Mit offenen Karten
untadeliges Leben geführt – und führt es vielleicht nach wie vor.»
«Vielleicht, aber ich nehme lieber das Schlimmste an.»
Er fuhr fort:
«Ich bin auf die Spur eines Skandals wegen einer Frau gekommen – eine seiner Patientinnen namens Craddock. Ich glaube, dem lohnt es sich nachzugehen. Ich werde sofort jemanden darauf ansetzen. Die Frau ist in Ägypten an irgendeiner Krankheit gestorben, also glaube ich eigentlich nicht, dass etwas daran ist – aber es kann ein Licht auf seinen allgemeinen Charakter und seinen Lebenswandel werfen.»
«War auch ein Mann da?»
«Ja, er starb an Anthrax, an Milzbrand also. Es waren um diese Zeit eine Menge billiger Rasierpinsel auf dem Markt – einige davon infiziert. Es hat damals viel Staub aufgewirbelt.»
«Sehr bequem», meinte Poirot.
«Das habe ich mir auch gedacht. Wenn ihr Mann gedroht hatte, Krach zu schlagen… Aber all das sind Vermutungen. Wir haben keinen richtigen Anhaltspunkt.»
«Nur Mut, mein Lieber. Ich kenne Ihre Geduld. Zum Schluss werden Sie mehr als genug Anhaltspunkte haben.»
«Und vor lauter Nachgrübeln darüber hereinfallen», spottete Battle.
Dann fragte er neugierig: «Und Sie, Monsieur Poirot, werden Sie Ihr Glück versuchen?»
«Ich könnte auch Dr. Roberts aufsuchen.»
«Zwei von uns an einem Tag, das müsste ihm Angst einjagen.»
«Oh, ich werde sehr diskret sein. Ich werde nicht nach seiner Vergangenheit forschen.»
«Ich möchte wissen, wie Sie vorgehen werden», meinte Battle interessiert. «Aber sagen Sie mir nichts, wenn Sie nicht wollen.»
«Im Gegenteil, mit Vergnügen! Ich werde mit ihm ein wenig über Bridge sprechen, das ist alles.»
«Wieder Bridge. Sie sind ganz versessen darauf, nicht wahr?»
«Ich finde das Thema nützlich.»
«Nun, jeder nach seiner Fasson. Ich arbeite nicht mit diesen ausgefallenen Methoden. Sie sagen mir nicht zu.»
«Worin besteht eigentlich Ihre Methode, Superintendent?»
Sie zwinkerten einander zu.
«Ein gerader, ehrlicher Beamter, der im Schweiße seines Angesichts seine Pflicht tut, das ist meine Art. Keine Grillen, keine Fantastereien. Nur ehrlicher Schweiß. Unerschütterlich und ein wenig dumm – das ist meine persönliche Note.»
Poirot erhob sein Glas.
«Auf unser beider Methoden – und möge der Erfolg unsere vereinten Bemühungen krönen.»
«Ich vermute, Colonel Race wird einiges Wissenswertes über Major Despard in Erfahrung bringen», hoffte Battle. «Ihm stehen viele Informationsquellen offen.»
«Und Mrs Oliver?»
«Das ist Glückssache. Mir ist die Frau sympathisch. Sie redet zwar eine Menge Unsinn, aber sie ist ein Pfundskerl. Und Frauen kriegen über andere Frauen Dinge heraus, die Männer nicht herausbekommen. Sie kann vielleicht etwas Nützliches ausfindig machen.»
Sie trennten sich. Battle ging zu Scotland Yard zurück, um Instruktionen für gewisse Nachforschungen zu erteilen. Poirot begab sich nach Gloucester Terrace.
Dr. Roberts’ Augenbrauen hoben sich ironisch, als er seinen Gast begrüßte.
«Zwei Spürhunde an einem Tag?», fragte er. «Ich vermute, heute Abend werden mir schon die Handschellen angelegt.»
Poirot lächelte.
«Ich versichere Ihnen, Dr. Roberts, dass meine Aufmerksamkeit sich gleichmäßig auf alle vier von Ihnen verteilt.»
«Das ist immerhin etwas, wofür man dankbar sein muss. Rauchen Sie?»
«Wenn Sie gestatten, so rauche ich meine eigenen.»
Poirot zündete eine seiner winzigen russischen Zigaretten an.
«Nun, was kann ich für Sie tun?», fragte Roberts.
Poirot paffte ein bis zwei Minuten schweigend, dann sagte er: «Sie sind ein scharfer Menschenbeobachter, Dr. Roberts?»
«Ich weiß nicht. Wahrscheinlich. Es gehört zu meinem Beruf.»
«Genau das war meine Überlegung. Ich sagte mir, ein Arzt muss seine Patienten ständig beobachten – ihre Mienen, ihre Gesichtsfarbe, wie schnell sie atmen, irgendwelche Zeichen von Unruhe –, ein Arzt registriert diese Dinge automatisch, fast unbewusst! Dr. Roberts kann mir helfen.»
«Gern, wie?»
Poirot zog aus einer sauberen kleinen Brieftasche drei sorgfältig gefaltete Bridgeabrechnungen heraus.
«Das sind die ersten drei Robber von jenem Abend», erklärte er.
«Hier ist die erste Notierung – in Miss Merediths Handschrift. Können Sie mir nun – anhand dieser Abrechnungen – genau sagen, wie die Ansagen waren und wie die einzelnen Spiele durchgeführt wurden?»
Roberts starrte ihn entgeistert an.
«Sie scherzen, Monsieur Poirot, ich kann mich doch unmöglich
Weitere Kostenlose Bücher