Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
wahrscheinlich auch sterben würde.
»Da haben Sie wohl recht«, gab Ffellowes zurück. Die Bibliothek verfügte über eine Klimaanlage, doch alle, die wir kürzlich von der Straße hereingekommen waren, schwitzten – bis auf eine Ausnahme. Unserem englischen Mitglied war ganz und gar nicht warm, obwohl es später als die meisten anderen von uns gekommen war.
»Hitze«, sagte Ffellowes, während er an seinem Scotch nippte, »ist schließlich nur relativ, besonders in meinem Fall. Stets relativ, sollte ich sagen.«
»Doch viele Ihrer Geschichten – sogar die meisten, Sir, wenn Sie mir verzeihen wollen – spielen… nun, in den Tropen«, fuhr das jüngere Mitglied fort.
Ffellowes betrachtete es kalt. »Ich war mir nicht bewußt, junger Mann, daß ich irgendwelche Geschichten erzählt habe.«
In diesem Augenblick explodierte Mason Williams, der reizbare Ortsansässige, der den Brigadier nicht in Ruhe lassen konnte: »Keine Geschichten erzählt! Hah-hah, hah-hah!«
Zu meinem Erstaunen und, wie ich hinzufügen darf, zur Glaubwürdigkeit des neuen Wahlkomitees wurde diese Unhöflichkeit augenblicklich unterdrückt, und zwar von dem gleichen jungen Burschen, der die ganze Sache angefangen hatte.
Er drehte sich zu Williams um und sah ihm in die Augen. »Ich glaube nicht«, sagte er, »daß wir beide uns unterhalten haben, Sir. Ich wartete auf die Antwort von Brigadier Ffellowes.« Williams klappte den Mund zu wie eine Muschel. Es war wundervoll.
Ffellowes lächelte still. Es war allgemein bekannt, was er von Williams hielt, wenngleich er sich auch nicht dazu äußerte. Ein Mann, der in fast allen Truppeneinheiten Seiner Majestät gedient hatte, die Geheimdienstabteilungen anscheinend eingeschlossen, läßt sich von einem Burschen wie Williams kaum aus der Reserve locken. Doch dessen Niederlage schien ihm zu gefallen.
»Ja«, gestand er ein, »ich mag die Tropen. Kehre immer dorthin zurück, wenn ich die Möglichkeit dazu habe. Aber – und ich betone dies – diese Vorliebe wurde mir schon in die Wiege gelegt. Ich habe sie, könnte man sagen, mit meinen Genen erworben. Verstehen Sie, mein Vater, und nach allem, was ich weiß, auch seiner, hatte sie auch schon.«
Wieder reckte das junge Mitglied den Hals. Jene unter uns, die beteten, daß wir eine Geschichte hören würden, beteten einfach weiter. Ffellowes war zwar nicht ungefällig oder kleinlich, aber er haßte Fragen. Doch der Junge bohrte weiter.
»Mein Gott, Sir«, fuhr er fort, »Sie meinen, Ihr Vater hatte auch seltsame Erlebnisse wie Sie?«
Ich weiß bis heute nicht, warum sich der Brigadier, normalerweise eine überaus empfindsame Seele, an diesem Abend so ungewöhnlich verhielt. Doch weder verstummte noch ging er. Vielleicht, nur vielleicht, hatte er von Williams die Nase derart voll, daß er den jungen Burschen nicht enttäuschen wollte. Auf jeden Fall beugten sich die von uns vor, die ihn kannten. So natürlich auch Mason Williams. Er haßte Ffellowes, doch nicht so sehr, um eine seiner Geschichten zu versäumen, was wohl ein Anzeichen dafür ist, daß er doch noch ein Rest Verstand hat.
»Wenn Sie diesen besonderen Bericht hören wollen, Gentlemen«, begann Ffellowes, »müssen Sie ihn wohl oder übel aus zweiter Hand entgegennehmen. Ich war nicht selbst dabei, und alles, was ich weiß, habe ich von meinem Vater gehört. Indes – er war dabei, und ich darf sagen, daß ich jede Anschuldigung, er habe mir etwas anderes erzählt als die reine Wahrheit« – dabei ließ er seinen Blick kurz über Williams gleiten – »aufs schärfste zurückweisen werde.« Es herrschte Stille. Völlige Stille. Williams hatte zu viele Scharmützel verloren.
»Die ganze Sache fing an der Westküste Sumatras an«, fuhr Ffellowes fort. »Mein Vater hatte ein Weilchen unter dem alten Brooke von Sarawat gedient, dem zweiten der sogenannten Weißen Radschas, C. V. um genau zu sein. Auf jeden Fall hatte Dad Urlaub, Freigang, oder wie immer man will. Die Brookes, zu denen er, wie es heißt, von der Indischen Armee abgestellt worden war, waren denen gegenüber, die ihnen dienten, sehr großzügig. Und mein Vater wollte ein paar neue Bezirke sehen und etwas herumkommen. Bedenken Sie bitte, das war im Herbst 1881, als alles noch anders war.
Da war er also, und fuhr in einem von Brookes privaten Handels prahus unter dem Befehl des alten Dato Burung und mit einer auserlesenen Mannschaft und so weiter die Küste Sumatras entlang, als der Sturm zuschlug.
Es war eine schlimme
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