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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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wieder aufrecht. Als Ramirez des plötzlichen, wilden Glitzerns ihrer Augen ansichtig wurde, mußte er unwillkürlich schlucken.
    »Ist er immer noch da, Colonel?« flüsterte sie, den halb wahnsinnigen Blick fest auf seine Augen gerichtet, und er schluckte noch einmal.
    »Das weiß ich nicht, Ma’am«, antwortete er vorsichtig, »aber – im Laufe unseres Gesprächs hat Summervale Informationen … preisgegeben.« Er griff in die Jackettasche und legte einen Recorderchip vor Honor auf den Schreibtisch, ohne dabei den Blick von ihren furchteinflößenden Augen abzuwenden.
    »Er sagte …« Ramirez verstummte und räusperte sich. »Ma’am, er gestand, engagiert worden zu sein. Er wurde bezahlt, um Captain Tankersley zu töten … und Sie!«
    »Bezahlt?« Honor starrte ihn an, und ein stilles Beben durchfuhr sie. Ihr kalter Panzer erschauerte und zeigte winzige Risse, als plötzlich Gluthitze in ihr aufloderte. Von Denver Summervale hatte sie nie gehört, bevor er Paul tötete. Sie hatte angenommen, daß er aus irgendeinem persönlichen Motiv gehandelt habe, aber nun …
    »Jawohl, Ma’am. Bezahlt, Sie beide zu töten«, wiederholte Ramirez betont. »Aber sein Auftrag lautete, Captain Tankersley als ersten zu töten.«
    Als ersten … Jemand hatte gewollt, daß Paul als erster starb, und die Weise, in der Ramirez diese Worte aussprach, hallten in ihr wider, Echo nach Echo, und schlugen auf ihren Eispanzer ein. Es war gar kein gleichgültig grausamer Akt eines unpersönlichen Universums gewesen, das sie für ihre Liebe bestraft hatte. Es war absichtlich geschehen. Jemand wollte sie töten, und bevor sie starb, sollte sie so furchtbar verletzt werden wie nur irgend möglich. Jemand hatte für Pauls legale Ermordung bezahlt und dies als Waffe gegen sie eingesetzt.
    Nimitz fuhr fauchend in ihrem Schoß auf. Er sträubte das Fell, stellte den Schwanz steil auf und schob die Krallen hervor. Honor spürte, wie ihr Panzer in Trümmer fiel und die furchtbare Hitze ihres Zorns ihre Distanz hinwegfegte. Und während die Wut in ihr hochkochte, wußte sie Bescheid. Sie wußte einfach, wer dahintersteckte, wer als einziger krank und sadistisch genug war, wer sie genügend haßte, um Paul töten zu lassen. Sie wußte es, aber sie sah Ramirez an und zwang ihn mit Blicken, ihr Wissen zu bestätigen. »Bezahlt hat ihn«, sagte der Colonel leise, »der Earl von North Hollow.«
     

23
    In seinem kleinen Büro an Bord des Schiffes kippelte Tomas Ramirez mit seinem Stuhl auf die Hinterbeine und musterte den Grünuniformierten auf der anderen Seite des Schreibtischs. Major Andrew LaFollet gab den Blick aus ebenso forschenden grauen Augen zurück. Zwischen den beiden Männern herrschte unterschwellige Spannung – keine Verärgerung, kein Mißtrauen, sondern die Wachsamkeit, die zwei Wachhunden bei ihrem ersten Aufeinandertreffen anzumerken ist.
    »Also, Major«, fragte Ramirez schließlich, »verstehe ich Sie richtig, daß Sie und Ihre Männer auf Dauer Lady Harrington zugeteilt sind? Aus dem, was Commander Chandler mir sagte, habe ich geschlossen, daß es sich um eine vorübergehende Verwendung auf Befehl von Protector Benjamin handelte.«
    »Ich bedaure, daß es zu diesem Mißverständnis gekommen ist, Sir.« Für einen Grayson war LaFollet hochgewachsen. Er besaß einen kräftigen, muskulösen Körperbau, aber er war fast einen Kopf kleiner als Ramirez und wirkte neben dem Colonel beinahe winzig. Außerdem war er zehn Jahre jünger als Ramirez, aber durch die Prolong-Behandlungen, die Ramirez erhalten hatte, sahen sie gleichaltrig aus. Dennoch war weder in LaFollets Gesicht noch in seiner Körperhaltung Unsicherheit zu entdecken. Er fuhr sich mit der Hand durch das dunkle, rötlichbraune Haar, während er die Stirn runzelte und sich offensichtlich überlegte, wie er sich diesem Fremden am besten verständlich machte.
    Er hob den Blick zu einem Punkt über Ramirez’ Kopf. »Im Augenblick, Colonel«, sagte er in seinem langsamen, leisen graysonitischen Akzent, »scheint die Gutsherrin nicht sehr klar zu denken.« Der Ausdruck seiner Augen, als er den Blick wieder senkte, warnte den Colonel, daß jeder es bedauern würde, der versuchte, ihm diese Aussage als Kritik auszulegen. »Ich vermute, sie glaubt, wir gehörten nur vorübergehend zu ihrem Inventar.«
    »Und damit hat sie unrecht?« fragte Ramirez nach einem Augenblick.
    »Jawohl, Sir. Nach graysonitischem Gesetz muß ein Gutsherr jederzeit von seiner – oder in diesem Fall ihrer

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