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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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gesichtet, von der wir hoffen, daß sie jetzt geöffnet hat und unser aller Problem in den Griff bekommt. Nun, entgegen unseren negativen Befürchtungen tut sie es tatsächlich, und wir zahlen mit Wonne und Erleichterung 4.000 - Peseten für Jockls postwendende Gesundung. Zwei neue Kohlen im Starter erleichtern ab jetzt sein und damit auch unser Leben.
     
    Ein nächtliches Gewitter bringt einen kleinen Temperaturfall, und so fahren wir vormittags in angenehmer Kühle und unter zarten Schleierwolken weiter westwärts. Jockls Motor heult heut’ gleich beim ersten Knopfdruck kraftvoll auf, daß es eine Freude ist, und so erreichen wir nach 17 Kilometern zügiger Fahrt die Stadt Astorga. Sie liegt wie eine letzte Bastion auf den Ausläufern der Manzanal-Berge, die die Stadt in ein gebirgiges Passepartout rahmen. Am Schnittpunkt alter Handelswege und Pilgerpfade - einer davon die von Sevilla kommende Via de la Plata - nahm Astorga eine wichtige Stellung unter allen Stationen am Jakobsweg ein, insbesondere, da sie nach Burgos über die größte Anzahl an Herbergen verfügte. Fast wie zu alten Zeiten überrascht uns heute, im Vergleich zu unserem letzten Besuch in regenleeren Gassen, ein proppenvolles Zentrum. Auf dem Hauptplatz vor dem Rathaus und in vielen Seitengassen herrscht laute Marktgeschäftigkeit mit urigen Bauerntypen inmitten von Kisten, Säcken und Eimern voll erd- und baumfrischen Ernten. Mindestens halb Astorga tummelt sich zwischen den Ständen und schleppt Einkaufstaschen und Körbe mit Obst, Gemüse, Käse und Schinken. Duftwolken von Schmalzgebackenem verführen zu kalorienreichen Zwischenmahlzeiten, und zu Pyramiden geschlichtete Brotlaibe bringen meinen keksmalträtierten Magen zum Knurren. Keine Gasse, kein Geschäft und keine Bar, die heute nicht ihre Rubel macht. Auch bettelnde Zigeunerinnen räumen an diesem Vormittag gewiss auf die eine oder andere Weise ab. In dem ganzen Tumult registrieren wir die baulichen Besonderheiten Astorgas irgendwie nur im Vorbeigehen. Dazu gehören das neurestaurierte barocke Rathaus-, Antonio Gaudís Erzbischöfliches Palais, ein etwas mißlungenes neugotisches Werk des großen Architekten; Teile der römischen Stadtmauer und schließlich die Kathedrale, ein gelungener Stilemix aus Gotik, Renaissance und Barock. Astorgas Vergangenheit hätte noch wesentlich mehr zu bieten, doch in Anbetracht einer langen Tagesetappe wollen wir uns hier nicht länger als unbedingt nötig aufhalten.
    Zwei Varianten des Jakobsweges führen aus der Stadt: die eine über Rabanal del Camino und Foncebadón und die zweite, die auch wir wählen, über den Manzanal-Paß nach Ponferrada, wo sich beide Routen wieder vereinen.
    Eine größere Schar Pilger formiert sich gerade zu einem Gänsemarsch, um den Weg nach Foncebadón einzuschlagen, auf den wir kurze Zeit später, dank der aufdringlichen Hilfsbereitschaft eines fahrenden Bäckers, auch einschwenken müssen, um seinen Wegweisungen zum »richtigen Camino« Folge zu leisten. Noch dazu begleitet er uns ein Stück vor uns herfahrend, so daß wir höflichkeitshalber gezwungen sind, das Spiel mitzumachen, bis sich der freundliche Herr außer Reichweite befindet und wir umdrehen können. Dann aber machen wir Nägel mit Köpfen, so wie die sich rapide ändernde Witterung Wölken mit Wind. 23 Kilometer bis zur Paßhöhe, das heißt eineinhalb Stunden, liefern wir uns auf der N IV ein Wettrennen mit einem anziehenden Gewitter. Immer wieder beginnt es zu tröpfeln, während unentwegter Verkehr vom Paß herunterprescht und Kolonnen von Lkws neben uns hinaufqualmen. Parallel zur Paßstraße nebeln die Bau- und Planierarbeiten eines riesigen Autobahnprojektes die Landschaft wie mit Mehlstaub ein, und wir durchfahren solche Staubzonen nahezu blind und atemlos. Vielleicht hätten wir doch besser den Ratschlag des Bäckers beherzigen sollen, doch jetzt gibt es kein zurück mehr.
    Kurz vor dem 1225 m hohen Manzanal-Paß öffnen sich die Himmelsschleusen schlagartig. Die kleine Raststätte am Paß wird unsere Rettung, gerade noch springen wir vom Jockl und flüchten unter das schützende Dach, ehe der Zirkus loslegt. Es prasselt, blitzt und donnert und hört so schnell auch nicht wieder auf. Über den Bergen hält sich die Wolkenfront beharrlich und regnet langsam ab. In der Raststätte, eigentlich eine Fernfahrerkneipe, brodelt Hochbetrieb an Tischen und Tresen. Rauchschwaden mischen sich mit köstlichsten Essensdüften - vor allem Knoblauch. Stimmengewirr,

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