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Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht

Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht

Titel: Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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linke Hand war feuerrot und von eitrigen Pusteln übersät. Sie wirkte aufgebläht und unecht. Es sah aus, als hätte sich ein riesiges Schinken-Käse-Croissant in Gregs Hand festgebissen.
    »Ich weiß nicht, woher es kommt«, heulte Greg, »aber es sieht   … nicht nach mir aus.«
    »Was sagt der Arzt?«, erkundigte ich mich, immer noch fasziniert auf die Croissant-Hand starrend.
    »Dass meine Versicherung hier nicht gültig ist. Und dass es psychosomatisch bedingt ist. Ich will es nur nicht mehr   …«
    Ich beendete seinen Satz: »…   ansehen?«
    Greg schniefte und nickte.
    Ich schätzte die Größe des Problems ab und besorgte Greg ein paar schwarze Lederhandschuhe in Größe XL.   Erstaunlicherweise fiel er durch diese Accessoires bei dreißig Grad im Schatten in unserer Wohngegend weniger auf, als er dachte. In der Jugendherberge passte er sogar plötzlich etwas besser ins Gesamtbild und wirkte bei seiner Putzschicht neben der iranischen Transe und den durchgedrehten schottischen Zwillingen nicht mehr so farblos. Trotzdem wurde schnell klar, dass wir das Problem nicht gelöst, sondern nur lustig angezogen hatten.Gregs Ersparnisse versiegten langsam, und obwohl er über eine Arbeitserlaubnis und Kontakte zu Agenturen verfügte, traute er sich mit seinen Lederhänden nicht zu einem Vorstellungsgespräch. Es kam, wie es kommen musste: Greg buchte einen Rückflug nach Kapstadt.
    »Aber vorher machen wir noch irgendetwas Spaßiges zusammen«, versprach er mir, um mich zu trösten.
    Es war der 3.   Oktober 1995, und etwas Spaßiges anzustellen, war mittlerweile auch für Greg zur Kostenfrage geworden. Disneyland oder Abendessen fielen somit aus, ich spielte mit dem Gedanken, Greg einfach ein Kaleidoskop zu kaufen und ein paar Drinks zu spendieren. Aber Greg hatte andere Pläne. Völlig aufgekratzt schubste er mich in den 420er Bus und erklärte mir, dass wir heute Geschichte live erleben würden, denn heute sei der Tag der Tage.
    Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht die geringste Ahnung hatte, wovon Greg sprach, bis der Bus die ersten Hochhäuser passierte. Wir befanden uns, zum ersten Mal, seit ich mich in den USA befand, in Downtown Los Angeles.
    Neben vielen anderen Gerüchten war auch jenes über Downtown Los Angeles absolut wahr: Viele glauben nicht, dass diese Stadt tatsächlich existiert. Es ist das Bielefeld Kaliforniens. Dennoch merkt man sofort, wenn man dort angekommen ist. Die Temperatur sinkt um zehn Grad, der Bus, aus dem man soeben ausgestiegen ist, verschwindet plötzlich im Nichts, und du weißt: Wenn sie dich einmal hier haben, lassen sie dich nicht so schnell wieder raus.
    Ich hatte jedoch nicht mit der Menschenmasse gerechnet, die uns augenblicklich mit sich zog. Wahrscheinlich hatte ihr Erscheinen mit den vielen Kameras zu tun, den Ü-Wagen und Reporterteams, die sich vor dem Gebäude postiert hatten, zu dem wir hingespült wurden. Und auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Heute würde ein historischer Tag sein, und wir waren ganz genau dort, wo es passieren würde. Wir standen vor dem Gerichtshof, in dem in wenigen Minuten das Urteil gegen einen prominenten Angeklagten gesprochen werden würde: O.   J.   Simpson.
    »Was für ein Anblick!«, juchzte Greg.
    »Was für ein Selbstmordkommando«, raunte mir ein Reporter durch das vergitterte Fenster seines gepanzerten Fahrzeugs zu. Als ich daraufhin den Reporter ansah, fiel mir etwas an ihm auf, was mir sonst lange nicht zuerst an einem Menschen aufgefallen war: seine Hautfarbe. Er war weiß, genau wie Greg, ich und niemand sonst im Umkreis von vierhundert Metern. Wir standen inmitten eines aufgebrachten afro-amerikanischen Mobs. In wenigen Minuten würde Orental James Simpson des Mordes für schuldig befunden werden, und die Rassenunruhen würden nicht, wie prognostiziert, erst Minuten später in den Ghettos beginnen, sondern direkt hier vor dem Justizgebäude, weil zwei dämliche Touristen sich dankenswerterweise als Opferlämmer eingefunden hatten.
    Dann geschahen zwei sehr ungewöhnliche Dinge: Greg sah nicht nur, er schien die Lage zu durchschauen. Er wurde kreidebleich und flüsterte mir zu: »Mirist etwas mulmig zumute. Ich glaube, wir sollten etwas tun.«
    Also beteten wir. Wir beteten um Gnade für einen Doppelmörder, den gefallenen Helden eines Landes, das nicht unseres war. Der ein Spiel spielte, dessen Regeln wir nicht verstanden, und den wir bis zum letzten Jahr nur als Trottel vom Dienst aus »Die

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