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Mit Kurs auf Thule

Mit Kurs auf Thule

Titel: Mit Kurs auf Thule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten A. Seaver
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in einer Abschrift des 16. Jahrhunderts erhalten ist und nur Grönland erwähnt; es findet sich darin nichts, was als eine Anordnung verstanden werden könnte, noch weiter in den Westen bis nach Nordamerika weiterzusegeln. Es gibt auch keinen Grund anzunehmen, dass diese Reise jemals stattfand oder dass der verarmte König Magnus auch nur das nötige Geld aufbringen konnte, um eine solche Expedition auszurüsten und zu bezahlen. Tatsächlich scheinen er und seine Berater etwas realitätsfern gewesen zu sein, denn im Juni 1350, noch nicht einmal ein Jahr, nachdem der Schwarze Tod Norwegen erreicht hatte, wurde im schwer getroffenen Bergen eine Aufforderung im Namen des Königs verkündet, der zufolge acht einflussreiche Bauern aus Nordisland, die sich über den Bischof von Hólar beschwert hatten, »das erste Schiff [nehmen sollten], das Island verlässt, nachdem sie diesen Brief gehört oder gesehen haben«. 9
    1354, als die Vollmacht für Paul Knutsson angeblich ausgestellt wurde, taumelten Dänemark und Norwegen noch nach den Schlägen des Schwarzen Todes, und die Schifffahrt hatte so schwer gelitten, dass Ívar Bárdsson erst 1364 von Grönland nach Bergen zurückkommen konnte. Wenn der Brief an Paul Knutsson echt sein sollte, dann ist er nur eines von mehreren Dokumenten des 14. Jahrhunderts, die eine königliche Sorge um den Erhalt des Glaubens vorspiegeln sollten. Eine Erklärung, warum der Brief im 16. Jahrhundert entweder abgeschrieben oder gefälscht worden ist, liegt in der Tatsache, dass er nicht unbedingt von der Sorge um den christlichen Glauben der Grönländer getragen ist, sondern unübersehbar Spuren dänischer postkolumbischer Bemühungen zeigt, alte Ansprüche auf das nordische Grönland wieder aufleben zu lassen – ein Thema, mit dem sich schon das vorausgehende Kapitel befasste.
    Wie schon gesagt, sprechen die modernen archäologischen Funde und Befunde für fortgesetzte Reisen der Nordmänner von Grönland hinüber nach Nordamerika, aber sehr deutlich auch dafür, dass sie nördlich von Neufundland an Land gingen. Wenn es in der Mitte des 14. Jahrhunderts so viele nordische |248| Reisende weiter im Süden gegeben hätte, dass sie beschriftete Steine hinterließen, damit ihre Landsleute sie finden sollten, könnte man doch zumindest einige archäologische Anzeichen ihrer Aktivitäten an jenen (inzwischen sicher intensiv untersuchten) Orten erwarten. Es gibt absolut keine Bestätigung für ihren Aufenthalt dort, oder zumindest keine, die einer wissenschaftlichen Überprüfung standhält.
     
    Mehr als ein Jahrhundert lang haben erfahrene Fachleute der Runenschrift, Archäologie, Linguistik und Geschichte den »Kensington Rune Stone« für einen geplanten Jux aus Anlass der Kolumbusfeiern im Jahr 1892 gehalten. Auffällig ist, dass die gegenwärtigen Fürsprecher des Steins nicht aus jenen Fachdisziplinen kommen, die nötig sind, um den Stein und Holands Behauptungen zu bewerten. Der letzte wissenschaftliche Verteidiger der Authentizität, Professor Henrik Williams in Uppsala, zog seine Unterstützung ganz entschieden zurück, als 2003 eine Entdeckung in Schweden bewies, dass die umstrittenen Runen auf dem Stein aus Kensington im 19. Jahrhundert in Dalarne, Schweden, in Gebrauch waren – von dort stammte einer der mutmaßlichen Witzbolde. 10
    Bisher lassen alle archäologischen Funde und Befunde für fortgesetzte nordische Reisen nach Amerika vermuten, dass die Reisenden sich auf die Küsten beschränkten und eher die nördlichen Landstriche bevorzugten, wo sie das Bauholz und Eisen finden konnten, das sie brauchten, und ihre Gewinne noch durch Jagd aufbessern konnten, bevor sie sich auf die vergleichsweise kurze Rückreise nach Grönland begaben. Der gesunde Menschenverstand sagt uns auch, dass die Grönländer aufgrund der wenigen Arbeitskräfte in ihrer Heimat und des täglichen Kampfs ums Überleben ihre kleinen nordamerikanischen Arbeitstrupps nicht weit ins Landesinnere schickten, weg von der Sicherheit der Küste und der Schiffe. Die Risiken wären zu groß und die Aussicht auf einen angemessenen wirtschaftlichen Gewinn unendlich klein gewesen. Ebenso unsinnig ist die Vorstellung, dass eine Gruppe, die angeblich vor feindlichen nordamerikanischen Ureinwohnern floh, kostbare Zeit darauf verschwendet hätte, eine lange Geschichte in eine Steinplatte zu meißeln! Eine Geschichte zudem noch, die sorgfältig zwischen Schweden und Norwegern – aus denen sich auch die Gemeinde der Fälscher in

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