Mit klick! zurück
herzlos anhörte, wusste er, dass es keinen Sinn hatte, sich in die Flammen zu stürzen, um Lilly zu retten. Nein, sie mussten irgendwie an seinen Laptop herankommen. „Ich gehe“, sagte er entschlossen und wollte schon ins Feuer treten, als ihn eine Hand an der Schulter packte und zurückriss.
Es war Mr Kowalski, der mürrische alte Mann mit dem unrasierten Kinn und der löchrigen grauen Weste. Energisch stieß er die beiden Jungen von der Tür weg.
„Ihr bleibt zurück“, herrschte er sie an. „Alle beide!“ Dann ging er in die Küche und watete durch das Flammenmeer, als sei es kein sengendes Feuer, sondern ein harmloser Grasstreifen. Geschickt hob er Lilly aus dem Rollstuhl, nahm sie in seine Arme und trug sie mit langen, vorsichtigen Schritten durch die Hintertür in den Garten hinaus. Lilly war gerettet.
„Alles in Ordnung, kleines Mädchen“, murmelte er ihr zu. Seine Stimme klang jetzt gar nicht mehr barsch. „Alles gut. Musst nix Angst haben …“ Er strich ihr mit einer Hand über die Haare und betrachtete prüfend ihren kleinen Körper. „Du bist verletzt?“
Lilly schüttelte den Kopf.
„Mr Kowalski“, sagte Callum, „Ihre Hose hat Feuer gefangen.“
Ein paar Spritzer Paraffin waren auf Mr Kowalskis Kleidern gelandet, und über seinen Schuhen und am Hosensaum züngelten kleine Flammen. Mr Kowalski achtete nicht darauf, sondern wandte sich an Alex.
„Geh nach nebenan, schnell“, sagte er. „Ruf Feuerwehr an!“ Dann setzte er Lilly behutsam im Gras ab und schlug die Flammen an seiner Hose mit der bloßen Hand aus.
Alex rannte mit klopfendem Herzen ums Haus herum. Dann machte er endlich, was er sofort hätte tun sollen, als das Feuer ausgebrochen war. Er las einen großen Stein im Vorgarten auf und warf ihn mit aller Kraft gegen das Wohnzimmerfenster. Das Glas zersprang, Alex griff durch das Loch, öffnete den Riegel und riss das Fenster auf. Dann kletterte er hinein.
Im Flur war das Paraffin unter der Küchentür durchgesickert und hatte den Teppich in Brand gesetzt. Alex kümmerte sich nicht darum, sondern lief sofort ins Esszimmer. Der Laptop stand auf dem Tisch, und er musste nur noch die Hand ausstrecken und …
… die Tasten drücken.
„Wir gehen in den Park runter“, sagte Callum und deutete in die Einfahrt hinaus, wo Lilly im Rollstuhl wartete, den Hund Mojo an der Leine. „Lilly will Enten füttern und sie sagt, du kannst mitkommen, wenn du willst.“
„Oh“, sagte Alex. „Ja, gut.“ Er brauchte einen Augenblick, um zu Atem zu kommen.
„Was ist denn da drin?“, fragte Callum neugierig und zeigte auf den Karton mit den Feuerwerkskörpern, den Alex in der Hand hielt.
„Ach, nichts“, wehrte Alex ab. „Ich war nur gerade beim Aufräumen …“
Enten füttern klang eigentlich ganz okay. Etwas Aufregenderes hätte er im Moment sowieso nicht verkraftet.
D as missglückte Feuerwerk war Alex eine Lehre gewesen. In Zukunft wollte er dafür sorgen, dass immer jemand direkt vor dem Laptop stand, die Finger im Anschlag, sodass er sofort die Tasten drücken konnte, wenn etwas schiefging.
Diesmal war niemand verletzt worden, aber nur weil sie unglaubliches Glück gehabt hatten. Wenn Mr Kowalski nicht rechtzeitig aufgetaucht wäre, wenn die Flammen noch weiter zu Lilly vorgedrungen wären, wenn er, Alex, durch die Küche gerannt wäre und es nicht geschafft hätte … nicht auszudenken! Es hätte böse enden können.
Der Gedanke daran ließ ihn nicht mehr los. Am meisten musste er an Mr Kowalski denken: wie der alte Mann ihn von der Tür zurückgerissen hatte und durch die Flammen gewatet war, um Lilly aus dem Rollstuhl zu retten; wie er sie schließlich ruhig im Gras abgesetzt hatte, ohne sich um seine brennende Hose zu kümmern, und wie er die Flammen mit der bloßen Hand ausgeschlagen hatte, als sei das gar nichts.
Für Alex war Mr Kowalski bis dahin ein miesepetriger alter Spielverderber gewesen, der nur den Mund aufmachte, um sich zu beschweren. Aber er hatte ihn unterschätzt. Er war vielleicht alt und brummig und er schoss mit einem Luftgewehr auf kleine Hunde, die in seinem Garten herumschnüffelten. Doch das war nur eine Seite von ihm. Mr Kowalski war mehr als das. Er war … ein Held. Als die Küche in Flammen gestanden war, hatte er einen Mut bewiesen, wie man ihn sonst nur aus Geschichten kennt. Ohne zu zögern, hatte er sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt, und dafür hatte er eine Medaille verdient.
Nur wusste leider niemand, dass
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