Mit Schimpf und Schande
Hintergrundgeräusch gedämpfter, geselliger Konversation Erleichterung überkam; das Gefühl, das sich einstellt, wenn Menschen eine Zuflucht gegen den Sturm teilen, ob er nun echt war oder nicht. Er bestellte sich ein zweites Old Tilman, ein sphinxianisches Gebräu, auf das Honor ihn aufmerksam gemacht hatte, und dessen kräftigen, prägnanten Geschmack er sehr schätzte. Wenn er diesen Krug lange genug streckte, dann würde er reichen, bis der Colonel eintraf.
Er nahm noch einen Schluck und wandte erstaunt den Kopf, als ein Fremder sich auf dem Hocker neben ihm niederließ. Die meisten Gäste im Dempsey’s waren über die Nischen und Tische verteilt, und die glänzende Hartholztheke war daher nur dünn besetzt. Es gab genügend unbesetzte Hocker, daß man abgeschieden oder wenigstens doch allein dasitzen konnte, und Tankersley wunderte sich beiläufig, warum der Neuankömmling nicht einen davon genommen hatte.
»Einen doppelten T-Whiskey Sour«, bestellte der Fremde, und Tankersley hob die Augenbrauen. Die meisten Manticoraner bevorzugten heimische Spirituosen aus zwei Gründen: Vertrautheit und Preis. Terranischer Whiskey war auch im Sternenkönigreich teuer genug, um ihn zu einer Affektiertheit der sehr Reichen zu machen, und wenn der schlanke, hellhaarige Mann neben ihm auch gut angezogen war, so verrieten weder das Material noch die Verarbeitung seiner Kleidung die Menge Geld, die normalerweise mit dem Bestellen von T-Whiskey einherging.
Der Barkeeper brachte das Gewünschte, und der Fremde nippte daran, dann drehte er sich auf dem Hocker, um seine Umgebung in Augenschein zu nehmen. Einen Ellbogen stützte er auf die polierte Theke, den Drink mit nachlässiger Eleganz haltend. In der Art, wie er die anderen Gäste musterte, lag ein gewisses arrogantes Selbstbewußtsein.
Und etwas daran störte Tankersley. Nicht, was er konkret hätte benennen können, nichts Unverhohlenes, und doch lief ihm ein kalter Schauder den Rücken hinunter. Am liebsten wäre er aufgestanden und weggegangen, aber das wäre vielleicht doch zu deutlich gewesen, zu unhöflich, und so konzentrierte er sich auf sein Bier, wobei er sich selbst für seine Überempfindlichkeit schalt, die ihn wünschen ließ, er könnte dies tun, ohne beleidigend zu wirken.
Eine Minute verging, dann eine zweite, bevor der Fremde abrupt das Glas leerte und auf die Theke abstellte. Seine Bewegungen wiesen einen gewissen Bedacht, beinahe Entschiedenheit, auf, und Tankersley erwartete nun, daß er gehen würde. Aber so kam es nicht.
»Captain Tankersley, nicht wahr?« Die Stimme war kühl und wies einen aristokratischen Akzent auf, der gut zu der Vorliebe des Fremden für terranischen Whiskey paßte. Obwohl der Tonfall höflich war, lag darunter noch etwas anderes.
»Ich fürchte, Sie sind mir gegenüber im Vorteil«, entgegnete Tankersley langsam, und der Fremde lächelte.
»Das erstaunt mich nicht, Sir. Schließlich sind Sie seit der Schlacht von Hancock Station immer wieder im HD und in den Nachrichten zu sehen gewesen, während ich …« Er zuckte mit den Schultern, als wolle er die eigene Unwichtigkeit unterstreichen, und Tankersley runzelte die Stirn. Mehrmals war es vorgekommen, daß Reporter ihn in die Falle gelockt und ein Interview aufgedrängt hatten, besonders, nachdem sie von seiner Beziehung zu Honor erfuhren, aber er hätte nicht erwartet, in den Medien so präsent zu sein, daß er von Fremden in Bars erkannt wurde.
»Ich wollte Ihnen nur sagen«, fuhr der andere Mann fort, »wie sehr ich bewundere, was Sie in Hancock Station geleistet haben.«
»Sie sollten nicht alles glauben, was man liest oder hört«, antwortete Paul. »Ich habe nichts weiter getan, als in der Reparaturbasis zu sitzen und zu hoffen, daß Admiral Sarnow und Captain Harrington die Havies davon abhielten, sie mir unter dem Hintern wegzublasen.«
»Ah ja. Selbstverständlich.« Der Fremde nickte und hob, als der Barkeeper gerade zu ihm hersah, das Glas als Zeichen, daß er einen zweiten Drink wolle. Dann blickte er wieder Tankersley an.
»Ihre Bescheidenheit ehrt Sie, Captain Tankersley. Und natürlich haben wir alle von Lady Harringtons Heldentaten gelesen.«
Die Art, in der er die ›Heldentaten‹ betonte, ließ Tankersley die Stirn runzeln. Das Wort trug einen leichten, aber unüberhörbar abschätzigen Unterton mit sich, und Tankersley spürte in sich Ärger aufsteigen. Er unterdrückte das Gefühl und nahm einen größeren Schluck Bier; plötzlich wollte er nur
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