters blieb abermals rätselhaft: »Jede Menge.«
Ein ungutes Gefühl kroch in Linda hoch, sie konnte sich nicht dagegen wehren. Konnte es tatsächlich sein, dass sie nur Alexandras Spielball war – dass Alexandras eigentliches Ziel darin bestand, Lindas Vater zu schaden, warum auch immer? Verhielt sie sich deshalb manchmal so komisch?
»Also«, ergriff
Weitere Kostenlose Bücher