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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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Plätze, aber allen mangelt es an der Ausstrahlung einer großen Plaza Mayor, die einer bedeutenden Stadt wie Tarazona entsprechen würde.
    Nach Tarazona bleiben wir im Tal des Río Queiles und folgen der N121 durch ansehnliche Dörfer entlang kilometerweiter Weinkulturen bis nach Cascante. Dort betreiben wir eine aufreibende Suche nach einem geeigneten Zeltplatz. Abseits, mitten in Brachland und weit hinter einem letzten Bauern, holpern wir über Schotterwege der untergegangenen Sonne nach. Auf einer kleinen Anhöhe, auf die wir Jockl durch Disteln und über unwegsames Geröll hinaufquälen, entdecken wir schließlich »unseren« Platz - nur besucht von Mond, Sternen und einigen ungebetenen Moskitos. Keinerlei Lichter von Ortschaften, kein Geräusch und keine Bewegung außer einem milden Lüftchen, das die Haut zärtlich streichelt wie Daunen.
     

IX- Mit dem Eicher-Jockl ans Mittelmeer!
     
    Rund 60 Fahrstunden: Aragon - Cataluña - Languedoc-Rossillon (Frankreich)
     
     
    Als eine blaßrosa Scheibe steht die Sonne hinter einer grauvioletten Dunstschicht am Horizont. Was für ein herrlicher Morgen - eine Luft zum Atmen, noch kühl und staubfrei, und eine Stille, in der jedes unserer Geräusche wie verfremdet klingt. Sogar das Glockengebimmel einer Schafherde hinter dem nächsten Hügel hört sich eigenartig blechern an. Trotz allem währt dieses morgendliche Wohlgefühl nur bis zu unserer Fahrt über die Schotterstraße nach Cascante. Wir selbst wirbeln dabei genügend Staub auf, ganz zu schweigen von den Wolken anderer Traktoren, die uns auf ihrem Weg in die Felder begegnen. In Cascantes Ortszentrum donnern schließlich auch noch Preßlufthämmer - jetzt sind wir endgültig in die lärmige Welt des 20. Jahrhunderts zurückgekehrt. Eine kleine Entschädigung für diesen rüden Überfall der Gegenwart bietet die hoch über dem Ort gelegene Basilika Virgen del Rómera , zu der ein langer, leicht gebogener und unter Arkaden verlaufender Treppenweg hinaufführt. Bei einem weiten Blick über das Tal mit seinen Weingärten, Gemüse- und Maisfeldern, zwischen denen geradlinige Gräben der Bewässerungskanäle den diesigen Himmel spiegeln, kehrt die Ruhe noch einmal zurück.
    Alsdann werfen wir uns in den Stadtbetrieb von Tudela, das zehn Kilometer nordöstlich von Cascante noch immer vom Glanz einer ehemals maurischen Königsresidenz profitiert. Eine etwas adrenalinfördernde Anfahrt mit viel Verkehr, Vorortindustrie und Umleitungen endet schließlich in einer Seitenstraße zur großzügigen Plaza de los Fueros, mitten in Tudela. Daß der belebte Platz mit seinen Cafés und Geschäften einst auch als Stierkampfarena turbulente Zeiten erlebte, davon zeugen nur mehr das Thema betreffende Darstellungen an den Fassaden seiner Häuser ringsherum. Navarras zweitgrößte Stadt - der südlichste Zipfel Navarras, in dem Tudela liegt, ragt in die Provinz Zaragoza - begeistert uns von Anfang bis zum Ende unseres Besuches mit ihren Winkelgassen, hübschen Plätzen, einem Judenviertel und verschwiegenen, stillen Inseln zwischen dem geschäftigen Hin und Her eines vormittäglichen Wochentages. Paläste, Adelshäuser, Kirchen und schließlich die über den Resten einer Moschee erbaute Kathedrale setzen die Stadt ins rechte Licht eines Ortes mit großer Vergangenheit. Bei unserer Abfahrt durch ein Straßengewirr, das einen pfadfinderischen Orientierungssinn erfordert, bekommen wir auch das Wahrzeichen der Stadt zu Gesicht bzw. unter Jockls Reifen: die 17-bogige und 380m lange Brücke über den Río Ebro, ein stolzes, massives Werk mit Teilen aus der Römerzeit und dem 13. Jahrhundert. Das war dann für etliche Stunden auch der letzte Kontakt mit der Zivilisation und letzte Möglichkeit, sich in einen Sonnenfernen Winkel zu verkriechen.
    Las Bardenas Reales nennt sich der Hochofen, in dem wir mehr oder weniger freiwillig fast Feuer fangen. Dieses Gebiet landschaftlicher Extreme und Bizarrheit ähnlich dem Death-Valley in den USA, gilt als Navarras Bratpfanne mit Temperaturen über 40°C als Tagesdurchschnitt, was einen Besuch ausschließlich in den frühen Morgenstunden oder erst vor Sonnenuntergang ratsam macht. Leider führt die C125 ausgerechnet hier durch eine weniger attraktive Ecke der Bardenas mit altvertrauten, trostlos kahlen Hügeln. Aber wenigstens erfreuen wir uns der berühmtberüchtigten höllischen Glut, die sich nur unzureichend in Worte fassen läßt, denn wären es wirklich treffende Worte, so müßten diese unter

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