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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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Betracht ziehe, ich fühle mich dennoch grenzenlos angewidert und bin froh, als wir wieder auf dem Jockl sitzen.
    Ein heftiger Regenguß spült uns aus dem Ort, und wir nehmen Kurs auf die Halbinsel Creus. Die schmale Straße steigt gegen den 513m hohen El Peni an und zweigt eine knappe Stunde später, unterhalb seines Gipfels, östlich nach Cadaques ab. Eigentlich eine Schnapsidee, sich in die Ketten von Pkws und Wohnmobilen einzureihen und entlang einer entgegenkommenden Kette Richtung Küste zu kurven. Doch die einstige Anwesenheit Dalís und seiner nicht weniger spleenigen, mehr oder weniger intellektgeplagten Freunde und Musen in Cadaques und dem benachbarten Port Lligat verströmt noch immer den Lockruf, hier den Puls der Kunst zu fühlen. Doch das einzige, das man bald zu fühlen bekommt, ist der eigene Zorn, der sich nach der Konvoifahrt in den Küstenort bald zu regen beginnt. Sollte einen an Cadaques tatsächlich noch etwas spanisch anmuten, so verdankt man das wahrscheinlich einem Blick auf einige Peseten-Scheine bei der Bezahlung eines mit Dalís schnurrbärtigem Konterfei bedruckten T-Shirts. Ansonsten degeneriert das einstige Fischerdörfchen, ungeachtet seiner Bedeutung als Kunstzentrum der Avantgarde, inmitten einer unverwechselbar reizvollen Landschaft, zu einer lächerlichen Kulisse für Touristennepp. Die angereisten Lolas, Machos, Resthippies, Amigos und Vorstadtschrebergärtner wälzen sich durch die Hauptstraße und belegen diese mit einer Selbstgefälligkeit und einer Selbstverständlichkeit wie sie nur indische Kühe zustande bringen - man hupt ihren werten Hintern an, und sie werfen einem nur einen verglupschten, ausdruckslosen Blick zu, anstatt einen Schritt zur Seite zu tun. Wallende Mähnen, Knackiges in knappsten Bikinis, behaarte, goldbekettete Männerbodies, Badesandalen-Don Juans und Wonderbra-Carmens - wer was zu zeigen hat, präsentiert es im Schaufenster von Cadaques. Im Schrittempo bewegen wir uns durch die karnevalistisch angehauchte Vielvölkerschaft dieser künstlichen Typen, bevor wir die erste Möglichkeit zur Traktorwende rigoros nützen und retourdampfen.
    War wohl keine so gute Idee dieser Ausflug, der noch dazu ganz schön naß endet. Als wir wieder Richtung El Peni hinaufknattern, - im Konvoi - lassen die seit Stunden regenschweren Wolken alles raus was sie zu geben haben, und diese Flut schwemmt uns fast fort. Binnen Minuten verwandelt sich die Straße in einen zentimeterhohen Bach. Blitze jagen um den El Peni, Regen stürzt wie aus Hunderten von Feuerwehrschläuchen auf uns nieder und nimmt uns beinahe die ganze Sicht. Von den Hängen schießt das Wasser ungebremst heran und reißt kleine Lawinen von Geröll und Erde mit sich. Diese ungebärdige Kraft und Plötzlichkeit, mit der dieses Unwetter über uns hereinbricht, hat uns völlig überrumpelt. Jetzt stecken wir abseits jeden Ortes und Schutzes im Troß einer Pkw-Schlange und bewegen uns langsam auf die Hafenstadt Roses zu. Unter einer Dusche kann man nicht nasser werden als wir zwei Deppen auf unserem Jockl - das Wasser rinnt mir zum Hals rein und bei den Luftlöchern der Schuhe wieder raus. Wind peitscht die Regenfahnen erbarmungslos über das Land und uns wie Nadelstiche ins Gesicht. Kurz vor Roses zweigen wir wieder nach Vilajuiga ab; der Verkehr verebbt, der Regen Gott sei Dank auch. In den Feldern stehen Seen, auf den Straßen häuft sich angesammelter Schotter, und wir beide sehen wie aus äußerster Seenot gerettet aus, als wir zum Camp zurückrattern. Ein paar Herren feuern uns die letzten paar Meter an und finden sich auch gleich zu einem kleinen Schwätzchen ein. Mit klatschnassen Haaren, wasser-quietschigen Schuhen und einem Schwamm als Slipeinlage zeige ich wenig Neigung, die gemütliche Stehrunde länger als notwendig und es ein Mindestmaß an Höflichkeit gebietet, auszudehnen.
     
    An unserem letzten Morgen in Spanien werden wir nochmals so richtig erfrischend getauft. Erst bei der Abfahrt Richtung Llangá lichtet sich die Trübnis zu einem teilbewölkten Sonnenhimmel.
    Die knapp 30 Kilometer bis zur französischen Grenze bewerkstelligen wir mit kaum einer Teilnahme am Geschehen rundherum. Nur einmal löst uns der bestialische Aasgestank eines im Straßengraben verwesenden Wildschweins aus unserer Geradeausstarre, als wir den aufgeblähten Tierkörper im Vorbeifahren naserümpfend anstarren. Ab Llangá verläuft die N260 mehr oder weniger an der Küste, die mit ihren Buchten und Taleinschnitten

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