Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt
sie ihren Schmerz im Diesseits zurück, und ich konnte sie nicht mehr davor beschützen. Allerdings hatte ich das sowieso nie gekonnt. Ich war weit für sie gegangen, und jetzt war sie an einem anderen Ort. Ich musste mir schon ganz zu Anfang eingestehen, dass ich sie nicht vor ihrem Schmerz bewahren konnte, und je länger wir zusammen waren, umso heftiger traf mich die Erkenntnis, dass es so viel Mist auf der Welt gab, vor dem ich sie nicht beschützen konnte.
Als Renee Probleme im Job bekam, legte sie sich eine Robin-Ventura-Baseballsammelkarte auf den Tisch. Immer wenn sie kurz vorm Überkochen war, blickte sie Robin Ventura an und dachte: »Versuch erst gar nicht, den Hügel zu stürmen. Wenn du dich auf einen Kampf einlässt, hast du schon verloren. Wenn du nicht damit anfängst, gibt’s auch keinen Stress.« Es beruhigte sie, half ihr, cool zu bleiben. Für jeden, der an ihrem Tisch vorbeikam, sah es bloß aus wie eine harmlose Baseballsammelkarte von dem White-Sox-Spieler an der dritten Base, eine attraktive Sportskanone, nichts weiter. Aber für sie war es eine verschlüsselte Botschaft. Es erinnerte sie daran, dass recht zu haben im Kampf nicht unbedingt von Vorteil war. Wenn Renee die Wut in sich aufsteigen spürte, wiederholte sie in Gedanken den Namen Robin Ventura, immer wieder, wie ein Mantra, und normalerweise legte sich dann ihr Zorn. Und Robin Ventura hatte außer dem einen knackigen Hintern, was wohl auch ein Grund dafür war, dass sie seine Karte aufhob.
Sie vor bestimmten Dingen nicht bewahren zu können war eine sehr beängstigende Erkenntnis für mich. Mit jedem Jahr, das wir gemeinsam verbrachten, wurde mir bewusster, dass ich nun unendlich viele Gründe hatte, mir Sorgen zu machen. Schließlich hatte ich nun etwas zu verlieren. Wie in dem Film Das Ding aus dem Sumpf . Darin nimmt der durchgedrehte Biologe Adrienne Barbeau kurz nach ihrer Oben-ohne-Szene als Geisel, um sie als Lockvogel zu benutzen bei dem Versuch, das Sumpfmonster einzufangen, und sagt: »Ein Mann, der liebt, übergibt dem Schicksal Geiseln.«
Es war ein einsames Unterfangen, mit all diesen Ängsten zu ringen. Machten alle Erwachsenen sich solche Sorgen? Ich wusste es nicht.
Eines Sonntagnachmittags ging Renee und mir mitten in einem Streit das Benzin aus, während wir im Granada meiner Schwester über den Afton Mountain fuhren. Man konnte von dem Wagen nicht unbedingt behaupten, dass er besonders straßentauglich war, aber er hatte eine funktionierende Benzinanzeige, und mir hätte wirklich auffallen müssen, dass der Zeiger längst auf »leer« stand. Aber Renee und ich waren zu sehr damit beschäftigt, uns gegenseitig anzugiften, wegen irgendeiner Sache, die uns damals unglaublich wichtig erschien. Ich kann mich ehrlich nicht mehr daran erinnern, weshalb wir so wütend aufeinander waren. Der Wagen fing an zu stottern, und ich lenkte ihn auf den Seitenstreifen. Eigentlich wollten wir im Auto sitzen bleiben und uns weiter über den unwichtigen Mist streiten, aber stattdessen stiegen wir aus und stritten uns nun darüber, wer von uns beiden den Berg runterlaufen sollte, um Benzin von der nächsten Tankstelle zu holen.
Wir standen am Straßenrand, mit dem Rücken ans Auto gelehnt, und starrten düster auf den Verkehr, der an uns vorbeiströmte. In dem Moment begann es uns zu dämmern, wie sinnlos es war, dass wir zusammenblieben. Keiner von uns beiden sagte etwas – wir standen bloß da, und unsere T-Shirts flatterten im Wind wie Stofffetzen an einer Antenne. Gibt es Menschen, die dümmer, schwächer und hilfloser, aber vor allem dümmer sind als zwei verliebte Dreiundzwanzigjährige?
Aber das Dümmste war eben nicht, dass uns das Benzin ausgegangen war oder wir uns wegen irgendeinem Mist stritten, sondern dass wir überhaupt noch zusammen waren. Das war das erste Mal, dass mir bewusst wurde, in welcher Scheiße wir saßen. Mein restliches Leben lang würde ich Grund haben, mir Sorgen zu machen. Denn jetzt war ich von etwas infiziert, das stärker und ge meiner war als ich. Wir hätten noch ewig an dem 1976er Granada lehnen und auf den Asphalt starren können, doch niemand würde uns davor bewahren, außer wir uns gegenseitig. Wie »Der Türke« in Der Pate gesagt hätte: »Blut kostet mich zu viel.«
Als wir so dastanden, begriff ich, was »Geiseln ans Schicksal übergeben« meinte. Die Liebe kann mit einem machen, was sie will. Und sie ist um einiges gemeiner als man selbst. Es wird nicht schnell gehen. Es wird dich
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