Mit jedem Herzschlag (German Edition)
die Blutung zu stoppen“, forderte sie ihn auf. „Du hast doch eine Schussverletzung am Bein, oder?“
Felipe nickte, berührt von ihrer Sorge um ihn. „Ja. Danke.“ Trotzdem sah sie ihn immer noch nicht direkt an, und er war nicht bereit, ihr Handgelenk loszulassen, um sich zu verbinden.
„Ich laufe nicht weg“, sagte Carrie.
Felipe lachte nur.
Frustriert nahm sie ihm den zerrissenen Stoff wieder ab und verband die tiefe Wunde an seinem Oberschenkel selbst. Sie faltete einen Teil des Ärmels so zusammen, dass sie einen Druckverband anlegen konnte. Verdammt, tat das weh. Er musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht aufzuschreien. Vermutlich hatte er aber doch einen Laut von sich gegeben, denn sie schaute zu ihm hoch.
„Tut mir leid“, flüsterte sie.
Es tat ihr wirklich leid. Sie versorgte seine Wunde mit ebenso viel Mitgefühl, wie sie es einer verletzten Seekuh hätte angedeihen lassen. Oder einem verletzten Hai. Oh ja, Felipe konnte sich durchaus vorstellen, dass ihr Mitgefühl sie dazu bringen konnte, einem verwundeten Hai zu helfen – ohne an seine scharfen tödlichen Zähne zu denken.
Sie ging zwar ganz sachte vor, aber in seinem Bein war ein Loch, in dem eine Kugel steckte. Und das tat weh. Höllisch weh.
Wenn ihr der plötzliche Schweiß auf seiner Stirn aufgefallen war, erwähnte sie es zumindest nicht. „Ich wurde noch nie angeschossen“, sagte sie, während sie ihm den Verband anlegte, „aber mein Bruder hat das schon mal erlebt. Bei einem Jagdunfall. Er hatte eigentlich nur eine Schramme, aber meine anderen Brüder mussten ihn auf einer Bahre aus den Bergen ins Tal tragen.“
Brüder. Blitzartig fiel Felipe ein, wo sie sich verstecken konnten. Bei seinem Bruder. Natürlich. Er hatte jeden Kontakt zu Raphael abgebrochen. Niemand bei der Polizei – nicht einmal Jim Keegan – wusste, dass er überhaupt einen älteren Bruder hatte. Selbst Richter würde ihn nicht dort aufspüren können.
Das Schlimmste war nun vorbei. Aus einem heftigen Stechen und Brennen wurde ein dumpfer, klopfender Schmerz. Felipe entspannte bewusst seine Züge und schaffte es sogar, Caroline anzulächeln. „Tja, meine Brüder sind gerade nicht hier“, gab er zurück. „Also muss ich mich selbst tragen.“
„Du gehörst ins Krankenhaus“, stellte sie fest. „Ich konnte mir deine Wunde nicht richtig ansehen. Das Licht ist viel zu schwach dafür. Ich habe keine Ahnung, ob die Kugel noch in deinem Bein steckt. Falls es so ist, riskierst du eine gefährliche Infektion. Und falls nicht, muss die Wunde trotzdem wenigstens genäht werden.“
„Kein Arzt darf eine Schussverletzung behandeln, ohne sieder Polizei zu melden“, erwiderte Felipe. „Ich kann noch nicht ins Krankenhaus. Erst muss ich wissen, ob das für uns beide sicher ist.“
„Bitte“, flehte sie ihn an, „stell dich einfach. Du bist doch eindeutig ein rechtschaffener Mann …“
„Ich freue mich wirklich, dass du das begriffen hast“, unterbrach Felipe sie mit ironischem Lachen.
„Ich komme mit. Ich sorge dafür, dass dir niemand etwas tut. Ich helfe dir, einen Rechtsanwalt zu finden …“
„Caroline, ich bin Polizist. Ich brauche keinen Anwalt.“
„Wenn du mich jetzt laufen lässt“, fuhr Carrie fort, ohne auf seine Worte einzugehen, „werde ich dafür sorgen, dass keine Anklage wegen Entführung gegen dich erhoben wird.“
„Ich bin Polizist, Bulle, ein Detective“, wiederholte er. „Niemand wird mich wegen einer Entführung anklagen. Ich wünschte, du würdest mir glauben.“
„Wenn du ein Polizist bist, dann lass uns zur Polizei gehen“, bat sie ihn eindringlich. „Jetzt gleich. Lass uns in den Wagen steigen und losfahren …“
„Das kann ich nicht.“
Sie stand auf. „Weil du kein Polizist bist.“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, sondern weil wir es hier mit organisiertem Verbrechen zu tun haben. Das Syndikat hat jemanden von ganz oben gekauft. Keiner von uns würde auch nur einen Tag überleben, wenn man uns in Schutzhaft nähme. Richter würde über jeden unserer Schritte informiert werden und würde uns einen Profikiller auf den Hals schicken. Und Gott allein weiß, wie viele gute Männer und Frauen bei dem Versuch, uns zu schützen, ums Leben kämen.“
Caroline kaufte es ihm nicht ab, das konnte er ihrem Gesichtsausdruck ansehen. „Was für eine praktische Ausrede.“
„Ich sage die Wahrheit.“
Sie lachte nur. „Bist du sicher, dass du überhaupt noch weißt, was die Wahrheit ist? Oder wechselst
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