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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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der wahrlich geglaubt hatte, seine Abkunft mache ihn erhaben über seine Umgebung und schütze ihn vor allen Folgen seines Handelns. Er bedeutete keine Gefahr mehr – nur einen scheußlichen Fehler, den die Navy begangen hatte und den zu berichtigen sie nun ansetzte. Honor war in diesem Augenblick nur eines wichtig: daß sie Young nun für immer hinter sich ließ.
    Und doch …
    Sie ließ die Hand sinken und trat beiseite. Ein Captain Junior Grade mit dem Waagschalenschulteremblem des JAG-Corps räusperte sich hinter ihr.
    »Captain Lord Young?« fragte der Unbekannte, und Young nickte. »Ich bin Captain Victor Karatchenko. Auf Befehl der Judge Advocate General werden Sie hiermit ersucht und angewiesen, mich auf den Boden dieses Planeten zu begleiten, Sir. Darüber hinaus muß ich Ihnen mitteilen, daß Sie unter verschärftem Arrest stehen und sich möglicherweise wegen Feigheit vor dem Feind und Fahnenflucht vor dem Kriegsgericht verantworten müssen.« Youngs Gesicht verhärtete sich, als er die formelhaften Sätze hörte. Vor Entsetzen möglicherweise , dachte Honor, aber nicht vor Überraschung. Dies war die erste offizielle Mitteilung, die er in dieser Angelegenheit erhielt, aber er kannte selbstverständlich die Entscheidung des Untersuchungsausschusses.
    »Sie bleiben in meinem Gewahrsam, Sir, bis ich Sie den zuständigen planetaren Behörden übergebe«, fuhr Karatchenko fort; »ich bin jedoch nicht Ihr Rechtsbeistand. Daher weise ich Sie ausdrücklich darauf hin, daß zwischen uns kein Anwalt-Mandantenverhältnis besteht und daß alles, was Sie mir sagen, als Beweismaterial aufgefaßt und vor dem Gericht von mir zu Gehör gebracht werden kann. Haben Sie das verstanden, Sir?«
    Young nickte, und Karatchenko räusperte sich erneut. »Bitte entschuldigen Sie, Sir, aber für das Protokoll benötige ich eine mündliche Bestätigung von Ihnen.«
    »Ich habe verstanden.« Youngs Tenorstimme klang rauh und belegt.
    »Wenn Sie mich dann bitte begleiten wollen, Sir.« Karatchenko trat beiseite und wies auf die Zugangsröhre, die zu seinem Kutter führte. Am anderen Ende wartete ein weiterer Marinecorpsoffizier. Young bedachte ihn kurz mit einem leeren Blick, dann trat er in die Röhre. Karatchenko blieb gerade lange genug zurück, um vor Honor zu salutieren, dann folgte er, und die Luke auf dem Galerieende der Röhre schloß sich hinter ihm. Kurz darauf wurde die versiegelte Röhre unter Maschinengesumm evakuiert, und ein rotes Vakuumwarnlicht leuchtete auf. Der Kutter legte ab, und durch den Armoplast der Galeriefenster beobachtete Honor, wie er unter dem Schub seiner Manöverdüsen aus dem Hangar der Nike fiel. Sie holte tief, sehr tief Luft und kehrte dem Fenster den Rücken. Der Hangaroffizier und seine Gasten nahmen Haltung an, und wortlos ging sie an ihnen vorbei und verließ die Galerie.
     
    Captain Paul Tankersley sah auf, als Honor in den Lift trat.
    »Nun ist er also fort, hm?«
    Sie nickte.
    »Na, Gott sei Dank!« schnaubte er und legte den Kopf schräg. »Wie hat er die offizielle Bekanntgabe denn aufgenommen?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Honor langsam. »Er hat kein Wort gesagt. Stand einfach nur da.« Sie erschauerte und hob gereizt die Schultern. »Ich sollte eigentlich einen Freudentanz aufführen, finde ich wenigstens, aber das erscheint mir alles so … so kalt – ich weiß nicht, wieso.«
    »Das ist mehr, als er verdient.« Tankersley zog ein saures Gesicht, das zu seinem Tonfall paßte. »Nun bekommt er immerhin einen fairen Prozeß, bevor man ihn exekutiert.«
    Der Lift setzte sich in Bewegung, und Honor erschauerte erneut, denn Pauls Worte ließen sie frösteln. Sie haßte Pavel Young beinahe so lange, wie sie sich zurückerinnern konnte, und Paul hatte sicherlich recht mit seiner Prognose über Youngs wahrscheinliches Schicksal. Young war weiß Gott schuldig im Sinne der Anklage, und die Kriegsartikel sahen für Feigheit vor dem Feind nur eine mögliche Strafe vor. Tankersley musterte Honors Gesicht, runzelte die Stirn und brachte den Lift mitten in der Fahrt zum Stillstand.
    »Was ist los?« fragte er sie sanft mit seiner tiefen, volltönenden Stimme. Sie schaute mit einem fragilen Lächeln zurück, das beinahe sofort wieder von ihrem Gesicht verschwand. »Verdammt noch mal«, fuhr Tankersley in schrofferem Ton fort, »auf der Akademie hat dieser Kerl versucht, dich zu vergewaltigen, im Basilisk-System wollte er dir die Karriere ruinieren, und er gab sein Bestes, damit du in der

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