Mit jedem Herzschlag (German Edition)
Sofort und auf der Stelle. Er konnte aufstehen, die paar Meter über den Flur gehen und ihr Schlafzimmer betreten, die Badezimmertür aufstoßen. Und sie würde im Kerzenlicht zu ihm hochschauen, die riesigen blaugrünen Augen überrascht geweitet.
Er trat näher und sah ihren wunderschönen Körper an, der im klaren warmen Badewasser lag. Dann setzte sie sich auf. Das Wasser perlte von ihr ab, ihre kleinen festen Brüste lockten wie exotische Früchte und machten ihm den Mund wässrig.
Bitte, sagte er.
Mehr würde es nicht brauchen, und schon würde sie ihm die Arme entgegenstrecken. Er würde seine Shorts abstreifen und zu ihr in die Wanne steigen …
Jetzt öffnete Felipe die Augen. Nein, das nicht. Die Wundnahtdurfte nicht nass werden. Schnell zu duschen konnte er sich vielleicht leisten, aber ein langes Wannenbad auf keinen Fall.
Die Fantasie war mit ihm durchgegangen, und er musste lächeln. Wie konnte er sich nur ausmalen, dass sie die Arme nach ihm ausstreckte und ihn an sich zog? Auf keinen Fall würde sie die Initiative ergreifen, um mit ihm zu schlafen. Schließlich hatte sie ihm klipp und klar erklärt, dass sie keine sexuelle Beziehung zu ihm wollte.
Klar, er könnte sie verführen. Dessen war er sich sicher: Er hatte es an diesem Abend in ihren Augen gelesen. Es war klar, die Atmosphäre zwischen ihnen war spannungsgeladen. Er könnte Carrie küssen und dadurch die Funken zwischen ihnen zünden. Die ohrenbetäubende Explosion würde ihren Protest übertönen. Noch ein Kuss, und dieser Protest würde endgültig verstummen. Es würde nicht lang dauern, und sie würde ihm dabei helfen, sie auszuziehen. Danach würde sie ihn ausziehen – und alle Zurückhaltung fahren lassen.
Jedenfalls vorübergehend.
Und genau das war der Grund, warum er nicht aufstand und in ihr Schlafzimmer hinüberging. Erneut musste er lächeln. Caroline hatte ihn ausdrücklich gebeten, sie in Ruhe zu lassen. Sie hatte Nein gesagt. Sehr deutlich und direkt, auch wenn er die Frage nicht ausgesprochen hatte. Sie hatte Nein gesagt zu seinem fragenden Blick, den sie bemerkt haben musste. Nein. Und nein bedeutete nun mal nicht „vielleicht“. Nein bedeutete nicht: Versuch es später noch mal, wenn ich verwundbarer bin. Nein hieß nein.
Im Nebenzimmer, gleich hinter der Wand, hörte er leises Plätschern. Danach dröhnte es in den Rohren kurz auf, als der Wasserhahn ein weiteres Mal aufgedreht wurde. Caroline ließ heißes Wasser nachlaufen. Zu dumm. Felipe fielen mindestens ein Dutzend Möglichkeiten ein, sie zu wärmen. Schlaflos wälzte er sich im Bett hin und her, suchte vergeblich nach einer bequemen Lage.
Er konnte es ihr nicht verübeln, dass sie ihn nicht an sich heranlassen wollte. Bis vor wenigen Stunden hatte sie ihn noch für einen Verbrecher gehalten, für einen Bandenchef namens Carlos, der sich mit üblen Kumpanen herumtrieb. Schließlich hatte sie ihm endlich abgenommen, dass er derjenige war, als der er sich ausgab. Und genau in dem Moment hatte sie herausgefunden, dass er wegen Mordes gesucht wurde. Nein, er konnte es ihr wirklich nicht verübeln.
Um ehrlich zu sein, wunderte es Felipe, dass sie mit hierhergekommen war. Er war dankbar und erleichtert, dass sie es getan hatte. Denn als er sich die Fernsehnachrichten angesehen und dabei ihr Gesicht beobachtet hatte, war er sicher gewesen, dass sie ihm nie wieder vertrauen würde. Und wenn er sie nicht dazu überredet hätte, nach Montana zu fahren, wäre ihm keine andere Möglichkeit geblieben: Dann hätte er sie zu seiner Gefangenen, seiner Geisel machen müssen – genau wie sie befürchtet hatte. Und das wäre eine Sauerei gewesen. Aber er konnte sie eben unter keinen Umständen schutzlos herumlaufen lassen. Unter keinen Umständen konnte er zulassen, dass Tommy Walsh sie umbrachte. Niemals. Niemals.
Ein wildes Chaos intensiver Gefühle überwältigte ihn. Unwillkürlich verkrampften sich seine Hände in der Bettdecke. Er hielt sich daran fest, als wäre die Decke ein Seil, das ihn vor dem Sturz in einen schrecklichen Abgrund bewahrte. Großer Gott, was war nur los mit ihm?
Er versuchte sich einzureden, dass es ihm mit jeder anderen Frau ebenso ergehen würde. Mit jedem Menschen, der in Gefahr geriet, umgebracht und zur Zielscheibe für Tommy Walsh zu werden.
Aber das stimmte nicht.
Caroline Brooks war etwas Besonderes. Wenn sie starb, würde er nicht nur um ein Menschenleben trauern. Er würde um seiner selbst willen trauern, es wäre ein persönlicher
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