Mit Kurs auf Thule
»Beschreibung« es andeutete. Er zeichnete ein so trostloses Bild, dass die Gemeinde im Norden wahrscheinlich daraufhin aus den Kirchenbüchern gestrichen wurde. Im auffallenden Kontrast dazu stand sein hoffnungsvoller Bericht über die wohlhabende Ostsiedlung, der stabile Zehntzahlungen erwarten ließ und schließlich zur Ernennung von Bischof Alf führte.
|124| Gardar bleibt ohne Bischof
Die eigensinnige Kontrolle von Laien über Kirchen und Handelsgüter war wohl ein wichtiger Grund dafür, dass die Gardar-Bischöfe sich immer stärker dagegen sperrten, in Grönland zu leben. Korruption und Günstlingswirtschaft in der norwegischen Kirche beeinflussten die Bischofsernennungen, doch auch die späteren Bischöfe für Gardar wären sicher selbst nach Grönland gezogen, falls sie dort mehr Geld und gesellschaftliches Ansehen hätten erwarten können als zu Hause. Sie konnten jedoch in Grönland nur so wirken, wie die Einwohner dort es zuließen. Dennoch wurde die Diözese Gardar noch 1402 unter den norwegischen Bistümern aufgeführt, von denen das so weit entfernte Rom den Papstzehnten erwartete.
Sicher trugen auch einige Umstände, die die Grönländer nicht beeinflussen konnten, zu der sich verändernden Situation bei. Die Lage in Norwegen war nach dem erneuten Ausbruch der Pest im Jahr 1371 so schlecht, dass der Erzbischof päpstlichen Dispens dafür erhielt, dass er zwanzig unehelich geborene Männer sowie zehn Söhne von Priestern ordinierte und beförderte, weil die Zahl der Geistlichen in seinem Bistum auf etwa vierzig alte und hinfällige Priester geschrumpft war. 51 Darüber hinaus war die Kirchenhierarchie in Norwegen durch die zunehmenden Streitereien um das Papsttum zerrissen, und das Große Schisma seit 1378 trug sicherlich nicht zur Stabilität bei, ebenso wenig wie der Tod König Olafs und die Thronbesteigung von Königin Margarete.
Bei der feierlichen Inthronisation von Königin Margarete in Norwegen war nur Bischof Henrik »von Gardar« zur Stelle, ein Däne, der einige Zeit vor 1386 geweiht worden war – vermutlich kurz nachdem man in Norwegen von Bischof Alfs Tod erfahren hatte. Er unternahm nie den Versuch, tatsächlich nach Grönland zu kommen, sondern lebte in Dänemark und Norwegen, abgesehen von einem Besuch in Rom 1391. Im Jahr 1394 war er Bischof der Orkneys, wo sein Vorgänger ein paar Jahre zuvor getötet worden war. Henrik war verständlicherweise auch nicht begeistert davon, auf die Orkneys zu reisen, doch sein Tod im Jahr 1396 erlöste ihn aus diesem Dilemma. 52
Das Durcheinander wurde immer schlimmer, bis es für die Zeit zwischen 1431 und 1434 schließlich vier nominelle Bischöfe von Gardar gab. Einer von ihnen, Bartholomäus de St. Ypolito, bekam sechs offizielle Briefe ausgestellt, die seine Ernennung bezeugen sollten, darunter ein an die »Stadt und Diözese Grönland« adressiertes Sendschreiben.
Die Politik der Krone führte schließlich zum Bruch zwischen Grönland und Norwegen. Hákon VI. Magnusson hatte die Beschränkungen im Handel mit |125| und unter Norwegens atlantischen Kolonien verschärft, und Olaf Hákonsson, der von 1380 bis 1387 regierte, setzte diese Politik fort. Als Hákons Witwe Königin Margarete – die Tochter König Waldemars von Dänemark – nach dem Tod ihres Sohnes Olaf die Regierung übernahm, steuerte sie einen noch schärferen Kurs. Sie einte die drei skandinavischen Königreiche schließlich in der Kalmarer Union von 1397 und setzte schon damals ihren jungen Neffen Erich von Pommern als Erben ein. Damit waren Grönland und Island wirtschaftlich und politisch von der Gnade Dänemarks abhängig. Die beiden Länder nahmen die königliche Macht weiterhin unterschiedlich wahr, waren aber beide nicht immun gegen die katastrophale Wende, die Erichs Herrschaft nach dem Tod seiner Tante im Jahr 1412 brachte. Sein Handeln rief Empörung in seinen drei Königreichen hervor und zwang ihn schließlich, 1436 aus Schweden zu fliehen und 1438 seine dänische Heimat preiszugeben. In dieser ganzen Zeit stand die Sorge um das geistliche und leibliche Wohl der Grönländer ganz weit unten auf seiner Prioritätenliste, und auch seine Nachfolger konzentrierten sich lieber auf naheliegendere Möglichkeiten, zu Ansehen und Vermögen zu kommen.
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|128| 7 Stockfisch, Elfenbein und Robbenfelle
Im norwegischen
Königsspiegel
aus der Mitte des 13. Jahrhunderts ist zu lesen, dass Männer, die sich den Gefahren einer Reise nach Grönland stellten, damit ihre
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