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Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht

Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht

Titel: Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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Herkules, um ihm ein paar wichtige Fragen zum Thema zu stellen: »Ihre Arbeit spiegelt das Unabdingbare des Endlichen an sich dar, sehe ich das richtig?«
    Was immer Vasili dem armen Mann übersetzte, unser Herkules nickte eifrig und deutete auf seine blutige Schürze.
    »Viel Arbeit, nie zu Ende.«, beteuerte er.
    Vasili grinste, ich schwitzte. Aber auf einmal bekam ich Spaß an der Sache. So viel wusste ich schon über das Medium Fernsehen: Hauptsache, man hat Material, die Aussage entsteht dann im Schneideraum. Ich bedachte Herkules mit einem anerkennenden Blick, von Medienprofi zu Profibildhauer, und sprach dann direkt in die Kamera:
    »Zu Recht gilt er als einer der streitbarsten Künstler Griechenlands, der immer wieder neu erschafft und bereit ist, jederzeit eine Antithese zu seinem Werk aufzubauen.«
    Herkules blickte jetzt zu Boden, ich stellte die Gewissensfrage: »Als Künstler sind Sie Freigeist, aber: Wie wichtig ist der Verkauf Ihrer Werke für Sie?«
    Diese Frage bedurfte keiner Übersetzung. Herkules Papakosmas wurde zu dem Enfant terrible, für das ihn die griechische Kulturelite gleichermaßen hasste und liebte: »Kann immer mehr sein. Ist schon billig, weißt du? Kann immer mehr, ich immer mehr, ist Qualität, nicht Scheiß-Döner!«
    Während ich überlegte, ob wir das »Scheiß-Döner« wohl rausschneiden oder hervorheben sollten, gab Herkules uns den schönsten Abschiedssatz, den sich ein Paar hoffnungsvoller Jungreporter nur wünschen kann: »Nicht alles ist immer gut, nur weil hat scharf drauf für umsonst.«
    Vasili versuchte, die Kamera stillzuhalten, während er sich auf dem Boden kugelte. Ich bedankte mich bei Herkules für das aufschlussreiche Gespräch. Er reckte beide Daumen in die Höhe. Die Szene war im Kasten. Wir verabschiedeten uns herzlich von dem jungen Genie und fuhren mit unseren Eindrücken zum Sender.
    In zwei Nachtschichten gelang es uns, das vielschichtige Porträt eines Künstlers zu erstellen, der zu Unrecht kaum Beachtung in der hiesigen Kunstszene fand. Vielleicht ist seine Kunst noch unverstanden, so dachte selbst der bekannte Fernsehproduzent Yannis Fabrizis bei der Plastik »Venus ’95«, bei der es sich um einen umgedrehten Gyrosspieß, überdeckt von rotem Farbfilter, handelte, aber die Bedenken dieses Banausen ließen sich mit einem guten Whisky zerstreuen.
    Die organischen Plastiken des Herkules Papakosmas, der übrigens in Wirklichkeit Stavros Papakosmas heißt, werden wohl noch eine Ära lang auf ihre Würdigungwarten. Anders als der schonungslose Bericht über diesen Ausnahmekünstler. Der lief, fast anderthalb Jahre lang, auf dem ersten griechischen Sender Berlins, immer freitags, immer schön im Wechsel mit dem Reisebericht über die Insel Pylos, dem bestgehüteten Schatz der Ägäis, Heimat des großen Konstantinos Monomachos.

Leave me alone
    Wenn ich irgendwann mal wieder etwas mit einem Mann anfangen sollte, erwarte ich vor allem eines von ihm: dass er mich am Ende verlässt. Denn verlassene Paarhälften haben Narrenfreiheit. Sie können sich für drei Wochen in ihr Bett verkriechen, literweise Lambrusco trinken und »Junimond« in Endlosschleife hören. Und sie haben nur dann Kontakt zur Außenwelt, wenn sie ihn wirklich haben wollen.
    Als verlassene Paarhälfte kann man nachts willkürlich Telefonnummern wählen und einfach nur ein langes, gellendes »WARUM?« in den Hörer brüllen. Oder man zieht nach Hamburg, nur um von dort aus die beste Freundin in München anzurufen und ihr zu berichten, »dass es im Moment wieder gar nicht mal so gut ist, das Leben, seit der Thilo weg ist   …« Dann lehnt man sich entspannt zurück und stoppt die Zeit, bis man ihr Auto mit quietschenden Reifen vor der Haustür halten hört. Je schneller das Quietschen ertönt, desto besser die Freundin.
    Wenn man verlassen wurde, kann man aber auch übermenschliche Kräfte entwickeln, die endlich malentsprechend gewürdigt werden vom Umfeld. Ich kenne nicht wenige Verlassene, deren Eltern vor Stolz fast geweint haben, als ihr Sprössling neben dem ganzen Stress nach der Trennung von Sarah oder Arne auch noch die Zwischenprüfung geschafft hat – nach zweiundzwanzig Semestern.
    Außerdem dürfen sich Verlassene in alle zur Verfügung stehende Arme und Beine flüchten. Bei mangelhafter Performance des Bett-Sparring-Partners steht man dann einfach zu gegebener Zeit auf und verkündet mit brüchiger Stimme: »Du, sorry, aber ich bin einfach noch nicht über den Olli weg.« Und

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