Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
Verteidigung ihn benutzen darf. Ob und wie er in diesem Fall angelegt wird, darüber entscheiden wir. Aus dieser Perspektive – und nur aus dieser – sind das Verhalten von Lady Harrington und wie Lord Young es begriffen hat, von Bedeutung. Dieses Gericht wird sich darauf beschränken, sie allein unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten.«
    »Ist das ein Befehl, Sir?« stieß Jürgens zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Es handelt sich um die Direktive des Vorsitzenden dieses Gerichts«, gab White Haven kalt zur Antwort. »Wenn Sie mir nicht zustimmen, steht Ihnen selbstverständlich das Recht zu, Ihren Einspruch schriftlich niederzulegen und daran Anstoß zu nehmen. Sie haben sogar das Recht«, nun zeigte er in einem humorlosen Grinsen selber die Zähne, »sich, sollten Sie es wünschen, vom Gericht zurückzuziehen.«
    Jürgens starrte den Earl zornig an, sprach aber kein Wort mehr. White Haven wartete einen Augenblick, dann lehnte er sich wieder bequem zurück.
    »Sollen wir nun zum eigentlichen Diskussionsgegenstand zurückkommen?« schlug er vor, und Kuzak nickte knapp.
    »Die wesentlichen Punkte sind meiner Meinung nach«, sagte sie, »erstens, daß das Flaggschiff die Befehlsgewalt nicht weitergegeben hatte, und soweit Young wissen konnte, war Dame Honor deshalb legal ermächtigt, ihm die Befehle zu erteilen. Zwotens, daß er eigenmächtig, ohne Befehl von irgendwem unter kritischen Umständen die Unterstützung der Kampfgruppe durch sein Geschwader beendete. Und drittens, daß er den Befehl des Kampfgruppenflaggschiffs mißachtete, in die Formation zurückzukehren, obwohl alle Schiffe unter seinem Kommando ihn befolgten. Er geriet in Panik – er floh; und er floh weiter, als alle anderen Schiffe seines Geschwaders zur Kampfgruppe zurückkehrten.«
    »Sie sagen also, die Anklagepunkte sind bis aufs I-Tüpfelchen zutreffend?« Jürgens’ Ton war wesentlich sarkastischer, als ein Konteradmiral es sich normalerweise einem Volladmiral gegenüber erlauben konnte, und Kuzak musterte ihn mit einem Blick, der normalerweise besonders widerlichen Vertretern des Insektenreiches vorbehalten blieb.
    »Ja, ich glaube, im Grunde habe ich genau das gesagt, Konteradmiral Jürgens«, antwortete sie kalt. »Wenn Sie hingegen eine einfachere Formulierung bevorzugen, dann bitte: Ich halte das Verhalten von Captain Lord Young für ebenso verachtenswert wie feige, und wenn je ein Offizier im Angesicht des Feindes desertiert ist, dann Pavel Young. Ist das nun klar genug für Sie, Herr Konteradmiral ?«
    Jürgens lief puterrot an und erhob sich halb von seinem Stuhl. White Haven räusperte sich.
    »Ich werde hier keine persönlichen Wortwechsel dulden, Ladys und Gentlemen. Wir sind ein Kriegsgericht, kein Brüllwettstreit. Formalitäten dürfen so weit zurückgestellt werden, um zwanglose Diskussion und Entscheidungen unabhängig vom Rang zu erlauben, aber die Grundzüge militärischer Umgangsformen werden eingehalten. Bitte zwingen Sie mich nicht, diese Warnung zu wiederholen.«
    Jürgens ließ sich langsam zurücksinken, und die Stille, die darauf folgte, war sowohl zerbrechlich als düster. White Haven ließ sie noch eine kurze Weile bestehen, dann sprach er weiter. »Möchte jemand von Ihnen dem Gericht noch weitere Gesichtspunkte zu Bewußtsein bringen?« Niemand antwortete, und White Haven zuckte leicht die Schultern. »In diesem Fall, Ladys und Gentlemen, schlage ich vor, daß wir über die Anklagepunkte abstimmen. Bitte kreuzen Sie auf den Formularen vor Ihnen an, wie Sie urteilen.«
    Stifte kratzten über Papier, und raschelnd wurden die Bögen gefaltet und zum Kopf des Tisches weitergereicht. White Haven schichtete sie zu einem niedrigen Stoß auf und öffnete sie einen nach dem anderen. Als er fand, was er erwartet hatte, sank ihm das Herz.
    »Das Ergebnis der Abstimmung lautet wie folgt: Schuldig in allen Punkten – drei Stimmen; unschuldig in allen Punkten – drei Stimmen.« Mit dünnem Lächeln sah er auf. »Kommt mir ganz so vor, als würden wir hier noch eine Weile verbringen, Ladys und Gentlemen.«
     

9
    Im Warteraum lehnte Honor Harrington sich in den Sessel zurück. Sie hatte die Augen geschlossen und gab vor zu schlafen. Daß sie irgend jemanden täuschte, bezweifelte sie sehr … und sie wußte genau, daß sie Paul Tankersley nicht täuschen konnte . Nimitz lag als warmes, weiches Gewicht auf ihrem Schoß, und der empathische Sinn des Baumkaters übermittelte ihr die Emotionen Pauls, der neben

Weitere Kostenlose Bücher