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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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sich auf den Knien vor und zurück. Das gesamte Restaurant war wie gebannt, zur Bewegungslosigkeit erstarrt angesichts dieser Explosion von Gewalt. Dann senkte der Knieende langsam die Hände und funkelte seinen Angreifer an.
    In einem Klumpen aus Schleim und Blut spuckte er einen ausgeschlagenen Zahn auf den Boden, dann fuhr er sich mit dem Handrücken das blutüberströmte Kinn entlang, und in seinem Blick, der allen Spott und alle Politur verloren hatte, funkelte der Irrsinn.
    »Du hast mich geschlagen.« Er sprach mit schwerer Zunge, undeutlich durch den Schmerz in seinem zerschlagenen Mund und erstickt von Wut. »Du hast mich geschlagen !«
    Mit blitzenden Augen trat Tankersley einen halben Schritt auf ihn zu, bevor er nachdenken konnte, aber der andere Mann zuckte nicht mit der Wimper. Noch immer auf den Knien, starrte er zu ihm hoch, das Gesicht erstarrt zu einer Maske aus Blut und Haß, der an der Grenze zum Wahnsinn taumelte.
    »Du hast es gewagt, mich anzufassen!? « stieß er hervor. Tankersley fletschte verächtlich die Zähne und wollte sich abwenden, aber der Besitzer dieser schwerzüngigen, haßerfüllten Stimme war noch nicht fertig.
    »Niemand faßt mich ungestraft an, Tankersley! Dafür werden wir uns begegnen – ich verlange Genugtuung!«
    Tankersley blieb wie angewurzelt stehen. Das Schweigen ringsum war nicht mehr geschockt, sondern tödlich; und er begriff plötzlich, was vorging und was er getan hatte. Er hätte es schon früher erkennen sollen – und hätte es erkannt, wenn er auch nur etwas weniger erzürnt gewesen wäre. Nun wußte er Bescheid. Der Mann hatte nicht erwartet, körperlich angegriffen zu werden, sondern es von Anfang an darauf angelegt, ihn in Zorn zu versetzen – mit einem einzigen Ziel im Sinn: um die Forderung zu provozieren, die er nun selbst ausgesprochen hatte.
    Und Paul Tankersley, der in seinem Leben noch kein Duell ausgetragen hatte, wußte, daß er keine andere Wahl hatte, als die Forderung anzunehmen.
    »Gut«, knirschte er mit zusammengebissenen Zähnen und funkelte seinen unbekannten Feind an. »Wenn Sie darauf bestehen, dann gebe ich Ihnen Genugtuung.«
    Wie durch Magie erschien ein anderer Mann aus der Menge und half dem Fremden auf.
    »Das ist Mr. Liwitnikow«, zischte der Mann mit dem blutigen Gesicht und stützte sich dabei auf den Genannten. »Ich bin sicher, er wird mir mit Freuden sekundieren.« Liwitnikow nickte knapp, griff mit der linken Hand in die Jackentasche – mit der rechten stützte er den Provokanten – und reichte Tankersley etwas.
    »Meine Karte, Captain Tankersley.« Die überkorrekte, kalte Empörung, mit der er sprach, war ein wenig zu gekünstelt, ein wenig zu eingeübt. »Ich erwarte, daß Ihre Freunde mich innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden anrufen.«
    »Mit Sicherheit«, sagte Paul mit gleichsam kalter Stimme. Liwitnikows plötzliches Erscheinen war die letzte Bestätigung seines Verdachts: Er war in eine sorgfältig gestellte Falle getappt. Während er die Karte entgegennahm, bedachte er sein Gegenüber mit einem verächtlichen Blick. Er steckte sie sich in die Tasche, wandte sich ab und ging zur Tür. Dann blieb er stehen.
    Im Eingang stand Ramirez mit vor Entsetzen erstarrtem Gesicht. Sein Blick war jedoch nicht auf Tankersley gerichtet. Sein Blick haftete mit erschrockenem Begreifen auf dem Mann, den sein Freund gerade niedergeschlagen hatte – dem Mann, den Paul gegenüber zu erwähnen er niemals erwogen hatte. In gelähmtem Entsetzen beobachtete er, wie Liwitnikow einen wankenden, blutüberströmten Denver Summervale durch die Menschenmenge davonführte.
     

18
    Wenigstens war der Stuhl bequem.
    Das war wichtiger, als man denken mag, denn Honor hatte während des vergangenen Monats mindestens acht Stunden am Tag darauf verbracht, und langsam baute sich in ihr die Erschöpfung auf. Selbst für sie war der sechsundzwanzig Standardstunden dauernde Grayson-Tag ein wenig zu lang. Der Sphinx-Tag, an den sie von Geburt an gewöhnt war, mochte nur kaum eine Stunde kürzer sein, aber sie hatte in den vergangenen dreißig T-Jahren nach Navyuhren gelebt, die sich an den 22-Stunden-plus-Korry-Tag von Manticore hielten. Allerdings konnte sie ihre gegenwärtige Erschöpfung nicht allein auf die Tageslänge schieben.
    Als die Tür hinter dem letzten Besucher zufuhr, schaute Honor nach links und schloß halb die Augen gegen die hell strahlende Morgensonne, die durch die Fenster ins Büro schien. Für Honors Geschmack war die

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