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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Pflicht festzustellen, ob er schuldig oder nicht schuldig ist. Feine Unterscheidung und cleveres juristisches Taktieren haben sicherlich ihren Platz in einem zivilen Gericht, dies aber ist ein Militärgericht. Wir haben darüber hinaus die Navy der Königin zu schützen. Die Einhaltung der Disziplin zu gewährleisten, die Moral und die Kampfkraft zu wahren. Sie wissen – das müssen Sie einfach wissen! –, welche Konsequenzen es haben wird, wenn die Flotte begreift, daß wir unverhohlene Feigheit vor dem Feind nicht mehr bestrafen. Wollen Sie wirklich sagen, daß Sie, wo Sie all das wissen, noch immer bereit sind, Abschaum wie Young durch scheinbar treffende juristische Spitzfindigkeiten und politischen Druck vor dem Erschießungskommando zu retten? Mein Gott, Mann! Begreifen Sie denn nicht, was Sie tun?«
    Jürgens sah von ihr weg und zog die Schultern hoch. Kuzak wandte sich an Lemaitre und Hemphill.
    »Begreift denn niemand von Ihnen?« Kuzak war nicht mehr wütend. Sie bettelte. »Alle drei sind Sie bereit, einfach da zu sitzen und zuzusehen, wie diese Schande für die Uniform davonkommt?«
    Commodore Lemaitre rutschte auf ihrem Stuhl und schloß sich Jürgens in der Weigerung an, Kuzak in die Augen zu sehen, doch Sonja Hemphill hob den Kopf. Sie blickte sich in der Runde um, dann schaute sie die Offizierskameradin beinahe trotzig an.
    »Nein, Admiral Kuzak«, sagte sie leise. »Dazu bin ich nicht bereit.«
    Jürgens sah ruckartig auf. Mit ungläubigen Gesichtern wandten er und Lemaitre sich Hemphill zu, und Jürgens holte Luft, um zu einer Rede anzusetzen – Aber Hemphill ignorierte beide und wandte sich White Haven zu, um ihn anzusehen. Ihre Mundwinkel zuckten, als sie in seinem Blick ebensoviel Ungläubigkeit wahrnahm wie bei Jürgens und Lemaitre.
    »Ich werde nicht zustimmen, Lord Young wegen der ihm zur Last gelegten Kapitalverbrechen zu verurteilen, Sir.« Sie sprach sehr leise, aber in der atemlosen Stille waren ihre Worte überdeutlich zu verstehen. »Ob er nun rechtens handelte, als er Lady Harringtons Befehl verweigerte, oder ob er von seiner Beurteilung der Lage gezwungen war, sie anzunehmen, ist für diese Entscheidung ohne Belang.«
    Sie schwieg, und White Haven nickte bedächtig. Diese einfache Erklärung konnte so aufgefaßt werden, daß sie die Unparteilichkeit, zu der ihr Eid sie verpflichtete, aufgegeben hatte, aber wenigstens besaß sie die Ehrlichkeit, die Wahrheit einzugestehen. Anders als Jürgens und Lemaitre.
    »Gleichzeitig kann ich nicht zulassen, daß ein Mann wie Lord Young seiner Strafe entkommt«, fuhr sie ebenso gleichmütig fort. »Ob sein Handeln nun juristisch zu rechtfertigen ist oder nicht, es bleibt unentschuldbar. Und aus diesen Gründen möchte ich … einen – Kompromiß vorschlagen.«
     
    Jemand klopfte an die Tür des Warteraums. Honor fuhr von ihrem Sessel auf und stellte erstaunt fest, daß sie tatsächlich eingenickt war, dann erst öffnete sie die Augen. Sie drehte den Kopf und sah einen Schreibersmaaten der Admiralität mit Kriegsgerichtsarmbinde und ausdrucksloser Miene in der Türöffnung stehen.
    »Das Gericht wird in zehn Minuten wieder zusammentreten, Ladys und Gentlemen«, verkündete er. Er zog sich zurück, und durch das plötzliche donnernde Pochen ihres Pulsschlags hörte Honor kaum, wie er an die nächste Tür klopfte.
     
    Diesmal waren weniger Zuschauer anwesend als zuvor, dafür saßen aber erheblich mehr Zeugen im Gerichtssaal, die nach ihrer Aussage von der formellen Trennungspflicht entbunden waren. Die Zuschauer strömten herein, um Plätze zu finden, und alles schien in Bewegung. Nicht einmal der Größenvorteil Honors reichte aus, um irgend etwas klar erkennen zu können, und sie hielt Pauls Hand in schmerzhaft festem Griff. Nimitz saß angespannt und bebend auf ihrer Schulter, und so bahnten sie sich den Weg durch den Mittelgang. Plötzlich hatte Honor fast Angst, die Richter anzusehen, die sich bereits auf ihren Plätzen am langen Tisch niedergelassen hatten.
    Sie und Paul fanden Sitze, setzten sich, und Honor holte tief, sehr tief Luft. Sie hob den Blick auf den Richtertisch – und keuchte auf, als wie ein scharfes Messer die Erleichterung sie durchfuhr.
    Admiral White Haven saß breitschultrig und schweigend an seinem Platz, der Degen Pavel Youngs lag vor ihm auf der Schreibunterlage, und der Griff zeigte auf ihn.
    Honor merkte, daß sie zu zittern begann, und hörte das plötzlich sich erhebende Gemurmel, als andere ebenfalls

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