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Mit Kurs auf Thule

Mit Kurs auf Thule

Titel: Mit Kurs auf Thule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten A. Seaver
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belegen, stammen aus der Zeit nach Ívars Rückkehr nach Norwegen, was vermuten lässt, dass er versucht haben könnte, das Amt zu etablieren, um das Eintreiben der Steuern durchzusetzen. Das hätte dann auch Bischof Hákons Wunsch entsprochen, die königliche Steuersammlung von den Pflichten des Bergener Bischofs zu trennen. Falls Ívar tatsächlich einen ansässigen Grönländer zum Ombudsmann ernannte, fand es der Amtsinhaber sicher einträglicher, mit den lokalen Häuptlingen gemeinsame Sache zu machen, statt auf Unterstützung und Förderung durch einen fernen und immer machtloseren Monarchen zu hoffen.
    Man kann sich vorstellen, wie Bischof Arni auf Ívars Ankunft reagierte – und kurze Zeit später auf die Nachricht, Jón Eiriksson
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( »der Kahle«) sei 1343 vom norwegischen Erzbischof zum Bischof von Gardar geweiht worden. Der Erzbischof behauptete, er habe keine Ahnung gehabt, dass der gute alte Arni noch immer dort oben in Grönland die Stellung halte, doch da das Schiff, das Ívar nach Grönland brachte, vermutlich mit Nachrichten nach Norwegen zurückgekehrt |121| war, wirkt eine solche Vergesslichkeit zumindest seltsam, und in Anbetracht der Tatsache, dass der grönländische Zehnte allmählich austrocknete, geradezu verdächtig. Näher liegt die Erklärung, dass Ívar nach Hause meldete, Arni schaffe es nicht, seine Herde zu scheren, und damit Jón
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Ernennung provozierte. Diese Nachricht erreichte Grönland wahrscheinlich schon im nächsten Jahr, als der Kaufmann Thord Eigilsson »nach Grönland segelte und im selben Jahr nach Norwegen zurückkehrte mit einem reich beladenen Schiff und vielen Waren«. Der alte Bischof Arni verließ Grönland kurz darauf, wurde 1348 Bischof der Färöer und starb noch im selben Jahr. Jón
skalli
kam nie nach Grönland, sondern blieb in Norwegen, bis er als Bischof in Hólar 1357 nach Island berufen wurde. 44
    Aufgebracht über Papst Clemens’ VI. neueste Forderung eines dreijährigen Zehnten von allen kirchlichen Ämtern in Norwegen, bat das Provinzkonzil in Bergen 1345 um eine allgemeine Reduzierung des Kreuzzugszehnten und eine völlige Befreiung für die Färöer und Grönland. Was auch immer Thord Eigilsson im letzten Sommer aus Grönland zurückgebracht hatte – offenbar hatte es die norwegischen Kirchenautoritäten nicht gerade hoffnungsfroh gestimmt. Allerdings war die Petition des Provinzkonzils wohl eher ein Zeichen, dass der Klerus das Geld für sich behalten wollte und meinte, der Papst würde vielleicht glauben, dass so ferne Gemeinden nicht zahlen könnten. Sie selbst werden jene Inselgemeinden wohl kaum aufgegeben haben, nachdem sie erst vier Jahre zuvor Ívar losgeschickt hatten, um Gardar auf Vordermann zu bringen. Zudem hatte die
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aus Grönland wieder eine überaus zufrieden stellende Ladung an Bord, als sie 1346 in Island Halt machte und dann wahrscheinlich ihre Fahrt nach Norwegen fortsetzte. 45
    Ein Jahr später (1347), als ein kleines Markland-Schiff, das seinen Anker verloren hatte, mit siebzehn Grönländern an Bord an die Küste Islands getrieben wurde, machten noch dreizehn weitere seetüchtige Schiffe in den isländischen Häfen fest, neben den sechs ausländischen Schiffen, die schon dort vor Anker lagen. Wahrscheinlich auch wegen dieser großen Zahl fremder Besucher wüteten in jenem Jahr und im nächsten verschiedene Epidemien in Island, doch wissen wir nicht, ob die Ansteckung auch auf Grönland übersprang. 46 Sicher ist allerdings, dass Ívar Bárdsson in Grönland nicht an einer Krankheit oder einem Unfall starb, denn er kehrte 1364 heim. In Norwegen waren die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Pest völlig umgewälzt worden, die 1349 auch auf den Shetlands, den Orkneys, den Hebriden und den Färöern ebenso verheerend gewütet hatte wie ein Jahr zuvor in England und anderswo in Europa. Auf dem Höhepunkt der Krise kam die Schifffahrt im |122| Nordatlantik praktisch zum Erliegen. Zum Beispiel konnte das Schiff des Bischofs von Skálholt, die
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, die 1347 auf ihrer jährlichen Handelsreise in Norwegen angekommen war, erst 1351 wieder zurücksegeln. 47 Ívar hatte vielleicht damit gerechnet, nach acht oder zehn Jahren nach Hause zurückzukehren, doch die Auswirkungen der Pest auf die Schifffahrt zwangen ihn dann wohl dazu, seine Pläne zu ändern.
    Nachdem Bischof Thord die Insel verlassen hatte und kein Ersatz kam, hatte Ívar alle Hände voll zu tun, obwohl es eigentlich nicht seine

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