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Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht

Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht

Titel: Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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viertel vor zehn den ersten griechischen Sender Berlins einschalteten. Wir freuten uns diebisch über unsere Polo-Esel und die Sage von König Monomachos.
    Als es nach einem Monat immer noch keine Reaktion auf unser Machwerk gab, war ich fast etwas enttäuscht. Vasili hingegen lauerte. Er schien mit meinem Praktikum noch nicht fertig zu sein und wollte die bestmögliche Katastrophe aus der Sache herausholen. In diese unheilvolle Stimmung hinein klingelte Vasilis Telefon, er sprach Griechisch mit dem Anrufer. Das Gespräch dauerte kaum eine Minute, da legte Vasili auf, packte mich am Arm und sagte: »Heute Abend werden wir uns als ernsthafte Journalisten rehabilitieren! Aber schnell, sonst ist der Grieche weg.«
    Wir sprangen ins Auto. Auf dem Weg zum Ku’damm erläuterte Vasili mir die Einzelheiten unseres Auftrags. Das heißt, er fasste zusammen, was er aus Yannis’ Gebrabbel herausgehört hatte, und klang in der Übersetzung wie Stereos: »Da ist ein Mann. Ein Grieche. Er ist Künstler. Und in Berlin.«
    Na, das war doch schon detailverliebt geplant.
    »Und? Sollen wir den umlegen, oder was?«
    Vasili bremste an einer roten Ampel.
    »Nein, du interviewst ihn. Er spricht wohl gebrochenDeutsch und ist stolz darauf. Ich übersetze dann ins Griechische.«
    Ich lachte kurz auf, dann standen wir lange im Feierabendstau. Genervt sah Vasili auf die Uhr.
    »Mist, die Galerie, in der der Typ ausstellt, hat nur noch zwanzig Minuten geöffnet. Hoffentlich hat ihn die restliche Presse nicht schon ganz müde gefragt.«
    Wenigstens war Vasili wieder in seinem persönlichen Paralleluniversum angekommen. Als wir bei der angegebenen Adresse erschienen, war weder von dem Künstler noch von Besuchern, noch von der übrigen Presse etwas zu sehen. Ein Schild an der Tür der Galerie war der einzige Hinweis, dass der Künstler tatsächlich dort ausstellte:
    »Herkules Papakosmas   – Organische Plastiken. Bitte Schuhe ausziehen.«
    An dieser Stelle wollte ich glücklich mein kurzes, aber lehrreiches Praktikum bei Hellas TV an den Nagel hängen. Doch wie hatte mir entfallen können, dass Vasili in solchen Situationen erst richtig aufzudrehen begann? Es brodelte in ihm, so viel war klar, denn er fing an, laut und krank zu denken:
    »So bekannt ist der Typ nicht, also nicht in Berlin.«
    Ich nickte bestätigend. Nach zwei Semestern Kunstgeschichtsstudium war mir nicht der kleinste Essay über Herkules Papakosmas in die Finger geraten.
    Vasili schlussfolgerte: »Es weiß also keiner hier, wie der Mann aussieht. Wir wissen nur, dass er organische Plastiken macht.«
    »Und dass er Grieche ist«, ergänzte ich überflüssigerweise,aber genau dieser Satz brachte Vasili zum Jubeln.
    »Ganz genau! Was wir jetzt brauchen ist ein – Gyros Pita!«
    Er schnappte sich das Ungetüm von Videokamera aus dem Auto und zerrte mich in eine Seitenstraße, wo sich zu meinem Unglück genau das befand, was Vasili sich herbeigesehnt hatte: der Gyros-Grill »Apollo«.
    »Du glaubst doch nicht, dass Herkules nach seiner Vernissage ausgerechnet hier feiern geht«, erkundigte ich mich zaghaft.
    Vasili hängte sich grinsend die Kamera um und erwiderte verschwörerisch: »Nein, natürlich nicht. Aber wenn du mich fragst, ist das eine organische Plastik.«
    Er deutete auf den rotierenden Fleischspieß.
    Ich hatte mittlerweile so viel Zeit mit Vasilli verbracht, dass ich seinen wahnsinnigen Gedankengängen folgen konnte: »Und das Herr Papakosmas!«
    Ich zeigte auf den Mann hinter der Glasscheibe, der sich in diesem Moment umdrehte und uns freundlich in den Laden winkte.
    Vasili grinste tückisch: »Wenn der nicht Papakosmas heißt, spendier ich dir ein Bier.«
    Durchtrieben wie zwei Hundefänger betraten wir das »Apollo«. Vasili gab sich als Landsmann zu verstehen, deutete abwechselnd auf die Kamera und auf mich. Unser Herkules Papakosmas schien hocherfreut, nickte und strahlte mich so an, als hätte Vasili mich gerade für ein weiteres, unbezahltes Praktikum an ihn vermittelt. Er wischte sich die Hände an seiner Schürze ab und folgteuns auf die Straße, wo er sich stolz vor seinen Laden stellte.
    Vasili nahm mich beiseite und erläuterte seinen teuflischen Plan: »Ich habe dem Mann eine Werbesendung für seine Gyrosschleuder versprochen. Jetzt ist dein Improvisationstalent gefragt, Katinka. Hier kannst du einmal das ganze undurchsichtige Wischiwaschi-Gelaber anbringen, das du auf der Uni gelernt hast.«
    Solcherart ermutigt ging ich zum frisch ernannten

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