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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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packte und sich aus der Schwerelosigkeit der Zugangsröhre in das interne Gravitationsfeld der Nike schwang. Bootsmannspfeifen erklangen, und Honor salutierte automatisch. Eve Chandler trat vor und reichte ihr die Hand zum Willkommen. Honor schüttelte sie, und die Augen des zierlichen Ersten Offiziers waren vor Mitgefühl und mehr als nur ein wenig Schrecken düster, als sie den Gesichtsausdruck ihrer Kommandantin begriff.
    »Captain«, sagte sie bedächtig. Ein simpler Gruß ohne jede Kondolenz, von der Chandler wußte, daß Honor sie nicht hören wollte.
    »Eve.« Honor nickte erst ihr zu, dann den Leuten der Seite. Sie winkte einen ihrer Waffenträger vor. »Commander Chandler, das ist Major Andrew LaFollet, Leiter meiner graysonitischen Leibwache.« Der kalte Abglanz eines Lächelns überzog ihren Mund. »Protector Benjamin hat ihn mir mitgegeben, um mich davon abzuhalten, irgend etwas Törichtes zu tun.« LaFollet preßte die Lippen zusammen und schüttelte Chandler ohne jeden Kommentar die Hand. »Bitte stellen Sie ihn, sobald es Ihnen paßt, Colonel Ramirez vor. Ich glaube, er und der Major werden feststellen, daß sie einiges gemeinsam haben.«
    »Selbstverständlich, Ma’am«, murmelte Chandler.
    »Danke.« Honor drehte sich zu MacGuiness. »Kümmern Sie sich bitte um mein Gepäck, Mac. Ich gehe direkt in meine Kajüte.«
    »Jawohl, Ma’am.« Chandler hatte den Steward noch nie so müde – oder besorgt vernommen, und innerlich verkrampfte sie sich beim Anblick des erschöpften Mannes mit den traurigen Augen.
    Honor ging von der Luftschleuse zum Lift, und hinter ihr räusperte sich LaFollet.
    »Waffenträger Candless«, sagte er ruhig, und James Candless nahm kurz Haltung an und folgte sodann Honor. Chandler warf dem Major einen Blick zu, der ihm die Antwort entlockte: »Bitte entschuldigen Sie, Commander, aber ich habe meine Befehle.«
    »Ich verstehe.« Chandler musterte ihn, dann wurde ihre Miene weicher. »Ich verstehe allerdings«, sagte sie leiser und mit anderer Betonung. »Wir alle machen uns Sorgen um sie. Wir werden uns etwas einfallen lassen, Major.«
    »Das hoffe ich, Commander«, murmelte LaFollet und sah zu dem Lift hinüber, der seine Gutsherrin davontransportierte. »Das hoffe ich bei Gott dem Prüfer.«
     
    Die Luke der Kabine fuhr zu und trennte Honor von Candless und dem üblichen Marineinfanterieposten. Sie verspürte ein gelindes Schuldgefühl, weil sie weder die beiden Männer einander vorgestellt oder dem Marine Candless’ Gegenwart erklärt hatte, aber von ihr war zu wenig übrig, um sich um solche Dinge zu kümmern.
    Sie stand mitten in der Kabine und sah sich um. Trotz ihres Panzers durchschnitt sie tränenloser Schmerz, als sie den Holokubus auf ihrem Schreibtisch erblickte. Paul lächelte sie daraus an, lachte, während der Wind seinen Pferdeschwanz aufwirbelte und er den Pilotenhelm in der Armbeuge hielt; hinter ihm schimmerte die Nase einer Javelin. Honor ging an den Schreibtisch. Mit zitternder Hand nahm sie den Holokubus an sich, starrte darauf und sehnte sich nach den Tränen, von denen sie wußte, daß sie ihr nicht kommen würden. Ihr Mund zitterte, ihre Finger verkrampften sich, aber noch immer verweigerte ihr Innerstes das Weinen. Sie konnte nichts anderes tun, als die Augen zusammenzukneifen, den Kubus an die Brust zu drücken und wie das steinerne Herz ihres Verlustes und Schmerzes zu wiegen.
    Sie hätte nicht sagen können, wie lange sie dort stand und Nimitz sich ihr seitlich an den Hals kuschelte, leise jammerte und mit einer zierlichen Echthand über ihre Wange streichelte. Sie wußte nur, daß sie sonst nichts tun konnte – und daß ihr der Mut abging, die Luke zum Schlafzimmer zu öffnen. Zu viel Schmerz wartete dahinter, zu viele trügerische Erinnerungen an vergangenes Entzücken. Dem konnte sie nicht entgegentreten – jedenfalls noch nicht. Daran würde sie zerbrechen, und das durfte sie nicht riskieren, bevor sie getan hatte, was sie tun mußte. Also stand sie am Rand des Schreibtischs, zu einer schwarz und golden uniformierten Statue erstarrt, bis hinter ihr die Türglocke leise kungelte.
    Mit bebenden Nasenflügeln atmete sie zischend ein. Dann stellte sie den Holokubus sanft wieder zurück auf den Schreibtisch, zeichnete mit der Fingerspitze Pauls lächelndes Gesicht nach, zärtlich wie mit einem Kuß, dann drückte sie die Comtaste.
    »Ja?« Das Beben in ihrer Stimme erstaunte sie, und sie zerquetschte es mit eisigem Griff.
    »Colonel Ramirez«,

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