Mit jedem Herzschlag (German Edition)
Blut zum Kochen brachte.
Über ihren Köpfen klingelte das Telefon.
Schritte bewegten sich rasch in Richtung Küche.
In der absoluten Finsternis des Kriechkellers lauschte Felipe angespannt.
„Hallo?“, meldete sich kaum hörbar eine Stimme. „Wer ist da, bitte?“
Weiblich, dem Akzent nach aus den Südstaaten, ungefähr zwischen dreißig und sechzig Jahre alt. Nicht Tommy Walsh. Niemand Bedrohliches.
„Nein, tut mir leid“, fuhr die Stimme fort. „Die Marshalls sind zurzeit nicht hier. Sie kommen erst im Februar. Wenn Sie möchten, kann ich ihnen etwas ausrichten lassen und ihre Tochter anrufen. Sie und ihr Mann sind immer wieder mal hier.“ Eine kurze Pause, dann ein leises Lachen. „Nein, nein, ich bin die Nachbarin. Ich bin bloß hier, um die Pflanzen zu gießen.“ Wieder ein Lachen. „Ja, genau, so ist es. Auf Wiederhören.“
Felipe ließ die Waffe sinken. Schlagartig wurde ihm bewusst, wie sehr sein Arm schmerzte. Zu lange hatte er damit krampfhaft auf die Falltür gezielt. Er atmete ein paarmal durch und bewegte den Kopf, um die Verspannungen in seinem Nacken zu lösen.
Caroline dagegen zitterte immer noch.
„Hey“, sagte er leise, sicherte seine Waffe und legte sie weg. Danach schlang er auch den anderen Arm um Carrie und drückte sie an sich. Vielleicht hatte sie in ihrer Angst nicht mitbekommen, was am Telefon gesagt worden war. Vielleicht hatte sie nicht begriffen. „Es ist alles in Ordnung“, versicherte er ihr. „Wir sind hier in Sicherheit. Wir sind nicht in Gefahr. Selbst wenn sie die ungemachten Betten sieht oder gar die Polizei ruft, haben wir Zeit genug, um uns aus dem Staub zu machen.“
Carrie holte tief Luft und ließ sie langsam durch den Mund entweichen. Selbst das half jedoch nicht gegen das Zittern. „Esist so dunkel“, flüsterte sie. „Ich kann nichts sehen.“
„Aber das ist gut so“, meinte Felipe beruhigend. „Wenn wir nichts sehen, kann uns auch niemand sehen, richtig?“
„Nein.“ Ihre Stimme klang erstickt, unnatürlich, und sie atmete immer noch keuchend. Großer Gott, weinte sie etwa? Felipe tastete nach ihrem Gesicht und spürte die Feuchtigkeit an seinen Fingern. Sie weinte. Sie weinte tatsächlich. Ihm zerriss es fast das Herz.
„Caroline“, flüsterte er, und vor Sorge versagte beinah seine Stimme. „ Querida , mein Gott, bist du verletzt? Was ist denn los?“
„Es geht mir gut“, gab sie zurück. Es klang allerdings eher so, als wollte sie sich selbst ebenso davon überzeugen wie ihn. „Es ist alles in Ordnung. Ich leide an Klaustrophobie, aber sonst geht es mir gut.“
Klaustrophobie?
Himmel, für einen Klaustrophobiker mussten die letzten zehn Minuten der absolute Albtraum gewesen sein, die Hölle schlechthin. Und sie steckte immer noch mitten darin. Zusammengekauert in der Enge dieses winzigen, lichtlosen Kriechkellers …
„Mein Gott“, entfuhr es ihm. Er merkte kaum, dass er laut sprach. „Mein Gott …“
„Pssst.“ Sie wollte ihn zum Schweigen bringen, wandte sich ihm zu, versuchte ihn zu trösten. „Es ist schon gut. Es geht mir gut. Es ist alles in Ordnung. Du bist ja bei mir. Ich bin nicht allein. Wirklich, es ist gar nicht so schlimm.“
Nicht so schlimm? Sie zitterte immer noch. Ihr Herz raste, und auch jetzt flossen ihr Tränen über die Wangen und tropften auf seinen Hals.
Und – oh Gott, gib mir Kraft! Im Sea Circus hatte er sie im Kofferraum ihres Wagens eingesperrt. Er hatte sie in den engen, stickigen Kofferraum ihres kleinen Sportwagens eingesperrt, ganz allein!
Felipe wurde plötzlich übel. Sein Magen drehte sich fast um,und Tränen brannten in seinen Augen. Zwei Stunden. Sie hatte ihm erzählt, sie hätte zwei Stunden in dem Kofferraum gelegen! Er wusste, dass Notrufe häufig gefährlich stiefmütterlich abgearbeitet wurden. Zwei Stunden! Was er ihr angetan hatte, kam einer Folter gleich.
„Oh, Caroline“, murmelte er erstickt und drückte sie an sich. „Es tut mir so leid.“
Schon seit einer Weile war von oben nichts mehr zu hören, und jetzt wurde draußen ein Auto angelassen. Die Nachbarin fuhr weg.
Er tastete im Dunkeln nach seiner Waffe, nahm sie an sich und rutschte zur Falltür hinüber. Dabei achtete er darauf, den Körperkontakt zu Caroline nicht zu unterbrechen, denn augenscheinlich half ihr dieser offensichtliche Beweis seiner Nähe.
Als er sich genau darunter befand, drückte er die Falltür auf. Mit einem Mal fiel Licht auf sie – freundliches, goldenes Licht.
Caroline
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