Mit Pflanzen verbunden
modernen medizinischen Anwendungen hat sich Prof. Dr. med. L. Grinspoon (Emeritus, Harvard Medical School) eingehend auseinander gesetzt (Grinspoon/Bakalar 1994). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machten Cannabispräparate (Extrakte, Tinkturen, Elixiere) die Hälfte aller in Europa und den USA verkauften Medikamente aus. Der Entdecker des THCs und der körpereigenen Rezeptoren für Cannabinoide, Dr. Raphael Mechoulam (Universität Jerusalem), nimmt an, dass im Fall der Legalisierung zehn bis zwanzig Prozent aller verschreibungspflichtigen Medikamente durch Cannabisextrakte ersetzt werden könnten (Herer/Bröckers 1993: 75).
Zubereitung, Sammelzeit: In Deutschland ist zurzeit die Anwendung von Hanf als Heilmittel durch das Betäubungsmittelgesetz verboten. Dieses Verbot betrifft auch die homöopathischen Zubereitungen.
Verbotene Pflanze
Die panische Reaktion, mit der ich bei der ersten Begegnung auf die Cannabispflanze reagierte, rührte davon her, dass Hanf in den USA seit den dreißiger Jahren als „Mörderkraut“ verteufelt wurde. Erziehungsprogramme und Filme wie „ Reefer Madness “ oder „ Marihuana – the Assassin of Youth “ schürten diese irrationale Angst. Dass das Hanfverbot weniger aus Sorge um das Wohl der Menschheit, sondern vielmehr aus konkurrenzwirtschaftlichen und rassistischen Gründen verhängt wurde, hat Jack Herer in seinem Werk „ Hemp & the Marijuana Conspiracy: The Emperor wears no Clothes“ überzeugend darstellen können. 1938 wurde in den USA eine vollautomatische Schäl- und Erntemaschine für Hanf entwickelt. Als billige Zellulosequelle sollte der Hanf die Papier- und Textilherstellung revolutionieren. Bei ihrem Wachstum erzeugt die Faserpflanze je nach Standort mindestens viermal so viel Zellulose pro Hektar wie Kiefern oder Fichten, aus deren Holz sonst Papier und Karton hergestellt werden (Herer/Bröckers 1993: 325). Hanf braucht, im Gegensatz zu Baumwolle, keine Pflanzenschutzmittel und weniger Dünger. Und als Ölfrucht produziert die Pflanze mehr Öl als der Raps auf vergleichbarer Fläche. Eine Superpflanze! Man sprach schon von Milliardengewinnen – the billion dollar crop (Herer/Bröckers 1993: 49). 1941 stellte Henry Ford „das Auto, das auf dem Acker wächst“, vor – Brenn- und Schmierstoff aus Hanfsamenöl, Karosserie aus Hanfplaste, Sitzbezüge aus Hanffaser.
Warum also die Kampagne gegen diese alte Kulturpflanze? Mathias Bröckers schreibt: „Hanf wurde nicht trotz, sondern wegen seiner vorzüglichen Eigenschaften verboten – weil er Rohstoffkonkurrent war und bestehende wirtschaftliche Interessen und Monopole bedrohte.“ Beispielsweise war der Chemieriese Dupont, der Sulfite und Sulfate für die Holzpapierherstellung, auf Petroleum basierende Kunststoffe und chemische Textilien (Nylon) sowie Pestizide und Herbizide für die Baumwollfelder produzierte, alles andere als begeistert (Herer/Bröckers 1993: 288). Auch hatten Ölkonzerne gerade in arabische Ölquellen investiert. Holzunternehmen wie Kimberly Clark, St. Regis und anderen drohten milliardenschwere Verluste. William Randolf Hearst, Holzpapierfabrikant, Besitzer einer landesweit operierenden Zeitungskette und Erfinder des Sensationsjournalismus à la BILD-Zeitung, startete eine Publicitykampagne gegen Hanf. Da der Begriff „Hanf“ durchaus positiv besetzt war, musste er durch das mexikanische Fremdwort marijuana (Marihuana) ersetzt werden. Damit bediente sich Hearst rassistischer Vorurteile, denn nur die als faul und schmutzig geltenden Spics (Mexikaner) oder die ebenfalls aufgrund rassistischer Verleumdung verachteten „Nigger“ rauchten Marihuana. Marihuana wurde als Droge der Messerstecher und Vergewaltiger dargestellt. In der Hearst-Presse wurde ständig von Verbrechen – Mord, Amokläufen, Sexorgien und Vergewaltigungen weißer Frauen – berichtet, die durch Farbige unter Marihuanaeinfluss angeblich begangen worden waren. Nach dieser Propagandalawine kam es, wie es kommen musste: Marihuana wurde als die gefährlichste Droge überhaupt eingestuft und vom Gesetzgeber verboten. In den Südstaaten gab es manchmal lebenslänglich für einen einzigen Joint – aber es traf lediglich Mexikaner und Schwarze. Seit der Verabschiedung der Antimarihuanagesetze wurden in den vergangenen fünzig Jahren in den USA Gefängnisstrafen von insgesamt zwölf Millionen Jahren verhängt. Und Millionen Hektar von Wäldern – die Lungen der Erde – wurden seither abgeholzt, obwohl doch
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