Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht
Gerichtshof, die wissen das auch, oder?«
»Anzunehmen«, bestätigte ich.
Greg blickte sich auf der Straße um, so, als würde er zum ersten Mal wirklich sehen, wer sich auf dem Hollywood Boulevard herumtrieb. Nach kurzer Zeit hatte er ein Urteil gefällt: »Und diesen Leuten hier – denen ist das morgen egal, oder?«
Ich stimmte ihm abermals zu.
»Mir ist es jetzt auch egal«, sagte Greg, »aber eben war es mir nicht egal – glaube ich.«
Ich versuchte, Greg zu helfen: »Man muss schon dabeigewesen sein.«
Er nickte lange. Dann sagte er: »Halte mich bitte nicht für einen Rassisten, Katinka …«
Nun war ich wirklich gespannt darauf, wie Greg die Ereignisse der letzten Stunden für sich geordnet hatte.
»… aber was die Japaner auf der Gästetoilette tun, das scheint mir doch extrem unhygienisch. Ich konnte es dir bisher nicht sagen, weil ich Angst hatte, dass du dich genauso ekelst wie ich, aber jetzt sage ich es dir einfach: Sie werfen das benutzte Toilettenpapier in den Mülleimer!«
Ich konnte es nicht glauben – weder, dass unsere asiatischen Gäste so etwas taten, noch dass Greg in diesem Moment tatsächlich darüber nachdachte.
»Bist du sicher?«, fragte ich ihn.
Er lächelte: »Na ja, nicht wie sie es getan haben – aber die Beweisstücke, die habe ich gesehen.«
Am nächsten Tag flog Greg nach Hause. Ich fühlte mich sehr einsam in der ersten Zeit, niemand ging Dinge mit mir ansehen, alles, was mir von ihm blieb, war seine Putzschicht. Ich wollte gerade die Gästetoilette säubern, öffnete die unverschlossene Tür und beobachtete etwas ganz Normales: Azar, die iranische Transe, war gerade von einer Party zurückgekehrt und stand summend vor dem Spiegel. Sie schminkte sich ab, und in Ermangelung von Wattepads benutzte sie das Toilettenpapier. Ein benutztes Blatt nach dem anderen landete im Mülleimer, etliche Schichten tiefbraunen Make-ups waren zu entfernen. Kein schöner Anblick, aber, kannte man die Quelle, nicht wirklich ekelerregend.
Azar verfluchte mich, knallte die Tür vor meiner Nase zu, und ich beschloss, mir eine Pausenzigarette vor der Tür zu genehmigen.
Was hätte ich getan, hätte ich die vermeintlichen Japaner-Verunreinigungen entdeckt? Daran gerochen? Unwahrscheinlich. Nachgedacht? Noch unwahrscheinlicher.
Manchmal stehe ich nachts auf und suche Greg, um ihm zu sagen, dass er sich damals einfach verguckt hat. Aber ich finde ihn nicht. Eines tröstet mich dabei: Ganz egal, wie man es im Nachhinein betrachtet, es bleibt ein historischer Tag, an dem ein schwarzer Handschuh Leben rettete.
Alles wird gut
Irgendwann wird jemand kommen, um mich zu retten. Bald wird auch mir geholfen werden. Jemand wird dafür sorgen, dass der schönste Teil meines Handybildes nicht mehr von dem Betreiberlogo bedeckt wird, und eine patente Mittdreißigern, die in Größe und Bauart der
MS Astoria
gleicht, wird, angetan mit pinkfarbenem Overall, Laminat-Imitat in meiner Wohnküche verlegen lassen, eine der Dachschrägen apfelgrün streichen und so für mein seelisches Gleichgewicht sorgen. Dann wird sie auch endlich die kleine Wohlfühl-Ecke in meiner Gerümpelecke einrichten, die ich so dringend brauche, mit Papageienblumen und passenden Glasdeko-Steinen, die einen ganz persönlichen Akzent setzen, wie in all den anderen winzigen Dachwohnungen, in denen es so tolle Möglichkeiten zum Platzsparen gibt, man kann ja den Schuhschrank mit dem Teewagen kombinieren, schon hat man alles beisammen.
Und wenn die Fregatten-Frau dann endlich meine Wohnung verlässt, wirkt die Wohnung tatsächlich viel größer, ich kann mich kurz darüber freuen, in meiner Wellness-Ecke, aber dann kommt schon die andereFrau, die mit mir besser essen will, und mich nur ganz kurz verblüfft, als sie mir pädagogisch eindrucksvoll erläutert, dass es gesundheitlich vorteilhafter wäre, wenn ich zwischendurch eine kleine Magermilchbanane verdrückte statt des Stierkalbs, an das ich mich so als Snack vor dem Fernseher gewöhnt habe.
Fernsehen macht generell dick, sagt sie, nur nicht, wenn man als Ernährungscoach drinsteckt, und ich glaube ihr, weil sie mir das alles zusätzlich noch einmal anhand einer gemalten Pyramide darstellt, die mir sehr ähnlich sieht. Aber wenn ich mich erst mal umgestellt habe, dann kann ich auch wieder shoppen gehen, weil ich ja für abends noch einen Übergangsmantel brauche, den ich mal lässig mit dem altrosa Twinset kombinieren kann. Das erscheint zwar farblich gewagt, aber
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