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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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seinem Gesicht brachte sie zum Schweigen, und während er einen nach dem anderen über die polierte Tischplatte hinweg anfunkelte, bezwang er noch seinen inneren Aufruhr.
    »Setzen Sie sich!« fuhr er sie an. Als sie zögerten, bleckte er wütend die Zähne. »Sofort!« bellte er. Das Wort ließ sie gehorchen, als hätte ein Donnerwetter sie in die Stühle gefegt.
    »Sie alle werden nun zuhören, was ich sage«, sprach er mit eisiger, übermäßig kontrollierter Stimme, »denn ich sage es nur einmal. Die nächste Person, die seine oder ihre Stimme erhebt, gleich aus welchem Grund, gleich aus welcher Partei, gleich von welchem Rang, sieht sich einer Anklage wegen ungebührlichen Verhaltens gegenüber! Haben Sie das verstanden? « Verstocktes Schweigen war die einzige Antwort, und White Haven atmete tief durch und zwang sich, sich selbst wieder zu setzen.
    »Dies ist ein Kriegsgericht. Ungeachtet unserer Ansichten und Meinungsverschiedenheiten werden wir uns verhalten wie Offiziere in der Navy Ihrer Majestät und nicht wie eine Horde halbstarker Hooligans. Wenn Sie sich nicht an die Grundregeln zivilisierten Verhaltens im Hin und Her einer üblichen Konversation halten können, werde ich Ihnen die förmlichen Parlamentsregeln auferlegen und Ihnen einzeln nacheinander das Wort erteilen.«
    Kuzak und Simengaard sahen beschämt und verlegen drein, Lemaitre eingeschüchtert und verdrießlich. Nur Jürgens erwiderte das wütende Starren des Earls, und auf seinem Gesicht regte sich nichts.
    »Mit allem schuldigen Respekt, Admiral White Haven«, ihm war die Mühe, seine Stimme ruhig zu halten, deutlich anzumerken, »aber für weitere Beratung besteht keine Notwendigkeit. Dieses Gericht kann zu keinem Urteil gelangen. Was auch immer gewisse Angehörige des Gerichts verlangen, sie bekommen die Stimme nicht, die sie zu einer Verurteilung brauchen. Meiner Meinung nach haben Sie als Vorsitzender des Gerichts nur eine Möglichkeit.«
    »Tatsächlich, Admiral Jürgens? Und worin bestände meine einzige Möglichkeit?« In White Havens Stimme lag absolute Ruhe.
    »Bekanntzugeben, daß wir uns nicht auf ein Urteil einigen konnten und empfehlen, alle Anklagen fallenzulassen.«
    » Fallen-zu-lassen? « Simengaard bezwang seinen ungläubigen Ausruf gerade so weit, daß er keinen Aufschrei darstellte, und Jürgens nickte knapp, ohne je den Blick von White Haven zu nehmen.
    »Fallenzulassen.« Er bemühte sich nicht einmal, seinen Triumph zu verbergen. »Sie selbst haben darauf hingewiesen, Admiral, daß die politische Lage kritisch ist. Die Entscheidung, Lord Young erneut vor Gericht zu stellen, würde die Lage nur verschärfen. Als Vorsitzendem des Gerichts steht es Ihnen frei, jede Empfehlung zu geben, die Sie wünschen, aber die Entscheidung wird auf höherer Ebene getroffen, und ich bezweifle sehr, daß der Herzog von Cromarty es der Admiralität danken wird, wenn sie die Angelegenheit weiter verfolgen will. Unter den gegebenen Umständen wäre das Beste, was Sie tun können, von einer Neuaufnahme des Verfahrens abzuraten. Diese Empfehlung von innerhalb der Streitkraft würde der Regierung einen Ausweg verschaffen, eine Möglichkeit, die Anklage fallenzulassen, ohne das Gesicht zu verlieren, und der Herzog – und die Opposition – hätten all das hinter sich und könnten sich mit der Kriegführung beschäftigen.«
    Vor Wut über die skrupellose Zufriedenheit in Jürgens’ Stimme verkrampfte White Haven die Kiefer so stark, daß es schmerzte. Endlich zog der Mann die Samthandschuhe aus. Er brauchte sich nicht mehr zu verstellen, denn er hatte von Anfang an auf diesen Ausgang hingearbeitet.
    »Einen Augenblick, Admiral White Haven.« Theodosia Kuzaks kalte Stimme bebte von der Anstrengung, mit der sie ihr Temperament zügelte, und mit Augen wie aus jadegrünem Eis starrte sie Jürgens an.
    »Admiral Jürgens, Sie haben das Beweismaterial gesehen. Sie wissen wie jeder andere in diesem Raum, daß Pavel Young in Panik geraten ist. Daß er geflohen ist. Daß er durch seinen Rückzug seine Kameraden – andere Menschen im Dienst der Königin – dem feindlichen Beschuß preisgegeben hat und daß Dutzende, vielleicht Hunderte von ihnen, dadurch den Tod fanden. Das wissen Sie. Vergessen Sie alle Feindschaft gegenüber oder von Lady Harrington. Vergessen Sie den Buchstaben des Gesetzes oder seine ›Sicht der Lage‹. Er hat seinen Eid gebrochen und seine Kameraden verraten, und die wiederum wissen das genau. Dieses Gericht hat nicht nur die

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