Mit jedem Herzschlag (German Edition)
lagen die Zeitungen der letzten Tage, ebenfalls ordentlich gestapelt.
Die andere Ecke nahm eine behelfsmäßige Kochnische ein: ein winziges Spülbecken, eine ebenfalls winzige Arbeitsplatte,ein kleiner Esstisch, zwei billige Küchenstühle. Auf dem Tisch standen eine Warmhalteplatte und eine Zuckerdose aus Kunststoff, unter dem Tisch ein kleiner Kühlschrank.
Es gab nur ein Fenster, und das war von außen und innen vergittert.
Felipe verschloss die Tür hinter dem Mann mit dem Bugs-Bunny- T-Shirt, den Rafe Highboy genannt hatte. Dann humpelte er zum Fenster und ließ die Jalousie herunter.
„Siehst du? Es gibt ihn, meinen Bruder Rafe“, sagte er zu Carrie. „Besteht jetzt die Aussicht darauf, dass du mir allmählich glaubst, was ich dir über Walsh und Richter erzählt habe?“
Carrie konnte sich selbst im Spiegel über der Kommode sehen. Ihre Haare waren zerzaust und strähnig. Blut – Felipes Blut – war auf ihrer Wange verschmiert. Fing sie an, ihm zu glauben? Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte.
Felipe setzte sich auf einen der Küchenstühle. Statt auf ihre Antwort zu warten, schlug er vor: „Wie wär’s mit einer Dusche? Danach geht es dir bestimmt besser. Das macht den Kopf frei.“
„Wir müssen … Du musst die Wunde an deinem Bein säubern“, widersprach Carrie. „Du solltest zuerst duschen.“
Wärme lag in seinem Blick, als er zu ihr aufschaute. „Danke.“ Dann musterte er sein notdürftig verbundenes Bein und verzog das Gesicht. „Ich werde eine Weile brauchen, um mich auszuziehen. Also dusch ruhig zuerst. Verbrauch nur bitte nicht das ganze heiße Wasser, okay?“
Er begann, die Perlmuttknöpfe seines Smokinghemdes zu öffnen, und Carrie wandte sich ab. Zu duschen schien ihr plötzlich eine wirklich gute Idee – zumal die Alternative darin bestand, stehen zu bleiben und Felipe dabei zuzusehen, wie er sich bis auf die Unterwäsche entkleidete. Oder vollständig.
Rasch verschwand Carrie im Bad.
Es war so spartanisch eingerichtet wie der Wohnbereich. Der weiß geflieste Boden war picobello sauber. Das Waschbecken, die Wanne und die Toilette glänzten. Der Duschvorhangwirkte ziemlich neu. Er bestand aus durchsichtigem Kunststoff, der noch nicht milchig war und keinerlei Stockflecken aufwies. Auch in diesem Raum fand sich nichts Persönliches, bis auf eine Ausgabe eines Mountainbike-Magazins auf dem Spülkasten der Toilette. In einem kleinen Wandregal lag ein ordentlicher Stapel sauberer weißer Handtücher.
Kein Fenster, durch das sie hätte nach draußen klettern und entkommen können.
Carrie war sich nicht ganz sicher, ob sie darüber enttäuscht oder erleichtert sein sollte. Denn Tatsache war, dass Rafes Reaktion auf den Namen Tommy Walsh sie zum Nachdenken gebracht hatte. Vielleicht stimmte Felipes Geschichte ja wirklich.
Herr im Himmel, vielleicht war Felipe wirklich Polizist.
Carrie verschloss die Tür und entledigte sich rasch ihrer Kleidung.
Die Dusche tat gut, und sie wusch sich die Haare mit Rafes billigem Shampoo. Währenddessen dachte sie darüber nach, ob Felipe Salazar ihr möglicherweise doch die Wahrheit gesagt hatte.
Wenn dem so war, dann hatte er ihr heute Abend mehr als einmal das Leben gerettet. Und sie hatte ihm nicht mal dafür gedankt.
Sie trat aus der Dusche und trocknete sich ab. Der Gedanke, das blutbefleckte Kleid wieder anzuziehen, gefiel ihr nicht. Allerdings blieb ihr gar nichts anderes übrig.
Da sie keinen Kamm hatte, glättete sie ihr Haar mit den Fingern, so gut es eben ging. Danach legte sie die Hand auf die Türklinke, atmete tief durch und öffnete langsam die Tür. Sie spähte vorsichtig um die Ecke, um zu sehen, ob Felipe noch auf seinem Platz in der Ecke saß.
Das tat er nicht. Er stand mit dem Rücken zu ihr vor der winzigen Küchenspüle. Bis auf ein Paar teuer aussehender Seiden-Boxershorts in dunkelblau-grünem Paisleymuster und einem weißen Unterhemd, das sich leuchtend von seiner dunkel gebräunten Haut abhob, hatte er sich ausgezogen. So trug er zwarimmer noch mehr, als wenn sie ihm am Strand begegnet wäre. Doch was er da trug, war Unterwäsche, und Carrie fühlte sich unbehaglich. Wahrscheinlich lag das daran, dass sie davon geträumt hatte, ihn mit noch weniger bekleidet zu sehen …
Sein Körper war so schlank und durchtrainiert, wie sie sich das vorgestellt hatte. Geschmeidig bewegten sich die Muskeln seiner Schultern und Arme unter der Haut, während er sich auf der Arbeitsplatte abstützte. Das Wasser lief,
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