Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt
waren in der Hundehitze dieses Nachmittags zusammengefallen, noch bevor sie vor eine erschöpfte Menge treten konnten, die schon völlig ausgepowert auf den Auftritt des Hauptacts wartete. Aber sie gaben ihr Bestes.
Nicht alle waren wegen der Musik da. Eigentlich ignorierte das Pärchen zwei Reihen vor mir A Flock of Seagulls komplett und nutzte deren Auftritt dafür, beim Fummeln die zweite Stufe zu erreichen. (Zumindest das, was 1983 die zweite Stufe war. Ich kann mir nicht mal vorstellen, was die zweite Stufe heutzutage wäre. Vielleicht ein Vierer ohne den Einsatz von Melkprodukten?)
Aber alles in allem war es ein glorreicher Abend. Als wir wieder im Parisienne saßen und im Stau an der Ausfahrt des Parkplatzes warteten, lief Synchronicity im Kassettenspieler des Autoradios, sodass wir all die Sting’schen Oden und Jung’schen Mythen, die wir gerade gehört hatten, noch einmal grölen konnten. Wir brauchten allein drei »Miss Gradenko«, bis wir den Parkplatz überhaupt verlassen hatten.
Hamlet war natürlich auch großartig, aber das, was mir von diesem Tag am besten in Erinnerung geblieben ist, ist das Gefühl, in einer Menschenmenge aufzugehen. Ich kam nicht mal auf den Gedanken, zurück zum Auto zu gehen und mich dort zu verkriechen. Normalerweise war ich ein Profi darin, mir bei jeder Art von Party oder sozialer Zusammenkunft unter dem Vorwand, etwas auf dem Rücksitz vergessen zu haben, den Autoschlüssel zu erschleichen, und mich dann mit einem Buch dorthin zurückzuziehen, bis es Zeit wurde heimzufahren. Ich war meiner Schwester, Sting, dem dunklen Prinzen von Dänemark und Martha Quinn unendlich dankbar. Aber ganz besonders dankbar war ich den Flocks, die an jenem Tag am wenigsten gut angekommen waren, obwohl sie sich am meisten Mühe gegeben hatten.
Was ich damals – und danach noch viele Jahre lang – nicht verstand, war, dass Amerika das einzige Land war, in dem jeder The Fixx oder A Flock of Seagulls mochte. Trotz der Tatsache, dass es sich bei ihnen nachweislich um englische New-Wave-Bands handelte, hatten sie bei sich zu Hause praktisch keine Fans. Erst als ich später aufs College ging und Leute kennenlernte, die aus England kamen, wurde ich mir der Kluft bewusst, die sich zwischen dem, was Engländer mögen, und dem, was anglophile amerikanische Teenietrottel mögen, auftat. »I Ran« schaffte es in Großbritannien nicht einmal in die Top 40, und das einzige Mal, dass sie nahe dran waren, in ihrer Heimat einen Hit zu landen, war mit »Wishing (If I Had a Photograph of You«). Aber in den Staaten genossen sie diesen exotischen Reiz, eine englische Band zu sein, und wir stellten uns vor, dass ganze Horden von heißen britischen Modmädels den Flocks auf der Straße hinterherliefen. Es war schmerzlich für mich, zu erfahren, dass ihnen das in Wahrheit nie passiert ist – und es deshalb noch viel unwahrscheinlicher war, dass es jemals einem ihrer Fans passieren würde.
Aber jeder erinnert sich an die Haare. Sie waren die erste berühmte Rockgruppe, die als Frisörverein angefangen hatte – und die beste Arbeit hatten sie zweifellos an sich selbst vollbracht. Sogar ein großer Fan ihrer Musik wie ich muss zugeben, dass man sich hauptsächlich wegen ihrer Frisuren an sie erinnert. Das ist nur recht und billig, denn ihr Haar half ihnen, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und das ist auch der Hauptgrund dafür, warum sie für so viele das Sinnbild für die Ära der üblen Frisuren sind. Wenn man sich über die Frisur von jemandem lustig machen will, wird sicher irgendwann der Spruch »Du … Flock of Seagulls!« fallen. John Doe von X hat ihnen einmal vorgeworfen, sie würden allein mit »einem Haarschnitt und einem Disco-Beat« Geld machen. Die Haare machten sie zur Legende, aber dadurch haftete ihnen auch ein Image an, das sie nie wieder loswurden. Die Frisuren wurden zu ihrem wasserstoffblonden Gefangenenlager.
Die Band eines Freundes von mir spielte irgendwann in den Neunzigern in Richmond, Virginia, als Vorgruppe von A Flock of Seagulls. Ich bin nicht hingegangen, weil ich fürchtete, das Ganze könnte ziemlich deprimierend werden, und anscheinend lag ich damit nicht ganz falsch – wer auch immer zu diesem Zeitpunkt in der Band war, sie verhielten sich meinen Freunden gegenüber dem Vernehmen nach mürrisch und feindselig. Die Flocks hatten offenbar so viele fiese Witze über sich zu hören bekommen, dass sie argwöhnisch geworden waren, wie man es nicht selten bei Ex-Berühmtheiten
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