Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit sich selbst befreundet sein

Mit sich selbst befreundet sein

Titel: Mit sich selbst befreundet sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schmid
Vom Netzwerk:
selbst, einem anderen, einer Sache, einem Gedanken, wird zur Aufmerksamkeit, die sich wählerisch dosieren lässt; der Maßstab dafür ergibt sich aus den Eckpunkten des Kern-Selbst. Die Details der Zeitkontenführung lassen sich dann einem Zeitmanagement-Buch entnehmen. Sofern dafür noch Zeit ist.
    Zur Aufgabe der Regierung seiner selbst im Rahmen des Wohnens in Raum und Zeit wird schließlich die Bewältigung der Alltäglichkeit . Souverän ist, wer mit dem Alltag zurechtkommt. Alltag ist der Ausnahmezustand, der zur Regel geworden ist. Die Souveränität besteht darin, die Regel beibehalten oder abändern zu können, in jedem Fall jedoch den Alltag ernst zu nehmen, um mit ihm zurechtzukommen und nicht in ihm unterzugehen, sofern nicht gerade dies die gewünschte und gewählte Existenzform ist. Anstelle eines Irgendwie erfordert dies die Festlegung der bestimmten Art und Weise , des individuellen Stils, das Gewöhnliche und Immergleiche zu handhaben, das oft mit Abschätzigkeit und Missachtung bedacht wird – womit aber noch nichts davon bewältigt ist. Hilfreich ist die Erforschung der Bewältigung des Alltags durch die »Soziologie alltäglicher Lebensführung« (Margit Weihrich, G. Günter Voß), aufmerksam auf die Regelmäßigkeit des Gewohnten, die stets wiederkehrenden Auseinandersetzungen,die immer gleichen Besorgungen als alltäglicher Erscheinungsform der Sorge, die kreative Bewältigung unvorhergesehener Situationen. In der bedrohlichen Unübersichtlichkeit der Welt ist der Alltag die schützende Höhle, überwölbt von der Vertrautheit des Gewohnten, gelegentlich durchbrochen vom Ungewohnten, das gesucht wird oder ungefragt hereinbricht, unweigerlich aber durch Wiederholung und Regelmäßigkeit erneut zum Alltag wird. Schicksal des Alltags: Ihn zu stören, wird gerne vermieden, aus Angst, das Leben abseits der gewohnten Bahnen nicht leben zu können; zugleich wird die Eintönigkeit des Gewohnten als störend empfunden, sie gilt als ursächlich dafür, das Leben nicht mehr zu spüren. Denn was groß ist, macht der Alltag klein. Was von Bedeutung ist, lässt er in Bedeutungslosigkeit verschwinden. Die Schwerkraft des Alltags zieht alles zu sich herab, dagegen ist kaum anzukommen. Ratsamer als die Illusion einer völligen Befreiung davon erscheint, das alltägliche Leben erträglich einzurichten und gelegentliche Ausbrüche und Abwechslungen dennoch nicht zu scheuen. So lernt das Selbst Abweichungen in sich zu integrieren und den Sinn des Alltäglichen in dessen Entbehrung für sich zu erschließen.
    Zentral für die Bewältigung der Alltäglichkeit ist die Haushaltsführung . Selbstmanagement heißt, all das zu organisieren, was fürs Leben erforderlich ist, es nicht bei einem Irgendwas zu belassen, sondern festzulegen, was zu tun ist , welche Dinge zu beschaffen und zu erledigen sind. Offensiv ist die Haltung, den alltäglichen Dingen Bedeutung zu geben, eine Beziehung zu ihnen einzugehen und sie sich zu Eigen zu machen. Defensiv ist die Haltung, sie zu entwerten und zu missachten – was letztlich aber nur den Aufwand an Selbstüberwindung steigert, sich dennoch mit ihnen befassen zu müssen. Auf die Befassung zu verzichten, ist eine Option, die das Selbst entlastet, nicht aber andere. Haushaltsführung im weiteren Sinne ist die Produktion , die Herstellung und Beschaffung der materiellen Ressourcen für die alltägliche Lebensführung, für die Gestaltung der Rahmenbedingungen undMöglichkeiten des alltäglichen Lebens, vorweg für die Einrichtung des Raumes und die Einteilung der Zeit. In Anspruch genommen wird der Begriff des Haushalts jedoch vor allem von der Haushaltsführung im engeren Sinne, der Arbeit der Reproduktion , durchzogen und getragen von einem Set an Praktiken und automatisierten Gesten zur Besorgung von Nahrung und Kleidung, zur Pflege der Dinge und der Beziehungen, zur gesamten Sorge um die körperlichen, seelischen und geistigen Ressourcen, die unverzichtbar zur Regeneration der Kräfte sind, durch die die Arbeit der Produktion erst ermöglicht wird. »Den Haushalt zu machen« ist der alltägliche Kampf gegen das Chaos der tausend Dinge, gegen deren Eigendynamik kaum anzukommen ist. Der Haushalt ist kein Reich der Autonomie , sondern eines der Heteronomie , dominiert von der zufälligen Konstellation der Dinge, von denen das Selbst bedrängt wird und in deren Durcheinander es nur mit Mühe Inseln der Muße und der selbstbestimmten Tätigkeit freizuschaufeln versteht. Aber es ist

Weitere Kostenlose Bücher