Mit jedem Herzschlag (German Edition)
helfen“, sagte er, obwohl sie Diego ja gar nicht kannte.
Diego konnte ihm nicht helfen, aber vielleicht konnte es Raphael.
Es wurde Zeit für ein Familientreffen.
5. KAPITEL
S ie nahmen beide im selben Moment die Sirenen in der Ferne wahr.
Aber statt den Wagen zu starten, wie Carrie es erwartet hätte, öffnete Felipe die Tür.
„Du trägst Sandalen, keine Absatzschuhe, richtig?“, fragte er und schaute an ihren Beinen hinab auf ihre Füße. „Gut“, fügte er hinzu, ohne ihre Antwort abzuwarten. „Komm mit.“
Er hielt immer noch ihr Handgelenk fest und zog sie sanft aus dem Auto.
„Wohin gehen wir?“, wollte sie wissen.
„Die Polizei sucht nach diesem Auto“, antwortete er und führte sie über den Parkplatz zu einer Baumgruppe, durch deren Zweige die Lichter einer Vorstadtstraße schimmerten. „Zu Fuß sind wir sicherer.“
„Die Polizei? Ich dachte, du bist bei der Polizei?“
„Richtig.“
„Und warum wird dann nach diesem Auto gefahndet? Und nach dir vermutlich auch?“
„Weil die Polizei nicht weiß, dass ich einer der Guten bin und dass einer der Bösen in der Verwaltung sitzt.“
Seine Haare hatten sich aus dem Pferdeschwanz gelöst und fielen in dunklen Locken auf die Schultern seines schneeweißen Smokinghemdes. Die Fliege hatte er abgelegt, und die obersten Knöpfe des Hemdes standen offen. Außerdem beeinträchtigten die Blutflecken seine gepflegte Erscheinung. Dennoch sah er immer noch erschreckend gut aus – trotz der Schmerzen, die sich auf seinem Gesicht zeigten.
Seine Augen waren dunkel wie die Nacht um sie herum und wirkten genauso geheimnisvoll. Wenn sie ihre Skepsis außer Acht lassen könnte, würde es ihr leichtfallen, in ihm einen der Guten zu sehen. In einer vollkommeneren Welt hätte kein Verbrecher so freundliche warme Augen haben können. Wenn Carrie ihn zu lang anschaute, hatte sie das Gefühl, ineinen Strudel gesogen zu werden – darin herumgewirbelt und schließlich davon gefangen und verschluckt zu werden.
Sie sah weg, und aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, dass er über ihre Verwirrung lächelte.
„Du bist wirklich fest entschlossen, nichts Liebenswertes an mir zu finden, richtig?“, fragte er, während er sie in den Schutz der Bäume führte. „Pass auf, wohin du trittst.“
Es war dunkel zwischen den Bäumen. Die Parkplatzbeleuchtung reichte nicht bis hierher. Der Boden war nass. Schlamm quoll über die Sohlen von Carries Sandalen und zwischen ihre Zehen.
Mittlerweile hielt er nicht mehr ihr Handgelenk fest, sondern ihre Hand. Ihre Finger waren ineinander verschlungen, so als wären sie Liebende und nicht Entführer und Geisel.
In der Dunkelheit konnte sie sein Gesicht nicht sehen, dafür hörte sie seinen keuchenden Atem. Er stolperte. Sein Griff wurde fester, und sie bemerkte, wie er scharf die Luft einzog. Keine Frage, er hatte starke Schmerzen.
Doch als er sprach, war seiner Stimme nichts anzumerken. „Ich kann dich nicht gehen lassen, Caroline. Es tut mir leid.“
„Dann können wir keine Freunde sein.“
„Zu schade“, murmelte er.
Ja, seltsamerweise war sie da seiner Meinung.
Die Sirenen klangen inzwischen sehr viel lauter, und trotz seiner Verletzung wurde Felipe schneller. Zusammen rannten und schlitterten sie die Böschung hinab zur Straße.
Eine schwache Straßenlaterne beleuchtete eine Reihe schäbiger Häuser. Hinter den meisten Fensterscheiben flackerte das bläuliche Licht von Fernsehern. In einem der Häuser war der Ton viel zu laut aufgedreht. Gelächter aus der Konserve hallte zwischen den am Straßenrand geparkten Autos wider. Etwas weiter weg bellte ein Hund, ansonsten rührte sich nichts.
Hier im Dunkeln versuchte Felipe nicht länger, sein Humpeln zu verbergen. Dennoch bewegte er sich recht schnell an den abgestellten Autos entlang.
„Wonach suchst du?“, wollte Carrie wissen.
Er drehte sich zu ihr um und legte einen Finger an die Lippen: „Schhh.“ Dann beugte er sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: „Wir brauchen ein Transportmittel. Ich fürchte, ich kann nicht nach St. Simone zurücklaufen.“
Sie zuckte zurück und starrte ihn an. „Du willst ein Auto stehlen?“
„Schhh. Nicht stehlen. Ausleihen.“
Carrie nickte. „Klar. Erklär das dem Eigentümer des Wagens.“
Felipe strich sich mit einer Hand übers Gesicht. „Wenn ich eine andere Wahl hätte, würde ich das nicht tun. Aber ich glaube, dass ein Leben – dein Leben – mehr wert ist als ein alter Subaru. Du nicht?“
Er zog an ihrem
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