Mit Pflanzen verbunden
Hanfzellulose ein besseres Papier abgeben würde.
Als dann in den sechziger Jahren die Kinder der weißen Mittelklasse – Blumenkinder, Hippies und Studenten – anfingen, das Kraut zu rauchen, wurde dies zur gesellschaftlichen Krise ersten Ranges. Diese Jungendlichen verweigerten oft den Kriegsdienst in Vietnam und schwärmten, nach Kontakt mit indischen Gurus, von Love & Peace . Plötzlich war Marihuana keine gewalterzeugende, sondern eine wehrzersetzende Droge, eine für Schlaffies, Vegetarier und andere unpatriotische Drückeberger, die kein Blut sehen konnten.
Im Mittelwesten, in Kansas und Illinois, wächst auch heute noch – trotz Ausrottungsversuchen – Faserhanf als Unkraut in den Feldern und auf Ruderalflächen. Die Jäger freut es, da die Samen wertvolles Futter für Wachteln und andere Vögel sind. Dieser Hanf enthält nur Spuren der psychoaktiven Cannabinoide, und beim Rauchen dieses Krauts bekommt man eher einen Lungenkollaps als einen beflügelnden Rausch. Aber das wissen Durchreisende nicht. Manchmal, wenn sie das Wildkraut entdecken, ernten sie einige Taschen voll davon. Die Polizei hat sich inzwischen darauf spezialisiert, den potenziellen Tätern aufzulauern und sie wegen „Besitz“ zu verbrummen. Das sieht in den Polizeiberichten gut aus und die Strafen bringen Geld in die Kassen der Kommunen. Seit Ende der Hippiezeiten (1972) sind mehr als zehn Millionen Amerikaner aufgrund dieser Hysterie inhaftiert worden (Zimmer et al 2004: 61).
Ein Kraut als „spiritueller Lehrer“
Irgendwann im Spätherbst 1964 war ich wieder an die Ohio State University zurückgekehrt. Ich zog in die umgebaute alte Kutschengarage ein, die einer sechsköpfigen Wohngemeinschaft als Zuhause diente, und lernte fleißig Anthropologie. Am Wochenende ging es ins „Heidelberg“, eine riesige Studentenbierhalle. Da Ohio strenge Alkoholgesetze hatte, gab es für alle unter 21 Jahren nur Dünnbier (3,2 % Alkohol). Zum Militär kam man dagegen schon mit 18 Jahren. Um den Alltag auszublenden, mussten die Studenten riesige Mengen Dünnbier durch ihre Kehlen jagen. Das Ausblenden war unerlässlich, um den Leistungsdruck zu ertragen und die zum Teil bizarren „Ausschwitzungen“ der Professorengehirne zu verdauen. Infolgedessen roch es rund ums „Heidelberg“ und ähnliche Trinkhallen penetrant nach Erbrochenem und Urin.
Eines Tages brachte George eine neue Freundin mit ins Kutschenhaus. Sie kam aus Kalifornien. Als Erstes sagte sie: „Jungs, drehen wir uns einen!“, und zog einen Beutel mit getrockneten grünen Kräutern aus der Jackentasche. Verlegen murmelten die anderen einige unverständliche Worte und verließen das Zimmer. Sie schaute mich an. „Und du? Schon mal Pot geraucht?“
Da meldete sich mein Ego zu Wort, als wäre es ein alter Profi in Sachen Rauschgift. „Klar!“, sagte ich ohne zu zögern. Damit konnte ich bei meinen Freunden punkten: Ich, der verwegene Typ, der keine Angst vor dem Teufelskraut hatte. Sie rollte den Joint. Mehr als ein paar Züge waren nicht drin. Ich zog sie in die Lunge, so wie ich es in Palo Alto gesehen hatte.
„Machen wir uns eine gemütliche Zeit zusammen“, sagte sie zu mir.
„Nee, wenn ich high bin, dann bin ich lieber allein“, antwortete ich und ging nach draußen. Ich wollte mich nicht blamieren. Ich wusste ja nicht, wie ich reagieren würde, und war auf einen typischen alkoholischen Vollrausch gefasst, bei dem man herumtorkelt und doofe Dinge sagt und tut, die einem später Leid tun. Jedoch geschah nichts dergleichen. Am Anfang merkte ich überhaupt nichts – ein einziger Joint ist wahrscheinlich zu wenig, um abzuheben oder auszurasten, dachte ich. Doch dann wurde alles ein bisschen anders als sonst. Es war, als sähe ich alles aus einer anderen, ungewöhnlichen Perspektive. Geräusche waren intensiver, ich bemerkte Dinge, die ich sonst übersah. Ein bisschen Angst hatte ich, dass die Leute, die vorbeiliefen oder -fuhren, merken könnten, dass ich mich in einem außergewöhnlichen Bewusstseinszustand befand. Als ein Streifenwagen langsam an mir vorbeifuhr, bekam ich fast Panik. Irgendwie fühlte ich mich schutzloser, offener, sensibler.
Nach einigen Stunden kam ich wieder in die Bude zurück. Ich fand es lustig, wie mich meine Freunde anstarrten, als wollten sie wissen, ob ich nun endgültig dem Wahnsinn verfallen war. Aber ich war wieder „normal“. Das Eis war gebrochen, bald pafften auch die Freunde ihre Joints. Für alle war es eine Entdeckungsreise in die
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