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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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Auslageninventar, welches wir in ganz Frankreich und später auch in Spanien und Portugal immer wieder in diversen Eisenwarengeschäften entdecken: Sensen, Mäusefallen, Heimwerker-Sets und Garderobenhaken; alles für den Bauern, den Mechaniker, den Hobby-Installateur, die Hausfrau. Oft liegt unter Umständen ein Großteil des gesamten Warensortiments, zu Türmen gestapelt oder an Bretterwände genagelt, in der Auslage, gut zugedeckt vom Jahrzehntestaub, die Pappverpackungen unleserlich sonnengebleicht und vielleicht der überfressene Hauskater in einer offenen Schraubenschachtel dösend und Reste der Weihnachtsdekoration vom vorletzten Jahr über seinem Kopf baumelnd. Köstliche Momentaufnahmen und unwiederholbare Stilleben werden geboten und wohlgemerkt, man muß nicht einmal danach suchen. Nahezu jeder größere Ort verfügt über solch einen musealen Laden mit einem Angebot, um das ihn jedes Bauhaus beneiden würde. Seltsamerweise werden wir auch nicht müde, halbe Ewigkeiten vor solchen Geschäften mit den Nasen an den Scheiben zu kleben und Ratespiele zu betreiben, für welchen Zweck dieses oder jenes utopische Werkzeug wohl verwendet wird. Hat eine Stadt kein Museum, so forsche man nach der nächstliegenden Eisenwarenhandlung, und man wird gut unterhalten sein. Das letzte Gustostückerl Saulieus serviert uns die Kirche Saint-Andoche, ein aufgrund von Kriegsschäden restaurierter und dabei leicht verunstalteter Bau des 12. Jahrhunderts, den man sich getrost schenken könnte, wollte man auch die herrlichen romanischen Kapitelle ignorieren. Die darauf dargestellten biblischen Szenen und Pflanzenmotive bezaubern durch ihren Fantasiereichtum und ihre kunsthandwerkliche Perfektion. Und ich bin so begeistert wie überzeugt, die Kapitelle im Geiste mit jenen der Kathedrale von Autun gleichzustellen - Meisterwerke erlesenster Steinmetzkunst!
    Saulieu hat uns in jeder Hinsicht toll bedient, und so können wir befriedigt wieder unserer Wege ziehen. Nach vier Kilometern biegen wir auf die D977 ab, wo wir in geruhsamer Fahrt über Thoisy-la-Berchere und Pouilly-en-Auxois nach Châteauneuf brodeln. Am Ende dieser Landpartie steht, hoch über dem Canal de Bourgogne, ein dörfliches Adlernest von besonderem Rang. Schon Kilometer zuvor fangen die mächtigen Rundtürme der Burg von Châteauneuf unsere Blicke und lassen sie nicht wieder los, bis wir endlich nach steiler Anfahrt den Jockl zwischen den wenigen Bilderbuchhäusern der Befestigungsanlage abstellen und auf Erkundung gehen. Kaum ein Mensch begegnet uns dabei und uns soll’s nur recht sein, als wir die zu einem Schloß umgebaute Burg hinter einem tiefem Graben und die aus wenigen Häusern gesäumten Kleinstgäßchen abklappern. Der ockerfarbene Stein, aus dem der gesamte Komplex - wahrlich ein historisches Monument - errichtet wurde, strahlt in der warmen Nachmittagssonne wie aus einem einzig gelbgoldenen Guß. Und weil hoch oben, tut sich uns gleichzeitig ein weiter Panoramablick auf, allein dessen sich der Abstecher nach Châteauneuf gelohnt hätte. Lange noch, als wir uns bereits auf dem Weg nach Arnay-le-Duc befinden, leuchten beim Blick zurück die goldenen Mauern warm und märchenhaft zu uns herüber.
    Die Türme von Arnay-le-Duc werden sichtbar, doch ohne dem Ort heute noch ein besonderes Augenmerk zu schenken, rattern wir ohne Halt zum Campingplatz. Die Ruhe, die wir dort erhoffen, tritt erst spät ein. Zuerst heißt es unsere Zeltnachbarn und deren Nachbarn und deren Nachbarn etc. mit Jockl-Infos zu versorgen. Ein Neugierigen-Trupp schwirrt ab, der nächste pirscht sich an. Ich fürchte, lange wird meine Geduld nicht mehr am Faden hängen.
     
    Ha, welch seltenes Geschenk am Morgen - Regen! In der Hoffnung auf Besserung dehne ich das tägliche Chaos der Jausenzubereitung zeitlich aus, aber allen- verschlechtert sich eine heraufdämmernde, murrige Stimmung zwischen uns allen. Im Hauruck-Verfahren reißen wir unsere Jurte nieder und verkrümeln uns fürs erste im Ortszentrum von Arnay zwischen den überladenen Marktständen vor dem Hôtel de Ville. Das Geschiebe und Gedrängel der Leute bugsiert uns im Laufe mehrerer Zigarettenlängen durch alle Reihen der Anbieter. Pralle Metzgerwürste, krustige Brotlaibe, knackiges Gemüse und Obst, Kisten schillernden Fischs, ein Stand mit Likörverkostung - bonjour madame, wie wär’s mit einem Gläschen?
    Nein danke, dann schon lieber warme Unterhosen, die gleich nebenan in verführerischen Pastellfarben auf potentielle

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