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Mit sich selbst befreundet sein

Mit sich selbst befreundet sein

Titel: Mit sich selbst befreundet sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schmid
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gar nicht«, daher macht es auch nichts, praktische Konsequenz, wenn einer vielleicht aufgrund eines kleinen ärztlichen Versehens zu existieren aufhört. Über das Leben, über dessen Sinn und Sinnlosigkeit nachzudenken, das gilt hier jedenfalls als »Philosophieren«. Das sinnvolle Leben,das menschenwürdige Leben, das Leben in Freiheit voll von lebendiger Spannung wird als das »schöne Leben« bezeichnet, als dessen Gegenbild das sinnlose, graue, langweilige Leben erscheint. Das Leben der drei Schwestern aber krankt daran, dass es sich vom sinnvollen, »wirklichen, herrlichen Leben« weiter und weiter entfernt – und dabei bräuchte es vielleicht »nur wenig, um zu wissen, warum wir leben, warum wir leiden… Wenn man nur wüsste, wenn man nur wüsste!«
    Die Frage nach Sinn auf neutrale, objektive Weise beantworten zu wollen, würde die Gottesposition eines absoluten, universellen Überblicks voraussetzen. Da ein solcher Blick Menschen nicht gegeben ist, wird die Frage, ob es Sinn »gibt« oder »nicht gibt«, wohl ohne Antwort bleiben. Für die Lebenskunst kommt es aber weniger auf diese als vielmehr auf die anders gestellte Frage an, was denn unter »Sinn«, wo noch fraglos von ihm die Rede sein kann, verstanden wird, primär formal , sodann material , und wie er, falls er unverzichtbar sein sollte, wieder herzustellen wäre. Davon, dass etwas »Sinn macht«, ist immer dann die Rede, wenn Zusammenhänge erkennbar sind, wenn also einzelne Dinge, Menschen, Begebenheiten, Erfahrungen nicht isoliert für sich stehen, sondern aufeinander bezogen sind. So lässt sich sagen: Sinn, das ist Zusammenhang , Sinnlosigkeit demzufolge Zusammenhanglosigkeit. Das gilt in verschiedenster Hinsicht: Jede Beziehung, die Menschen zueinander pflegen und die einen starken Zusammenhang zwischen ihnen stiftet, erfüllt sie offenkundig mit »Sinn«. Als »sinnlos« kann empfunden werden, wenn Menschen ihr Tun nicht aufeinander abstimmen und somit zusammenhanglos agieren. Als »unsinnige« Idee erscheint eine, die keine oder falsche Zusammenhänge herstellt. Zusammenhänge, die fehlen, führen zwangsläufig dazu, in einer Sache »keinen Sinn zu sehen«. Ob dies einer Realität entspricht oder nur Einbildung ist, lässt sich, soweit zu sehen ist, nur subjektiv nach dem Maßstab der Plausibilität, nicht aber objektiv entscheiden. »Kein Sinn« heißt nicht, dass da kein Sinn »ist« – es scheint vielleicht nur so.Etwas anderes als Sinnlosigkeit (die vermutete Unmöglichkeit von Sinn) ist zudem der Unsinn (die Negation von Sinn), und auch der Wahnsinn (die Explosion von Sinn).
    Menschen sind existenziell mit der Frage nach Sinn konfrontiert, wenn das Geflecht der Zusammenhänge, die Wirklichkeit konstituieren, zerreißt; wenn sie abgründige Erfahrungen machen, Erfahrungen der Fragwürdigkeit, der schieren Unfassbarkeit und Unvorstellbarkeit, subjektivierend bezogen auf eigene, körperliche, seelische, geistige Abgründe, objektivierend bezogen auf allgemeine, zwischenmenschliche, gesellschaftliche, weltgesellschaftliche Abgründe. Gemeint ist zunächst die Sinnlosigkeit dessen, was geschieht oder geschehen ist, insbesondere beim Zerbrechen einer Beziehung, erst recht beim »Verlust« eines Menschen, der ein wesentlicher Teil des Sinns des eigenen Lebens war; sodann die Sinnlosigkeit des gesamten eigenen Lebens, darüber hinaus des menschlichen Lebens überhaupt; ja mehr noch: die Sinnlosigkeit der Welt. Sinnvoll erscheint, schon um die subjektive Situation von innen heraus besser zu verstehen, sich bei der Begegnung mit dieser Erfahrung auf den abgründigen Grund einzulassen, dass das Leben, das Leben des Menschen, die Welt überhaupt, ohne Sinn sein könnten. Um auf dieser Grundlage vielleicht eine Neugründung von Sinn zu versuchen.
    Nicht dass Sinnlosigkeit um jeden Preis überwunden werden müsste. Ein Problem ist lediglich, dass mit ihr schwerlich, wenn nicht unmöglich zu leben ist, denn der Lebenszusammenhang, der Zusammenhang eines Selbst, einer Institution, einer Gesellschaft wird porös und löst sich auf. Menschen können mit vielem leben, aber nicht mit dem Nichts, das bei der Auflösung von Zusammenhängen zurückbleibt. Ein Leben, in dem die Erfahrung der Sinnlosigkeit überhand nimmt, da es keine Zusammenhänge mehr kennt, könnte zum Scheitern verurteilt sein. Verwunderlich ist daher, dass die Frage nach Sinn zwar viele Menschen insgeheim umtreibt, aber nicht sehr viele ihr nachgehen.Ist es pathologisch, die Frage nach

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