Mit Jockl nach Santiago
noch letzte Sonnenstrahlen, bevor die nächste Wolkenfront dem Abend entgegenwandert. Schafsgeblöke, Zikadengezirpe und fernes Gewittergrummeln erübrigen praktischerweise die Inbetriebnahme unseres Weltempfängers. Später löst Regengeprassel die akustische Berieselung ab.
Der frühe Morgen tröpfelt noch recht kühl auf uns herab, und ein unwirsches Lüftchen macht ihn nicht gerade angenehmer. Erst im Laufe des Vormittags stellt sich Schönwetter ein, das sich bis zum Nachmittag zu Elendshitze auswächst.
Auf der C116 nach Almazán liegt einige Kilometer nach unserem Start ein toter Rehbock am Straßenrand; trotz einiger Wälder in der Umgebung ein unerwarteter Anblick. Kreuzte bei uns zu Hause ein Gnu die Fahrbahn, würde mich dies nicht mehr überraschen. Wenige hundert Meter davon stoppt uns ein Vertreter der »Guardia Civil«. Oje, jetzt gibt’s wieder Schelte. In einem gebieterischen Ton und böser Pupille macht er uns darauf aufmerksam, daß das Fahren zu zweit auf einem Traktor verboten ist - Gesetz in Spanien! Da nützt uns auch die Vorlage unserer Fahrzeug-Zulassung nichts, die sehr wohl das Mitführen einer zweiten Person auf dem Kotflügel bescheinigt - erlaubt in Deutschland! Demnach können wir uns schon glücklich schätzen, daß nach dieser unfreundlichen Zurechtweisung nicht einer von uns - höchstwahrscheinlich ich - dem Jockl nachsprinten muß. Der gestrenge Herr zeigt zumindest soviel Verständnis, daß er sich mit meiner Abwanderung auf die Rückbank zufrieden gibt und wir schleunigst und korrekt aus seinem Blickfeld tuckern können. Die Straße verläuft parallel zum Schienenstrang einer aufgelassenen Eisenbahnlinie, mitten durch das Duero-Tal. Von Zeit zu Zeit passieren wir alte Schrankenwärterhäuschen, auch zwei vergessene Bahnhöfe. Einen davon nehmen wir näher in Augenschein mit seinen rostenden Signalanlagen und Rangiergleisen und einem noch recht gut erhaltenen Bahnhofsgebäude und einigen Lagerschuppen nebenan. Ideal für eine Übernachtung - leider nicht mehr für uns.
Kurz vor Mittag erreichen wir Almazán, eine befestigte Stadt, sehr fotogen über dem Duero im Schutz einer teilweise noch erhaltenen römischen Stadtmauer gelegen. Die romanische Kirche San Miguel mit ihrem prächtigen Vierungsturm verleiht dem Zentrum an der Plaza Mayor, zusammen mit der Renaissance-Fassade des Mendoza-Palastes, einigen Glanz. Die restliche Stadt hält leider nicht was ihre Fluß-Ansicht verspricht. Diese negative Bewertung begründet sich keinesfalls in der Ausplünderung unserer Proviantkiste, die wir bei unserer Rückkehr zum Jockl bis auf das letzte Süßstoffpillchen geleert vorfinden. Eindeutig unsere Schuld, denn die Kiste war nicht versperrt. Also brauchen wir uns wegen dieses räuberischen Übergriffs - vermutlich ein Kinderstreich - erst gar nicht großartig aufzuregen. Was uns noch am meisten daran stört, daß wir irgendwann in den nächsten Stunden gezwungenerweise wieder einen Großeinkauf tätigen müssen. Diese unliebsame Aktion verschieben wir einhellig auf Soria. Noch können wir unser Überleben mit einer geretteten Packung Kaugummi sichern.
Außerhalb von Almanzán winkt uns eine dreiköpfige Polizei-Crew an den Straßenrand. Unsere Blicke erstarren, denn unverbesserlich sitze ich schon wieder auf dem Kotflügel, und ein rascher Platzwechsel so kurz vor dem Anschiß brächte die Sache auch nicht mehr ins Lot. Also Augen und Ohren auf zur Standpauke! Lachen?! - Wir hören tatsächlich Lachen. Die »Policia« amüsiert sich königlich über unseren Jockl und nimmt sich Zeit für ein sprachkompliziertes Schwätzchen. Nebenbei prüft sie unsere Papiere und entläßt uns mit einem überaus freundlichen »Buen viaje!«. Auf der verkehrsarmen N111 waren wir eine vergnügliche Abwechslung für die Herren in Uniform. Noch zweimal überholen sie uns auf dieser Strecke und hupen uns dabei immer wieder übermütig an. Die hervorragend ausgebaute Straße führt uns in 33 Kilometer ins nördliche Soria, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. An diesem kastilischen Außenposten, an der Grenze zu Aragonien läßt die Kahlheit von Mars und Mond grüßen! Der unwirtliche äußere Eindruck der Stadt weicht, sobald man die Randzonen hinter sich gelassen hat und im flüssigen Verkehr bis ins Herz Sorias vorgedrungen ist. Die geringe Ausdehnung der Stadt erlaubt die Erkundung zu Fuß, die alle nennenswerten Sehenswürdigkeiten miteinschließt. Soria kann auf eine reiche Vergangenheit
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